Amnion 4: Chaos und Ordnung
sicher.«
Die Kameras folgten den drei Crewmitgliedern, die zur Freistaat Eden umkehrten. Infolge langsam wechselnder Brennweite wurde das Abbild der Asteroiden im Hintergrund nach und nach unscharf. »Sobald unsere Datensysteme sie entschlüsselt haben«, fügte Darrin hinzu – mehr um seinen Magen zu beruhigen, als weil Alesha solcher Erläuterungen bedurft hätte –, »erfahren wir alles, was sich in diesem Quadranten von Beckmanns Scanningnetz abspielt. Wir können jeden Funkspruch hören, den seine Kommunikationszentrale aus dieser Gegend empfängt oder in sie abstrahlt. Dadurch finden wir heraus, wo die Posaune steckt, oder, falls sie inzwischen abgeflogen ist, welchen Kurs sie genommen hat. Und wir ersehen, ob irgendwelche anderen Raumer in ihrer Nähe herumgeistern… Oder sie verfolgen.«
Kurz überlegte Darrin, ob er sich richtig ausgedrückt hatte, bevor er seine Darlegungen beendete. »Außerdem können wir, falls nötig, unseren Sender sprengen und damit den gesamten hiesigen Sektor des Scanningbereichs neutralisieren. Damit würde praktisch jeder, der sich darauf verläßt, ortungsmäßig blind.«
»Hört sich gut an«, äußerte Alesha mit einem Ansatz zur Skepsis in ihrem Tonfall. »Hört sich zu gut an. Es klingt einfach zu leicht. Wenn wir dazu imstande sind, warum nicht auch die Posaune? Warum nicht die Rächer? Oder das Raumschiff, das der Posaune aus dem Bannkosmos nachgeflogen ist?«
»Sicherlich könnten sie’s.« Je näher Pane und die zwei übrigen Crewangehörigen dem Schiff kamen, um so merklicher linderten sich Darrins Magenbeschwerden. »Aber die Posaune dürfte sich dafür nicht die Zeit nehmen. Sie wird’s eilig haben, aus dem Asteroidenschwarm zu verschwinden. Und die Rächer ist noch nicht eingetroffen.« Die Bordmontur schützte seine Brust: er konnte sich soviel kratzen, wie er wollte. »Und wo dieses andere Raumschiff ist, weiß ich nicht. Vielleicht befindet es sich gar nicht im Massif-5-System. Oder es lauert irgendwo in der Nachbarschaft der Rächer. Das ist einer der Gründe, weshalb wir das Relaissystem melken. Wir müssen wissen, wo die anderen Beteiligten sind, um uns auf die Ereignisse einzustellen.«
Alesha nickte ein zweites Mal. »Ich weiß. Ich wollte dich’s nur erklären hören.«
Im Laufe der Jahre hatte sie bei mehreren Gelegenheiten ihm gegenüber erwähnt – manchmal mit mehr als nur gelinder Erbitterung –, er hätte die Begabung, auch die unmöglichste Situation auf eine Weise zu beschreiben, durch die sie bewältigbar wirkte. Diesmal jedoch merkte man ihrer Stimme keine Bitternis an. Sie hatte schon ernstzunehmendere Bedenken übergangen, um sich auf die Gegenwart zu konzentrieren; das ihre getan, um die Freistaat Eden durchzubringen.
Die Kameras begleiteten das EA-Team bis zur offenen Luftschleuse an der verkratzten Rumpfseite des Raumschiffs.
Mit offensichtlicher Befriedigung drückte der Datensysteme-Hauptoperator eine Taste. »Geschafft, Kapitän.« Er verzichtete auf jede Anstrengung, um seine Selbstgefälligkeit zu verbergen. »Ich gebe jetzt die Daten an Scanning und Kommunikationskonsole weiter.«
»Macht ’n guten Eindruck, Kapitän«, kam während des Sichtens der Übertragung eine Meldung von der Scanninginstrumente-Konsole. »Wenn du die Observation des EA-Teams abgeschlossen hast, schalte ich dir die Projektion auf den Großbildschirm.«
Pane hatte sich vor der Luftschleuse an einem Schäkel festgehakt und winkte ihre Begleitung in die Schleusenkammer. Darrin gelangte zu der Auffassung, daß dem Trio nichts mehr zustoßen konnte. »Glänzende Arbeit«, sagte er mit einem Seufzer der Erleichterung zum Datensysteme-Hauptoperator. »Ich bin soweit«, rief er anschließend zur Scanninganlagen-Konsole hinüber.
Sofort erlosch auf dem Großmonitor die Videoübertragung, wich einer 3-D-Scanningschematik.
Ein Gewirr blauer Pünktchen zeigte Felsbrocken an. Grüne Indikatoren wiesen auf Ortungsstationen und Relais hin; gelbe Anzeigen verwiesen auf eingebunkerte Artillerie. In einer Ecke der Darstellung war Leere zu sehen: der freie Raum im unmittelbaren Umkreis des Schwarzlabors. Das Bild flimmerte schwach, weil Beckmanns Ortungssysteme sich permanent dem andauernden Wechseln der Positionen all der vielen Asteroiden anpassen mußten. Zwei rote Punkte mitten in dem Wirrwarr markierten Raumschiffe.
Die Schematik identifizierte sie nicht mit Namen, sondern in Codeform. Dennoch erkannte Darrin auf den ersten Blick, daß keines von beiden
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