Amore macchiato: Roman (German Edition)
Zusammenhang«, erklärt mir mein Chef streng, »sind Sie angehalten, sagen wir, alle zwei Tage ein Update der Kostenaufstellung für das Event an Herrn Schrader zu schicken, damit wir sofort agieren können, sollte die Sache da unten noch mehr aus dem Ruder laufen. Haben wir uns verstanden?«
Was soll das denn jetzt?
»Das Kostenthema trifft nicht den Kern der Herausforderungen, mit denen wir derzeit zu kämpfen haben«, antworte ich scharf. Hat der Kerl überhaupt kapiert, worum es hier geht? Oder muss ich dem Mann erst meinen Job erklären?
»Sie haben eine Agentur an der Hand, die mit der Eventorganisation betraut ist, da ist es ja wohl nicht zu viel verlangt, wenn ich von Ihnen ein Update der Aktivitäten einfordere. Sie haben ja sonst nicht viel zu tun.«
Nö, is richtich.
»Eine Agentur muss vom Kunden aber auch geführt werden, Herr Bräunlich«, erkläre ich stoisch. »Es ist durchaus so, dass ich …«
»Jaja, ich weiß, ich weiß, Frau Herrmann, ich kann jetzt aber nicht weiter zuhören. Ich muss in eine Besprechung. Der Vorstand erwartet mich. Auf Wiederhören.« Damit legt er auf. In der Leitung klickt es wie ein Nachzittern.
Ende.
»Das ist ohne Worte!«, ruft Paula verärgert. »Der hat ja keine Ahnung, was hier los ist, und das Schlimmste: Er will es auch gar nicht wissen!«
»Ich bin im Zweifelsfall schuld, das reicht«, stimme ich ihr ermattet zu.
Sie schüttet mir ein Glas Wasser nach und schiebt es mir zu. »Du hast dich gut geschlagen«, sagt sie bewundernd. »Bloß nicht einschüchtern lassen.«
»Ich habe trotzdem keine Lust mehr«, sage ich und bin mit einem Mal unglaublich müde. »Was, wenn ich mich einfach krankmelde? Oder kündige? Ich setze mich nach Übersee ab und schmeiße alles hin.«
»Nun mal ganz ruhig«, Paulas Stimme nimmt einen mütterlichen Tonfall an, »lass dich davon nicht runterziehen. Bräunlich war schon immer so, so lange ich dich kenne. Nüchtern auf den Punkt gebracht, kann man von dem Telefonat sagen, dass du versucht hast, ihn ins Boot zu holen, während er den Stand der Dinge lieber schriftlich unter dem Kostenaspekt dargestellt haben möchte. Leute aus der Führungsriege sind immer so, das erlebe ich bei allen meinen Kunden. Die wollen gar nicht wissen, wie wir uns die Finger schmutzig machen, sondern bloß am Ende vor ihren eigenen Chefs toll dastehen.«
Frustriert starre ich aufs Meer.
Gerade kommt ein Motorboot in unsere Hotelbucht getuckert. Zwei Pagen stehen am Steg bereit, um einer Frau in meinem Alter, gekleidet in einen Missoni-Hauch von Pashmina, an Land zu helfen. Im Arm hält sie einen winzig kleinen Hund, den sie nun vorsichtig einem der Pagen reicht, als wäre der hässliche Köter ein rohes Ei. Hinter ihr steht ein Mann, der ihr Vater sein könnte, in enger weißer Badehose und schlingt sich soeben ein Handtuch um die Hüften, um zumindest halbwegs bekleidet ebenfalls an Land zu gehen.
Warum ist mein Leben nicht auch so einfach?
Kann ich mir nicht einen Typen mit Geld angeln, der mich aushält, damit ich mich um nichts mehr sorgen muss? Niemand in meinem Leben kritisiert mich so, wie mein Chef es tut. Muss man sich das antun? Es ist doch bloß ein Job .
»Lass uns die beiden Restanträge fertigstellen, damit ich sie morgen zu Signora Alberti bringen kann«, unterbricht mich Paula in meinen Überlegungen. Sie streichelt mich sanft am Arm.
Ich schaue auf die Uhr. »Einverstanden«, stimme ich zu. »Ich habe den Stromantrag fast fertig. Lass uns noch schnell die Statusliste gemeinsam durchgehen und dann für heute Schluss machen.«
»Hast du heute Abend Zeit?«
»Nein, ich bin zum Essen eingeladen.«
»Von wem?«
»Von einem Mann, den ich vor ein paar Tagen am Strand kennengelernt habe.«
Paula schaut überrascht. »Was für News, so nebenbei«, sagt sie. »Trefft ihr euch hier im Hotel?«
»Nein, bei ihm zu Hause. Borgst du mir dafür deinen Mietwagen? Ich habe keine Lust, mich von Enzo zu einem Date kutschieren zu lassen.«
Allein die Vorstellung ist absurd.
»Klar, ist ja sowieso ein GID-Auto, das kannst du gerne nehmen«, antwortet Paula schnell. »Aber nun erzähl mir lieber von dem Typen. Sieht der gut aus?«
»Nee«, weiche ich zunächst aus, sage dann aber: »Doch, er sieht gut aus. Aber das Abendessen heute ist nur der Dank, weil ich etwas gefunden habe, das er verloren hatte. Nichts Aufregendes also.«
Paula grinst. »Nun«, sagt sie, »was nicht ist, kann ja noch werden, oder nicht?«
»Ich weiß nicht …«,
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