Amnion 4: Chaos und Ordnung
zur VMKP, so doch aus altem Familiengroll gegen die Liquidator – in den Weg gestellt. Angenommen also, die zwei hatten beschlossen, sich ihrer zu entledigen und gleichzeitig das Ausmaß des angestrebten Reichtums ins Immense zu steigern, indem sie erst eine eigene Produktion des VMKP-Immunitätsserums aufnahmen und es dann unter Bedingungen, die die Bevölkerung des Human-Kosmos in Furcht und Schrecken stürzen mußte, zu Wucherpreisen verkauften.
Nick Succorso mußte dieser Hypothese zufolge mit Morn Hyland nach Station Potential geflogen sein, damit die Amnion irgend etwas mit ihr anstellen konnten. Vielleicht hatten die Aliens sie in eine Art von genetischem Kaze verwandelt, dessen Ziel das VMKP-HQ sein sollte. Und von da an mochte ohne weiteres alles, was Nick Succorso, Sorus Chatelaine und die Amnion getan hatten, Teil einer ausgeklügelten Scharade gewesen sein.
In seiner Phantasie rekonstruierte Hashi die hypothetische Scharade, obwohl er dabei wirklich und wahrhaftig das Flattern bekam.
Die Amnion hatten die Käptens Liebchen nach Kassafort verfolgt, um vorzutäuschen, sie wollten Nick Succorso und Morn Hyland am Entkommen hindern. Um diesen Eindruck zu verstärken, hatte Succorso sie in einer Kosmokapsel zum Kassierer transferiert. Von Josua und Milos Taverner hatte Succorso erfahren, zu welchem Zweck der VMKP-Cyborg sich auf Thanatos Minor befand. Anschließend hatten er und seine Komplizin, Kapitänin Chatelaine, das Gerücht über ihr Antimutagen ausgestreut. Um die Wirksamkeit des Serums zu beweisen und vorzuspiegeln, er müßte ums eigene Leben feilschen, hatte er den Amnion Morn Hyland zurückgegeben. Aufgrund einer Absprache mit ihnen hatte er sie dann aus ihrer Sektion ›befreit‹. Zum Schluß hatte er sich mit irgendwelchen Tricks, vielleicht dank Milos Taverners Hilfe, Zutritt an Bord der Posaune erschlichen.
Hashi spürte den Pulsschlag im Kopf hämmern, in den Augen wummern. Seine Gedanken rasten durch einen wahnwitzigen Wirbel aus Phosphenen und panikartiger Beunruhigung. Seine Hypothese war in sich selbst folgerichtig. Sie korrespondierte mit den vorhandenen Daten. Sie konnte wahr sein.
Falls es Nick Succorso gelungen war, Morn Hyland an Bord des Interspatium-Scouts zu bringen, blieb sie am Leben, um der VMKP mutagenes Unheil zu bescheren. Und das Wissen, daß Sorus Chatelaine ein Immunitätsserum gegen Amnion-Mutagene als Handelsware hatte, würde sich ausbreiten. Vermutlich breitete es sich schon aus. Genetische Kaze bedeuteten den absoluten Alptraum, das furchtbarste Grauen, das sich die Körperlichkeit menschlicher DNS auszumalen vermochte. In ihrer Panik böte die Menschheit Kapitänin Chatelaine, um sich zu schützen, sämtliche möglichen Arten von Reichtümern, und in jeder erdenklichen Größenordnung.
Sie haben so etwas wie sie verdient.
Nick Succorso hatte Hashi den Funkspruch zum puren Hohn gesandt, in dem überheblichen Glauben, kein Polizist wäre die finstere Wahrheit zu erraten fähig. Natürlich mußte der Plan fehlschlagen, sollte die VMKP sich zu einem allgemeinen Vertrieb des Serums durchringen. Dazu jedoch war die VMKP wohl kaum imstande, wenn ein genetischer Kaze sie heimsuchte; sobald autoreplikatorische Alien-Nukleotide ihr alle Aktivitäten unterbanden.
Hashi schlotterte in einem Schüttelfrost der Spekulationen, während er in seiner Hypothese Fehler zu finden versuchte. Mir ist es gleich, was aus Ihnen wird.
Konnte es tatsächlich so sein? So lautete die allesentscheidende Frage. Daneben waren alle sonstigen Erwägungen unerheblich. Konnte Josua überlistet oder manipuliert werden, so daß er Morn Hylands Leben schonte?
Einerseits hatte er keinen Befehl zur Rettung ihres Lebens erhalten. Ganz im Gegenteil. Andererseits zählte sie zum VMKP-Personal. Darum durfte er selbst sie nicht töten: seine Programmierung verbot ihm Gewaltakte gegen sämtliche VMKP-Mitarbeiter. Aber was, wenn ihre Begleitung ihm irgendwie aufgezwungen worden war – zum Beispiel, indem man ihr Überleben zur Voraussetzung für die erfolgreiche Ausführung seines Auftrags gemacht hatte? Was dann?
Unter diesen Umständen, sah Hashi ein – ihm war zumute wie im Fieber –, schloß Josuas Data-Nukleus eine Rettung Morn Hylands keineswegs aus.
Und die Informationen, die sie kannte, waren ebenso destruktiv wie jedes Mutagen. Ganz abgesehen von sonstigen verheerenden Konsequenzen, konnten sie das Verhängnis Warden Dios’ und all seiner Führungskader bedeuten, sie möglicherweise das
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