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Amore macchiato: Roman (German Edition)

Amore macchiato: Roman (German Edition)

Titel: Amore macchiato: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathrin Corda
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den Fenstern, hat er bereits angekuppelt.
    Ich steige aus und beäuge das Gefährt kritisch. Nun gut, da muss ich jetzt durch, entscheide ich.
    Die Sonne steht hoch am Himmel, die Vögel zwitschern und ein leichter Wind weht durch die Bäume. Ansonsten herrscht die gleiche unendliche Stille, die mich schon bei meinem ersten Besuch so verzaubert hat.
    Auf das Klingeln an der Haustür bleibt alles still. Ich schaue auf die Uhr. Kurz vor eins. Komisch, er weiß doch, dass ich komme. Ich entferne mich ein paar Schritte und spähe unschlüssig nach rechts und links. Dann marschiere ich den Kiesweg weiter hoch und um eine bewachsene Kurve herum. Kaum zu erkennen, steht hier ein kleiner Resthof – noch besser hinter einigen Büschen versteckt als Riccardos Haus. Der Putz blättert hier und da von der Wand, und das Dach hat auch schon bessere Zeiten erlebt, aber aus dem Schornstein kommt Rauch. Offenbar wohnt hier jemand.
    Absurderweise komme ich mir ein wenig wie eine Entdeckerin vor, als ich um das Gebäude herumschleiche und auf einem verwunschenen, zugewucherten Vorplatz lande. Hier steht ein Brunnen mit einer längst verrosteten Pumpe, die Zweige der hohen, knorrigen Bäume dahinter hängen auf eine Hütte hinab, die vielleicht einmal ein Hühnerhaus war. In einer Ecke steht ein halb verrotteter Schuppen, in dem allerhand angerostetes Handwerksgeschirr aus längst vergangenen Zeiten gestapelt ist.
    Vor dem Schuppen sitzt ein alter Mann unbeweglich auf einem Holzscheit und beobachtet mich.
    Ich zucke erschrocken zusammen.
    Der Mann kneift amüsiert die Augen zusammen. Sein vom Wetter gegerbtes, gebräuntes Gesicht runzelt sich, er bleibt aber weiter reglos sitzen.
    Schüchtern gehe ich auf ihn zu.
    »Buon giorno, signore«, sage ich.
    Der Mann blinzelt mich freundlich an und wartet weiterhin wortlos und unbeweglich auf eine Erklärung von mir.
    Ich mustere ihn. Mein Gegenüber ist mindestens achtzig, wenn nicht gar weit über neunzig. Er trägt ein gelbes Pfadfindertuch um den Hals, dazu ein graues, abgewetztes T-Shirt und schwarze Cordshorts, die an allen Ecken und Enden mit ungeübten groben Stichen geflickt und ausgebessert sind. Seine nackten, gebräunten Beine stecken in zerbeulten schwarzen Wanderstiefeln. In der rechten Hand hält er ein Klappmesser, ähnlich dem, das Riccardo am Strand verloren hat. In der anderen Hand wiegt er eine Schnitzarbeit, ein Tier, das offenbar kurz vor der Vollendung steht.
    »Sind Sie nonno Antonio Pittu? «, flüstere ich.
    Mein Gegenüber lächelt mich nun offen an und lässt für einen Sarden erstaunlich gut erhaltene Zähne aufblitzen. Statt zu antworten, senkt er den Kopf und versieht das Holztier in seiner Hand mit ein paar letzten gekonnten Schnitzerchen. Dann hält er das Tier ins Licht und dreht es prüfend hin und her. Es ist ein Pferd, erkenne ich nun, ein echtes Meisterstück.
    Ich nicke ihm bewundernd zu.
    » Per te – für dich«, spricht der Alte nun seine ersten Worte mit einem rauen sardischen Akzent und reicht mir das Tier. »Suchst du Riccardo?«
    Gerührt drehe ich das Holzpferd in der Hand. »Sì, signore«, antworte ich. »Wissen Sie, wo er ist?«
    »Hm«, brummt er nachdenklich, klappt das Messer zu und lässt es in einer Tasche seiner Hose verschwinden. »Siehst du den Felsen ganz oben auf dem Berg?«, fragt er mich dann, »diese beiden Wipfel, die zusammen aussehen wie ein U?«
    Ich folge seinem Fingerzeig und drehe den Kopf. »Ja.«
    »Riccardo ist auf dem Weg dort hinauf, um die Aussicht zu genießen.«
    Ich starre ihn ungläubig an, und er grinst freundlich zurück.
    Der will mich auf den Arm nehmen wie den kleinen Riccardo vor vielen, vielen Jahren. Genial, der Typ.
    »Sie meinen, er will es sich in dem Felssattel gemütlich machen?«, lasse ich mich auf sein Spiel ein.
    »Genau, signorina «, lächelt er.
    Zögernd drehe ich das Pferdchen in den Händen. »Dann gehe ich ihm mal hinterher, oder?«, frage ich.
    »Mach das, du musst nur den Weg hier nehmen und dich rechts halten«, sagt der Mann und wedelt mit der Hand in Richtung Berg. »Riccardo wartet schon auf dich.«
    Neugierig marschiere ich in die angedeutete Richtung um den kleinen Innenhof herum, durch einen kleinen Torbogen und gelange auf freies Feld, auf dem ein paar Schafe grasen. Dahinter abgezäunt liegt ein Gemüsegarten, in dem ich von Weitem Riccardo erkenne, der mit einer Schaufel den Boden bearbeitet. Er sieht auf und winkt mir zu.
    »Ciao, bella!«, begrüßt er mich fröhlich, als ich

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