Amore macchiato: Roman (German Edition)
fügt er stolz hinzu und spült die Pastaschüssel unter fließendem Wasser ab.
Ich mag seine Art, kleine Dinge wertzuschätzen, stelle ich fest. Wie er das Essen genießt, sein Haus eingerichtet hat, was er erzählt. Ich hätte ihn auch gerne noch mal nur mit seiner Badehose bekleidet am Strand beim Seeigeltauchen beobachtet.
»Jetzt gibt es Nachtisch«, unterbricht Riccardo mich in meinen Gedanken. »Holst du mal die beiden Dessertteller aus dem Kühlschrank?«, weist er mich an. »Da stehen zwei casadine für uns.«
Noch ein bisschen verwirrt, öffne ich den Kühlschrank und finde auf Augenhöhe zwei Teller mit sternförmigen Küchlein mit heller Füllung darin. Um die Törtchen herum hat jemand in mühevoller Detailarbeit filetierte Orangenscheiben drapiert.
»Was ist das Schönes?« Ich hole die Teller hervor, stoße den Kühler mit dem Fuß zu und stelle sie auf den Tisch.
»Die hat meine Oma frisch für uns gemacht, als ich ihr sagte, dass ich heute einen Gast erwarte«, erklärt Riccardo. »Das sind Kuchen mit einer Creme-Orangenschalen-Füllung. Auch eine große Spezialität hier bei uns. Caffè? Mirto?«, endet er fragend.
»Espresso, gerne. Mirto um Himmels willen nein. Noch mal: Ich bin mit dem Auto hier«, wehre ich lachend ab.
»Einen kleinen Schluck musst du unbedingt probieren«, beharrt Riccardo, »ich kann meinem Opa morgen unmöglich sagen, dass ich seine Flasche nicht angerührt habe, da er weiß, dass ich heute …«
»… Besuch hast?«, beende ich seinen Satz.
Riccardo nickt.
»Oma und Opa wissen aber gut über dich Bescheid«, stichele ich. »Wo sind denn deinen Eltern?«, will ich wissen.
»Die sind bei einem Autounfall ums Leben gekommen, als ich fünfzehn war«, antwortet Riccardo traurig. »Meine Schwester und ich sind von unseren Großeltern aufgenommen worden. Tja, daher wohne ich nun schon seit bald zwanzig Jahren auf diesem Hof. Vor einiger Zeit haben sie mir dieses Haus überschrieben. Meine Großeltern wohnen weiter hinten auf dem Hof in den umgebauten Stallungen.«
»Und deine Schwester?«
Riccardo steht auf, stellt zwei Espressotassen unter eine vollautomatische Kaffeemaschine und drückt ein paar Knöpfe.
»Chiara? Die ist Krankenschwester in Nuoro und lebt dort mit ihrem Mann und ihrem kleinen Sohn. Wir sehen uns oft. Am Wochenende sind sie fast immer hier«, ruft er gegen das Getöse des Kaffeeautomaten an.
Wer an den Wochenenden noch so hier ist, würde ich nur zu gerne wissen.
Ob Riccardo liiert ist? Und mit seiner Schwester samt Schwager lustige Spieleabende zu viert in der runden Festung abhält?
Eigentlich weiß ich gar nichts über Riccardo, stelle ich fest. Ich bin lediglich auf einen Teller Nudeln bei ihm eingeladen. So ein toller Mann wird wohl kaum Single sein?
»Also wohnst du nun ganz alleine in diesem großen Haus?«, frage ich daher so unauffällig wie möglich und blicke mich unschuldig im Raum um. Frauenhand kann ich hier in der Tat nicht erkennen. Aber nach einer chaotischen Männerbude sieht es auch nicht aus.
»Ja«, antwortet Riccardo schlicht, stellt eine Tasse und eine Zuckerdose vor mir ab und setzt sich wieder an den Tisch.
Wie, »Ja«? Soll das die komplette Antwort sein?, denke ich empört. Das Verwenden von ganzen Sätzen mit Prädikat und Subjekt sollte gesetzlich verpflichtend werden.
Ich schaue ihn an und warte daher auf weitere Erklärungen.
»Ist noch was?«, fragt er und blickt aufmerksam von seiner Tasse auf. »Brauchst du Milch für den Kaffee?«
»Äh, ich … ja, ich hätte gerne einen Schuss Milch«, lüge ich verdattert zurück. Das Thema alleine wohnen ist offenbar für ihn durch. Mist.
»Ach, lass ruhig bleiben«, füge ich hinzu, »so einen kleinen Kaffee habe ich ja auch so schnell ausgetrunken.«
»Okay«, sagt Riccardo zufrieden, »dann lass uns doch die casadine und den Mirto draußen genießen. Hast du Lust?«
»Unbedingt«, sage ich, »zeig mir deinen Garten.«
Ich balanciere beide Teller die Eisentreppe hinauf und höre Riccardo hinter mir herklettern. Wie gerne hätte ich jetzt eine Hand frei, um mein Hemd über den Po zu ziehen. Seine Blicke dort kann ich geradezu spüren. Aber wenigstens kann er nicht sehen, wie ich rot werde.
Draußen setzen wir uns gegenüber vom Haus auf eine Bank und starten unser Minipicknick. Ein paar letzte Sonnenstrahlen, die hinter den Bergen hervorlugen, spenden schummriges Licht.
Riccardo entkorkt eine braune, schmuddelige Flasche und füllt daraus ein Gebräu in zwei
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