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Amore macchiato: Roman (German Edition)

Amore macchiato: Roman (German Edition)

Titel: Amore macchiato: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathrin Corda
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ich aus Rücksicht Ihnen gegenüber abgetaucht. Aber ich wollte es dann doch nicht mit dem Leben bezahlen, verstehen Sie?« Er lacht mir offen ins Gesicht und präsentiert blendend weiße Zähne wie aus der Fernsehwerbung, während sich auf seinen Wangen hübsche Grübchen bilden. »Das wäre in Ihrem Fall auch wirklich nicht nötig gewesen, oder?«, fährt er fort. Er nickt in meine Richtung und macht sich daran, seinen Schnorchel auszuspülen.
    Gut zu wissen, wie genau er mich offenbar studiert hat.
    Ich presse die Hände noch fester an mich und begutachte mein Gegenüber nun ebenfalls. Was ich von ihm sehe, gefällt mir: der sportliche Oberkörper eines geübten Schwimmers mit kurzen, dunklen Haaren. Eine Haarsträhne fällt ihm locker in die Stirn, und ganz kurz bin ich versucht, mich vorzubeugen und sie ihm aus dem Gesicht zu streichen. Aber das geht natürlich nicht.
    »Warum schnorcheln Sie hier mit dieser riesigen Zange herum?«, frage ich, nun schon etwas beruhigter.
    »Ich … äh … entnehme Gesteinsproben«, antwortet der Fremde zögernd und kneift seine schönen, dunklen Augen zusammen. Er sieht auf einmal fast ein bisschen schüchtern aus. Ob ich doch eben seine Haarsträhne …?
    »Wozu?«, frage ich schnell, um unsere Unterhaltung fortzuführen.
    »Äh … ich bin Geologe. Aus Siniscola«, erwidert er.
    »Aha.« Ich nicke. Keine Ahnung, was ein Geologe so zu tun hat. Inzwischen weiß ich ja nicht mal mehr, was ein Eventmanager genau tut. Oder eine Verwaltungsfachangestellte.
    »Na dann«, sagt der Fremde, streicht sich nun leider selbst die Haare zurück, reibt mit den Fingern auf der Scheibe seiner Taucherbrille herum und setzt sie sich wieder auf die Nase. »Es war nett, Sie kennenzulernen. Bitte entschuldigen Sie die Störung, und noch einen schönen Abend.« Er lächelt mich durch die Brille freundlich an.
    Ich lächele zaghaft zurück. »Ist schon okay. Ihnen auch einen schönen Abend.«
    Der Mann lässt sich ins Wasser zurückgleiten, umrundet den Fels, auf dem ich sitze, und paddelt auf der anderen Seite des Kaps davon.
    Ich warte, bis ich ihn nicht mehr hören kann, dann springe ich ins Wasser und schwimme zurück zu meinem kleinen Privatstrand. Eilig ziehe ich mein Kleid über den klatschnassen Körper, stecke die Wäsche in meine Tasche und schleiche barfuß durch das Gebüsch aus der Bucht.
    Wieso habe ich bei dieser Stille nicht mitbekommen, dass sich ganz in der Nähe ein Fremder aufhält? Ich bin einfach zu unvorsichtig.
    Ein paar Meter weiter, noch vor dem sandigen Feldweg, der zurück zur Hauptstraße führt, höre ich Geräusche. Ich verschanze mich hinter einem Stein und luge vorsichtig hervor.
    Da ist er wieder.
    Circa zwanzig Meter weiter steht der halb erstickte Geologe vor einem Motorroller und verstaut seine Sachen. Er trägt eine rote Badeboxershorts, T-Shirt und Sneakers und hat sich eine Weste übergeworfen. Nun stellt er den blauen Kanister auf dem Fußbrett ab, steigt auf den Roller, wirft geräuschvoll den Motor an und kommt in meine Richtung angebraust. Schnell ducke ich mich hinter dem schützenden Stein, während er direkt an mir vorbei zur Hauptstraße fährt. Ein paar Sekunden später höre ich ein schlingerndes Geräusch und schaue wieder auf. Offenbar ist er auf dem Sandweg ins Rutschen gekommen und hat angehalten. Er bückt sich nach dem Kanister zu seinen Füßen, rückt seinen Helm zurecht. Dann fährt er weiter und ist weg.
    Die Luft ist rein.
    Ich schlüpfe in die Gummistiefel und stapfe immer noch vorsichtig hinterher. Gleich werde ich Enzo anrufen und ihm durchgeben, wo er mich abholen soll. Heute Abend werde ich dann in Ruhe meine Gedanken und Unterlagen ordnen und morgen früh meinen Chef anrufen. Danach sehen wir weiter.
    Der Miniausflug in die Natur hat mir gutgetan.
    Auf einmal sehe ich ein paar Meter vor mir, ungefähr dort, wo der Fremde mit seinem Roller weggerutscht ist, einen kleinen Gegenstand im Sand liegen.
    Es ist ein Klapptaschenmesser.
    Ich hebe es auf.
    Es ist eines dieser edlen sardischen Hirtenmesser, wie sie in meinem Reiseführer abgebildet sind. Der Griff ist aus echtem Horn gearbeitet, die Beschläge sind mit handgravierten Verzierungen versehen, die eingelassenen Schrauben sorgfältig poliert.
    Auf der Klinge steht die Inschrift: » Con affetto, nonno Antonio – in Liebe, Opa Antonio.«



6.
    »Herr Bräunlich ist den ganzen Freitag in Meetings und nicht zu sprechen«, säuselt Frau Weißensee am nächsten Morgen. Seine zickige

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