Amnion 4: Chaos und Ordnung
sein ersticktes Geheul ihm das Gehör erfüllte.
Wir haben ein Verbrechen an Ihrer Seele begangen, hatte Warden Dios zu ihm gesagt. Und er hatte gesagt: Damit muß Schluß sein.
Angus forschte nach dem Ende seiner Verzweiflung, dem Boden des Abgrunds, aber fand nichts.
Sechs Stunden. Zwölf. Achtzehn. Die Strapazen hätten für jeden Menschen, sogar für einen unifizierten Cyborg, zuviel sein müssen. Und sie hätten selbst Angus überfordert, wäre er nicht dazu fähig gewesen, sein gesamtes Wissen, all seine Geschicklichkeit und seine ganze Schläue aufzuwenden, um einen Kurs durch das Doppelsonnensystem zu fliegen, der es der Posaune soweit wie möglich ersparte, Schubkraft einzusetzen. Gewöhnliche Sterbliche benötigten Schlaf; sogar im Kinderbettchen gemarterte Kleinkinder schliefen, wenn sie ihr Los nicht mehr zu ertragen vermochten. Nick schlief, wenn er danach das Bedürfnis verspürte. Angus hingegen hielten die Z-Implantate wach und in andauernder Leistungsbereitschaft; trotz der Tatsache, daß seine kleinen Gliedmaßen an die Latten gefesselt waren, so daß seine Mutter ihm Schmerzen zufügen konnte, mußte er den Anforderungen der Verzweiflung gehorchen.
Wurden Dios an Isaak…
Doch fern im verworrenen Hintergrund seines Gemüts tröstete sie ihn nach jeder Penetration, als ob sie ihn liebte.
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Endlich ortete er am Rand der Scanningreichweite das Flugziel, den Asteroidenschwarm, in dem nach Mikkas Auskünften ein verrückter Forscher mit Namen Deaner Beckmann versteckt seine Institution etabliert hatte. Dank eines bitteren Zufalls war seine Erstfinanzierung durch Holt Fasner erfolgt – denselben Mann, der die Weltraumpolizei am Gängelband hatte.
Angus’ Datenspeicher und die Instrumente der Posaune bestätigten die Angabe, daß diesem Asteroidenschwarm das Schicksal bestimmt war, letzten Endes im Kleinen Massif 5 zu verglühen. Einen Hinweis darauf, daß die VMKP von der Existenz des Schwarzlabors wußte, lieferte sein Data-Nukleus allerdings nicht. Es gab keine Hoffnung, die Ortungsgeräte der Posaune könnten tief genug in den Schwarm hineintasten, um die Emissionen des Labors zu messen. Die Entfernung war nur ein Teil des Problems; zudem erzeugten die vielen tausend Gigatonnen an Felstrümmern viel zuviel Interferenzen aller Art. Und überdies verzerrte eine kaum einen Parsec vom Orbit des Asteroidenschwarms sich befindende, strahlungsintensive Singularität alles, was der Interspatium-Scout wahrnehmen konnte.
Mikka hatte angegeben, das Labor befände sich in der Mitte des Schwarms auf einem so großen Asteroiden, daß er ein Mond sein könnte.
Hinter den ganzen Felstrümmern, die als Versteck dienen, hatte sie dargelegt, ist es nahezu unangreifbar. Man muß es langsam anfliegen, und auf diversen Asteroiden sind Materiekanonen eingebunkert. Nick tippte Befehle in seine Tastatur. Ohne Interesse nahm Angus zur Kenntnis, daß seine Konsole die Steuerungsfunktion verlor.
»Von hier aus fliege ich den Kahn selber«, erklärte Nick. »Ich weiß, wo das Labor ist. Und wie ich uns den Zutritt erschwatzen kann. Du würdest bloß dafür sorgen, daß wir atomisiert werden.«
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Und Angus hatte ihm alles gezeigt; jedes Wort, den gesamten Code. Doch Nick hatte die Maschinensprache unbeachtet gelassen und sich auf den Klartext konzentriert.
»Du behältst Zielerfassung und -Verfolgung, Ortung, Dispersionsfelder, sämtliche Abwehranlagen, Datensysteme und Schadensbekämpfung«, fügte Nick hinzu. An Angus’ Konsole wurden die genannten Funktionen aktiviert. »Wahrscheinlich hast du schnellere Reflexe als ich. Falls Unannehmlichkeiten entstehen, verlasse ich mich gefechtsmäßig auf dich. Den Rest schaffe ich allein.«
Mikka hatte erzählt, in dem Schwarzlabor würden vielerlei medizinische Forschungen durchgeführt. Das Labor hat jede Menge ER-Chirurgie erfunden. Trotzdem ist es kein überwiegend medizinisch orientiertes Laboratorium. Das ist nur ’ne Erwerbsqelle, um die eigentliche Forschung zu finanzieren. Deaner Beckmanns wahres Ziel: Gravitische Gewebemutation. Er will genetische Adaptionen entwickeln, die es dem menschlichen Organismus erlauben, die Belastungen im Umkreis von Singularitäten zu überstehen… Weil er glaubt, daß in ihrem Innern die Zukunft der Menschheit liegt… Aber solange sie den Druck nicht aushallen, können Menschen nicht hinein. Also möchte er ein paar Abänderungen vornehmen.
Genau wie die
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