Amnion 4: Chaos und Ordnung
Resultat.
»Ich führe für ihn eine seiner verdeckten Operationen aus«, erläuterte Angus, als ob er löge – oder Teilwahrheiten verwendete, um eine Lüge zu kaschieren. »Lebwohl hat alles geplant. Er hat dafür gesorgt, daß Milos Taverner und ich aus dem VMKP-HQ abhauen konnten, ein Raumschiff hatten, von ihm sind wir nach Kassafort geschickt worden. Ich bekam einen doppelten Auftrag. Erstens sollte ich Kassaforts Fusionsgenerator zur Explosion bringen.« Er zögerte wie jemand, der eine Aufwallung der Panik bezähmen mußte, ehe er mit noch rauherer Stimme weiterredete. »Zweitens sollte ich dich befreien. Aber es ist eben eine Geheimaktion. Wir können nicht einfach in den Human-Kosmos zurückfliegen, als rechneten wir damit, wie Helden empfangen zu werden. Das würde uns die Tarnung versauen.«
»Tarnung?« schnauzte Mikka. »Wofür brauchen wir ’ne Tarnung?«
Angus beachtete sie nicht. »Wir sollen auch in Zukunft als Illegale gelten. Als freischaffende Gangster. Lebwohl möchte keinerlei Verantwortung für irgendwas tragen. Deshalb wartet keine Flotte auf unsere Ankunft. Falls die Amnion zu der Beurteilung gelangen, uns in die Pfanne zu hauen sei das Risiko wert, den Interstellaren Grenzzonenvertrag zu brechen, sind wir auf uns gestellt. Bis ich neue Befehle erhalte.« In seiner Stimme klang eine vielschichtige, mehrdeutig auslegbare Art von Wut an. »Für eine Weile können wir also durchaus unsere eigenen Entschlüsse fassen.«
Morn schnitt eine düstere Miene. Davies spürte, unter welchem Druck sie stand; welchen hartnäckigen Kampf es sie kostete, sich trotz ihrer Erschöpfung und ihres Frappiertseins zu konzentrieren. »Mußt du nicht Meldung erstatten?« erkundigte sie sich mit Mühe. »Bestimmt will die DA doch wissen, was du erreicht hast… Und was du jetzt treibst.«
Eine begrenzte, seltsame Konvulsion befiel Angus, als erlitte er eine Krise. Seine gesamte Muskulatur krampfte sich zusammen; die Augen quollen ihm hervor. Er hätte am Rande eines Schlaganfalls stehen können. Doch der Krampf wich fast sofort, als hätte er augenblicklich eine starke Dosis Kat gespritzt. Als er antwortete, klang seine Stimme auffällig normal. Sein Konflikt war vorüber – oder umgangen worden.
»Selbstverständlich will er ’ne Scheißmeldung. Sonst wäre er wohl nicht Hashi Lebwohl. Aber von hier aus kann ich ihm schlecht eine schicken, oder?« Damit stellte er eine rein rhetorische Frage. »Sie würde ihn erst in drei Jahren erreichen, könnte ich sie senden… Aber es geht sowieso nicht.« Seine Hand wies fahrig auf die schematische Sternenkarte auf dem Großbildschirm. »Inzwischen ist uns der Stern im Weg.«
Unvermittelt verließ Vector Shaheed das Technikkontrollpult. Die Miene ernst, um seinen plötzlichen Eifer zu kaschieren, näherte er sich dem Kapitänssessel, klammerte die Hände an die Kanten der Kommandokonsole, als müßte er verhindern, daß sie zitterten.
»Wo willst du hin?«
Angus dachte kurz nach. »Das habe ich«, bekannte er, »noch nicht entschieden.«
»Zurück in den Human-Kosmos?« meinte Vector.
Bitterlich hob Angus die Schultern. »Hier sind wir sicherer«, brummelte er. »Mit ein wenig Glück können wir jahrelang durch den Bannkosmos schippern, ohne daß die Amnion uns erwischen. Solange sie nicht auf unsere Partikelspur stoßen, haben sie keine Möglichkeit, auf uns Jagd zu machen. Selbst wenn sie irgendwoher wüßten, wo wir stecken, könnten sie bei diesem Hintergrundrauschen unsere Emissionen nicht orten. So bekäme ich allerdings keine Gelegenheit, um ’ne Meldung abzusetzen, stimmt’s?«
»Dann habe ich einen Vorschlag zu unterbreiten«, sagte Vector rasch. »Ich möchte sagen, was ich will.«
Erstaunt sah Morn ihn an. Sie war noch zu müde, um die spekulativen Schlußfolgerungen zu ziehen, die schon durch Davies’ Kopf schossen.
Angus musterte den Techniker. »Warum nicht?« entgegnete er hämisch. »Scheiße, am besten macht jeder einen Vorschlag. Uns bleiben noch acht Stunden, ehe wir zu einem Entschluß kommen müssen.«
Vectors blaue Augen standen über jedem Spott. »Angus«, sagte er eindringlich, »Morn weiß einiges über mich, von dem Sie keine Ahnung haben. Wir hatten an Bord der Käptens Liebchen ein bißchen Zeit zum Plaudern.« Nick verdrehte die Augen, enthielt sich jedoch jeder Bemerkung. Unbewußt nickten Morn und Davies gleichzeitig.
»Ich weiß von dem Immunitätsserum, weil ich damals an der Entwicklung mitgearbeitet habe. Vor
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