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Amon: Mein Großvater hätte mich erschossen (German Edition)

Amon: Mein Großvater hätte mich erschossen (German Edition)

Titel: Amon: Mein Großvater hätte mich erschossen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Teege , Nikola Sellmair
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ehemalige Warschauer Ghetto besucht und das ehemalige Vernichtungslager Treblinka nordöstlich von Warschau. Sie haben jüdische Gräber von Schmutz und Blättern gereinigt und immer wieder mit dem Auschwitz-Überlebenden Zvi Moldovan gesprochen, einem freundlichen alten Israeli, der seit Jahren Schülerreisen nach Polen begleitet.
    Am ehemaligen Bahnhof in Lodz stiegen die Schüler in einen alten Viehwaggon, mit dem Juden, Sinti und Roma aus dem Ghetto von Lodz in Konzentrationslager deportiert wurden. Im Waggon war es eng und dunkel. Die Jugendlichen versuchten nachzuempfinden, wie sich die hier gefangenen Juden gefühlt haben mussten. Ein israelisches Mädchen begann heftig zu zittern.
    Die Schüler besuchten das Lager Chelmno. Sie fuhren weiter nach Lublin und ins Lager Majdanek.
    Das ehemalige Ghetto von Tarnow, das Lager von Belzec.
    Im gemeinsamen Tagebuch, in das sich jeder der Schüler eintragen konnte, heißt es: «Ein Großteil meiner Familie wurde hier umgebracht. Wenn ich die Gaskammern, die Baracken, das Krematorium sehe, scheint es mir, als wären sie gestern erbaut worden. Aber ich fuhr dorthin in einem klimatisierten Bus, mein Großvater in einem überfüllten, heißen Viehwaggon ohne Essen und Trinken. Ich fuhr ein paar Stunden, Großvater drei Tage und drei Nächte. Ich bin mit vielen Freunden hier, Großvater war allein. Ich war ein paar Stunden dort, Großvater bis zum Sommer 1944 . Ich sah in Polen die Erinnerungen meines Großvaters vor mir. Er hat überlebt und konnte mir alles erzählen. Ich werde ihn nie vergessen.»
    Ein anderer Eintrag lautet: «Meine Großmutter ist dem Lager nie ganz entronnen. Sie war immer unruhig und hatte ständig Angst, die Kontrolle über ihr Leben wieder zu verlieren. Sie plante und bereitete alles lange im Voraus vor, füllte in einem fort den Kühlschrank und die Regale. Ich habe sie nie stillsitzen sehen.»
    Etwa nach der Hälfte der Reise bekamen die Schüler Briefe ausgehändigt, die ihre Eltern den Lehrern für sie mitgegeben hatten. Die Mütter und Väter sprachen ihnen darin Trost zu, baten sie, nicht zu verzweifeln angesichts der schrecklichen Orte. Viele Schüler brachen in Tränen aus, als sie die Briefe lasen.
    Im Klassen-Tagebuch steht jetzt: «Jeder Tag hier fühlt sich an wie eine Woche. Ich habe solche Sehnsucht nach meinen Eltern, nach daheim.»
    Sobibor: Die Schüler liefen durch den Wald, dorthin waren Häftlinge nach dem gescheiterten Aufstand im Lager Sobibor geflüchtet.
    Dann das südostpolnische Dorf Markowa, in dem eine polnische Bauernfamilie zwei jüdische Familien auf ihrem Hof versteckte. Die Deutschen entdeckten die Juden und erschossen sie, ebenso ihre polnischen Helfer, die Bauersleute mit ihren sechs kleinen Kindern.
    Ins Tagebuch schrieb ein Schüler: «Ich will nicht mehr zur Armee. Ja, ich muss mein Land verteidigen, aber denkt das nicht jeder Soldat? Dachten das nicht auch die Deutschen?»
    Eine Schülerin schrieb: «Wie kam es, dass Männer morgens aufstanden, ihren Kaffee tranken, ihre Frau und ihre Kinder küssten und danach zur Arbeit gingen – eine Arbeit, die darin bestand, andere zu erniedrigen und zu töten?»
    Als die Schüler in Krakau ankommen, sind sie erschöpft. Vom Land selbst haben sie bisher wenig gesehen. Polen, das ist für sie vor allem eine Ansammlung von Vernichtungsstätten.
    Die Erinnerung ist einer der zentralen Werte im Judentum. «Zachor» – «Gedenke! Erinnere Dich» – heißt es in der Thora. Das Gedenken an den Holocaust und seine Opfer hat sich jedoch in den Jahren seit der Gründung des Staates Israel 1948 gewandelt.
    Bis 1949 kamen etwa 350 000  Überlebende der Shoa nach Israel. Sie wurden reserviert aufgenommen. Man sah sie als «Lämmer, die sich haben zur Schlachtbank führen lassen», so beschreibt es der israelische Historiker Moshe Zimmermann. Für den Aufbau des jungen Staates Israel aber brauchte es Helden und Kämpfer, keine Opfer.
    Das Trauma der Überlebenden war zugleich Tabu: In der israelischen Öffentlichkeit wurde kaum über ihre Leiden gesprochen.
    In der israelischen Zeitung «Ha’aretz» hieß es sogar: «Wir müssen den Tatsachen ins Auge blicken. Die wenigen, die uns in Europa geblieben sind, gehören nicht unbedingt zum Besten des jüdischen Volkes.» Der Historiker Tom Segev analysierte, dass «die Juden in Palästina von der fixen Idee besessen waren, dass nur die schlechtesten Elemente … im Lager überleben konnten, also jene, die anderen das Brot gestohlen

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