Amnion 4: Chaos und Ordnung
Lebwohl an diese Information gelangt sein mochte, jetzt erwies sie sich als unschätzbar wertvoll. »Sie war aber nicht die Person, deren Auslieferung die Amnion forderten. Sie wollten Davies Hyland, sonst nichts. Bevor er sie ihnen dann endlich übergab, hat er ihr – auch das ist von höchst wichtiger Bedeutung – etwas von dem Antimutagen-Immunitätsserum der DA-Abteilung zur Verfügung gestellt. Laut Josua besteht die Möglichkeit, daß die Amnion inzwischen von dem Medikament wissen, weil sie es in Morn Hylands Blut entdeckt haben.«
Um dem Drachen Morn Hylands Überleben schmackhafter zu machen, präsentierte Warden ihm nicht nur einen Köder, sondern zudem einleuchtende Sachgründe. Mit Leib und Seele hatte Holt Fasner damals gegen Vector Shaheeds bei Intertech betriebene Antimutagen-Forschungen opponiert. Gegen besseres Wissen hatte Warden den VMK-Generaldirektor dazu überredet, die Forschungen der DA-Abteilung zu übertragen. Vielleicht dämpfte es Fasners Zorn, wenn diese Entscheidung sich jetzt als richtig herausstellte.
Doch der Drache verhehlte seine Reaktionen. Seine IR-Emanationen glosten und flackerten; aber seine Empfindungen drückten sich ausschließlich in Farben und Mustern aus, nicht in Worten.
Furcht rumorte in Wardens Magengrube. Sein Scheitern lag geradezu in der Luft, schien in der Atmosphäre des Büros mit Händen greifbar zu sein.
»Als nächstes traf die Posaune in Kassafort ein«, sagte er rauh. »Was sich danach abgespielt hat, ist noch nicht ganz geklärt. Josua und Milos Taverner taten sich mit Nick Succorso zusammen. Dann lief Taverner zu den Amnion über, vielleicht in der Absicht, sie zu warnen.« Er sparte sich die Anmerkung, daß auch diesem Umstand hochgradige Wichtigkeit beigemessen werden mußte. »Jemand hat Davies Hyland aus dem Kassaforter Gewahrsam befreit. Außerdem hat irgend jemand, vermutlich Nick Succorso und ein paar seiner Leute, die Amnion überfallen und Morn Hyland aus ihren Flossen gerettet. Zum Schluß fanden sich alle an Bord der Posaune wieder, Succorso, vier seiner Besatzungsmitglieder, Davies und Morn Hyland, Josua. Die Käptens Liebchen hat eines der Amnion-Kriegsschiffe attackiert, um der Posaune den Rücken für den Start freizumachen, und ist dabei vernichtet worden. Aber da hatte Josua seinen eigentlichen Auftrag schon durchgeführt. Als Kassaforts Fusionsgenerator explodiert ist, hat er die Konfusion ausgenutzt und sich mit der Posaune abgesetzt.«
Warden Dios hob die Schultern, als vertraute er willig sein Los den Launen des Drachen an. »Soweit der Inhalt der Meldung. Von Direktorin Donner ist die Information hinzugefügt worden, daß aus dem Bannkosmos ein Raumschiff, nach aller Wahrscheinlichkeit eine Amnion-Einheit, sich an die Verfolgung der Posaune gemacht hat. Über den angeblichen Kontrakt der Freistaat Eden mit Ihnen bin ich gleichfalls durch sie informiert worden. Mittlerweile fliegt auch sie der Posaune nach« – er durfte keine Gelegenheit auslassen, um Fasners Wut von Min Donner abzulenken –, »um Josua die Amnion vom Hals zu halten, bis wir wissen, was wir mit ihm anfangen wollen.«
»Wundervoll.« Holt Fasners Emanationen deuteten Hohn an. »Wie Sie es schildern, klingt es rundum herrlich gelungen und nach einem Bombenerfolg. Ja wahrhaftig, so wie Sie es formulieren, könnte man beinahe meinen, es wäre alles eine durch und durch vernünftige Sache gewesen. Und was schlagen Sie nun vor? Die Posaune ist in den Human-Kosmos umgekehrt. Gehen wir einmal davon aus, Sie können sie vor den Amnion beschützen. Falls ich Ihnen entgegenkomme und die Gelegenheit einräume, sich vollends in die Scheiße zu reiten, was wären dann Ihre Entscheidungen?«
Darauf war Warden gefaßt. Eine Lüge war er noch aufzutischen bereit: eine Lüge, die so dicht an die Wahrheit grenzte, daß sie plausibel wirken konnte.
Er beugte sich im Sessel vor, als käme er erst jetzt zur Sache, zu seinem eigentlichen Anliegen. »Ich weiß, daß Sie Morn Hyland nicht zurückholen möchten, Fasner«, sagte er mit Nachdruck, »aber ich bin der Ansicht, wir können verdammt von Glück reden, daß sie uns noch verfügbar ist. Wir haben verdammtes Glück, daß auch diese ganzen anderen Leute noch leben. Wir brauchen sie.«
Holt Fasners Emanationen glichen einer Sonneneruption. Dennoch fiel er Warden nicht ins Wort.
»Wir müssen erfahren, was Succorso und seine restliche Crew über die Experimente der Amnion mit einem neuartigen Antriebstyp wissen«, stellte
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