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Amnion 4: Chaos und Ordnung

Amnion 4: Chaos und Ordnung

Titel: Amnion 4: Chaos und Ordnung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Donaldson
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vorzubereiten.« Er legte eine kaum wahrnehmbare Pause ein. »Falls Sie die Güte hätten.«
    Zeichnete sich auf Hannishs Gesicht ein Stirnrunzeln ab? Sicher war Lebwohl nicht. Ihm fehlte Warden Dios’ künstlich optimalisierte Sicht; er vermochte die Spannung im Muskelspiel unter Koinas Haut nicht zu deuten. Trotzdem ließ die Anspannung hinter ihrer nächsten Frage sich keinesfalls überhören. »Weiß der Polizeipräsident von Ihrem Ausflug?«
    Was sich dahinter verbarg, war unmißverständlich. Billigt er Ihr Vorgehen? wünschte sie zu erfahren. Hat er Sie geschickt?
    »Leider nicht«, gab Hashi Lebwohl zu, blieb unvermindert gleichmütig. »Seit einiger Zeit hat er zuviel zu tun, um mit mir zu sprechen. Das heißt« – augenblicklich schränkte er seine Einlassung ein –, »ich vermute, daß er zu beschäftigt war. Man kann unzweifelhaft erkennen, daß die ihm unterstehenden Abteilungen ihre Pflichten in der gewohnten Weise erfüllen. Aber folgert daraus zwangsläufig, daß Warden Dios viel zu tun hat? Vielleicht nicht. Ich kann nur sagen, daß er es in letzter Zeit unterlassen hat, mit mir zu reden.«
    Damit erzählte er nicht alles, aber hielt sich an faktische Tatsachen. Hashi dachte gar nicht daran, der RÖA-Direktorin in dieser Hinsicht einen Vorwand zu Klagen zu geben.
    »Aber Sie fliegen trotzdem?« fragte sie.
    »Meine liebe Koina« – wäre seine Fähigkeit zum Lächeln einem Regler angeschlossen gewesen, hätte er ihn jetzt höher eingestellt –, »in meine heutige, hohe Position bin ich nicht gelangt, weil ich gezögert hätte, die Initiative zu ergreifen oder mir Verantwortung aufzubürden.«
    Hannish nickte bedeutungsvoll. Zweifelsfrei war auch sie sich dessen bewußt, in welche Unnahbarkeit Warden Dios sich seit kurzem hüllte. Seit seinem kürzlichen Besuch bei Holt Fasners Firmensitz war er im wahrsten Sinne des Wortes unerreichbar geworden, verkehrte mit DA, RÖA, ja sogar der OA fast ausschließlich mittels Untergebener. Hashi Lebwohl hatte den absonderlichen Eindruck, daß Dios sich versteckte, sich allein mit seinen Sorgen plagte, während er auf irgendeine Offenbarung oder Entwicklung wartete, die in sein dunkles Spiel mit dem Drachen oder gegen den Drachen Licht brachte.
    Dieser Eindruck vertiefte Lebwohls Bedauern, das ihm die Kenntnis bereitete, daß sein Kontrakt mit der Freistaat Eden Warden Dios Schaden zugefügt hatte; es grämte ihn sowohl, daß er unabsichtlich dem Polizeipräsidenten einen Bärendienst erwiesen hatte, der sich nicht rückgängig machen ließ, wie auch, daß es ihm mißlungen war, Dios’ Betreibungen in ihrer vollen Komplexität zu erfassen. Nach den eigenen Maßstäben hatte er seinen Polizeipräsidenten stets treu und ehrlich unterstützt. Aber Dios wollte, daß Morn Hyland am Leben blieb, obschon Hashi auf die Möglichkeit aufmerksam gemacht hatte, daß sie in mehr als nur einer Hinsicht eine Kaze abgab.
    Hashi Lebwohl war die Vorstellung, daß irgendeines Menschen Geist tiefer erwägen oder weiter blicken könnte als sein Verstand, nicht gewöhnt. Der bloße Gedanke daran beunruhigte ihn nachhaltig. Er empfand das nagende Bedürfnis, irgendwie zu beweisen, daß sein Denken und Handeln Warden Dios’ Intentionen gerecht wurde.
    Und das war der eigentliche Grund, warum er das Shuttle nach Suka Bator bestiegen hatte.
    Koina Hannish ahnte naturgemäß nichts von seinen geheimen Kümmernissen.
    »Trotzdem weiß ich nicht genau«, erwiderte sie grüblerisch, »ob es richtig von mir wäre, Sie in zusätzliche Sachverhalte einzuweihen.« Das Wort ›zusätzliche‹ war überflüssig, lediglich ein feiner Hinweis darauf, daß sie ihn schon einmal über gewisse Fakten und Geheimnisse in Kenntnis gesetzt hatte. »Wäre der Polizeipräsident daran interessiert, daß Sie an der Sitzung teilnehmen, hätte er es Ihnen bestimmt mitgeteilt.«
    Fahrig fuchtelte Hashi mit den Händen, als ob Hannishs Skrupel ihm keine Verlegenheit verursachten. »Meine liebe Koina, ich traue Ihrem Urteil hundertprozentig. Lassen Sie mich zu Ihnen als Beweis meines guten Willens über diese kleinen Neuigkeiten plaudern, ohne all das zu erwähnen, was unser ach so schwer vermißter Godsen Frik den ›Haken an der Sache‹ genannt hätte, und dann können Sie frei entscheiden, ob Sie im Gegenzug meine Fragen beantworten möchten.«
    Sie kränkte ihn nicht mit der Frage: Und es stört Sie nicht, daß Dritte zuhören? Mittlerweile mußte sie ihn gut genug kennen, um zu ersehen, daß er nicht aus

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