Amore macchiato: Roman (German Edition)
steht ein großer Krug, randvoll gefüllt mit Rotwein.
» Accomodati – mach es dir bequem –, Annika.« Riccardo zieht einen Stuhl zurück und bedeutet mir, mich zu setzen. Dann geht er zum Herd, nimmt ein Messer von der Ablage und rührt damit die Nudeln um.
»Ich habe den Kochlöffel oben liegen lassen«, murmelt er.
»Das ist der Hunger, der macht nervös«, scherze ich.
Riccardo dreht sich vom Herd zu mir um und zwinkert mir zu. »Gegen den Hunger gibt es gleich etwas. Nimm dir bis dahin ein Glas Rotwein, das beruhigt.«
»Ob dieser Eimer hier für uns beide reicht?« Ich hieve die schwere Karaffe mit beiden Händen hoch, um ein paar Schlucke davon in das Glas vor mir zu balancieren.
»Keine Sorge«, erwidert Riccardo und hantiert mit Pfeffer- und Salzmühle über einem kleinen Schälchen. »Den Wein macht mein Opa selbst, wir haben den ganzen Keller voll davon, wenn du mehr willst. Seinen selbstgebrauten Mirto und Limoncello musst du unbedingt auch probieren.«
»Riccardo, das war ein Scherz. Ich muss noch fahren.«
Er lacht und gießt die Nudeln in ein bereitstehendes Sieb in der Spüle ab. »Wir sind hier in Sardinien, Annika. Da schließt Wein das Autofahren nicht aus.«
»Erzähl das bloß nicht meinem Fahrer«, entfährt es mir. Peinlich, was gebe ich hier eigentlich für einen abgehobenen Mist von mir?
»Du hast einen Fahrer?« Riccardo schaut mich entsprechend erstaunt an.
»Nein! Also, ja. Aber nur für die Zeit, die ich an der Costa Smeralda arbeite. Im normalen Leben fahre ich Fahrrad«, beeile ich mich zu erklären und nehme einen kleinen Schluck von dem trockenen, fruchtigen Rotwein.
»Du arbeitest an der Costa Smeralda? Was machst du denn da?«
»Das frage ich mich auch«, nuschele ich zynisch und nehme gleich noch einen Schluck Wein. »Ich koordiniere ein Großevent für die Präsentation eines Neuwagens.«
»Das klingt spannend.« Riccardo guckt interessiert.
»Fast zu spannend, ehrlich gesagt.«
»Das kann ich mir wiederum auch gut vorstellen. Koordination und Sardinien bilden per se einen Gegensatz.« Riccardo wiegt den Kopf, während er die Spaghetti in eine große Schüssel füllt und den Inhalt des Schälchens darüber verteilt. »In Sardinien etwas auf die Beine stellen zu wollen, kann sehr mühsam sein.«
»Ja, wir haben tatsächlich viele Probleme«, gebe ich zu. »Ehrlich gesagt bin ich gerade in einer recht brenzligen Situation, die wir verzweifelt versuchen zu lösen.«
»Was hast du denn konkret zu tun?«, will Riccardo wissen.
Ich fasse im Schnelldurchlauf zusammen, was ich vorgefunden habe und was Pittalis, Paula und ich als Nächstes vorhaben.
Während ich berichte, verdüstert sich Riccardos Miene zusehends.
»Ihr glaubt im Ernst, ihr bekommt die Anträge in den nächsten zehn Tagen durchgeprügelt?«, fragt er mit tiefen Falten auf der Stirn. Er stellt die große Schüssel auf den Tisch, setzt sich über Eck zu mir und beginnt meinen Teller zu füllen.
»Wir hoffen es«, erwidere ich tapfer und ignoriere seine Sorgenfalten.
»Ich hoffe es für euch auch, aber …« Riccardo schüttelt den Kopf. »Bella, du bist hier in Italia !« Er sieht mich vielsagend an, als würde allein das magische Wort »Italia« ausdrücken, dass ein noch so ausgeklügelter Plan in diesem Land wegen kosmisch festgelegter Regeln nicht funktionieren kann .
Diesmal nehme ich einen großen Schluck Wein.
»Stimmt, genau das ist das Übel«, antworte ich, »aber auch meine Chance bei der ganzen Sache. Ich habe den Eindruck, hier ist alles möglich. Im Guten wie im Schlechten. Bisher schlängeln wir uns ganz ordentlich durch. Auf italienische Art.«
»Ah, das hast du also schon gelernt. Sehr gut, Annika!«, lobt Riccardo mich grinsend. »Entschuldige, dass ich dich noch vor dem Essen so über deinen Job ausfrage. Nun lass uns erst mal die Pasta genießen.«
»Das hört sich gut an. Schließlich bin ich weit genug dafür gefahren«, stimme ich fröhlich zu.
»Dann wünsche ich dir guten Appetit.« Riccardo erhebt sein Glas. »Schön, dass du gekommen bist.«
Nach dem Essen helfe ich Riccardo, den Tisch abzuräumen.
»Der Seeigel war ganz prima«, lüge ich, »viel besser als erwartet.«
Mit einer simplen Tomatensoße wäre ich wahrscheinlich glücklicher gewesen, aber das gehört jetzt nicht hierher.
»Wie schön«, freut er sich. »Ich bin heute nach der Arbeit extra noch mal abgetaucht, um ein paar Tiere für uns einzusammeln. Sie sind absolut frisch, eine echte Delikatesse«,
Weitere Kostenlose Bücher