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Amore macchiato: Roman (German Edition)

Amore macchiato: Roman (German Edition)

Titel: Amore macchiato: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathrin Corda
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auf ihn zulaufe.
    Dachte ich’s mir doch. Von wegen auf dem Weg zum Bergwipfel. Der arme Kerl schuftet hier am Boden der Realität.
    »Wie hast du mich hier gefunden?«, keucht er, als ich vor ihm stehe und überlege, ob ich diesen arg verschwitzten Mann wirklich küssen möchte.
    »Sagen wir … dein Opa Antonio hat mich hergeschickt«, erwidere ich, »und mir dieses Pferd hier geschenkt.« Ich zeige ihm meine Ausbeute.
    Riccardo stutzt. »Das hat er getan?«, fragt er. »Sonst ist nonno nicht so freundlich zu fremden Leuten, und er gibt auch nur ungern Auskunft. Der hat noch die alte Banditenvorsicht im Blut, weißt du.«
    »Na, da hatte ich ja Glück, dass er so auskunftsfreudig zu mir war.« Ich muss lachen und verkneife mir jegliche Details. »Was machst du hier?«, will ich stattdessen wissen.
    »Meiner Oma ist eingefallen, dass sie noch einen Sack mit Frühkartoffeln braucht, bevor ich wegfahre.« Er seufzt. »Du weißt ja, wie alte Leute manchmal sind. Nicht nach der Logik fragen, sondern einfach machen.«
    Er wirft die Schaufel in den Sand, streckt die Arme aus und zieht mich zu sich heran. Ich schlinge die Arme um seinen feuchten Hals und bin plötzlich einfach nur glücklich, bei ihm zu sein.
    »Zu Mittag essen müssen wir vor unserer Abreise übrigens auch noch bei ihr«, fährt Riccardo fort. »Es lässt ihr keine Ruhe, dass ich einen ganzen Tag ohne ihre Kochkünste auskommen will.«
    Nach dem Mittagessen fahren wir sofort los. Nonna Maria, Riccardos Oma, hat uns den Wagen vollgestopft mit selbstgebackenen Keksen, Pecorino, den ersten frischen Melonen der Saison, eingelegten Favabohnen und natürlich ein paar Flaschen Mirto und Rotwein. Bei allem dürfen wir uns aussuchen, was wir davon der Verwandtschaft schenken und was wir selbst essen wollen.
    Riccardo sitzt am Steuer, während ich, einen Arm aus dem offenen Fenster gehängt, die beeindruckende Berglandschaft um uns herum betrachte.
    »Deine Großeltern sind etwas ganz Besonderes«, sage ich in unser Schweigen hinein.
    Riccardo schaltet einen Gang höher und schaut in den Rückspiegel. »Ich weiß«, sagt er.
    »Man fühlt sich sofort unglaublich wohl bei ihnen, obwohl man sie nicht kennt und die beiden auch nicht groß mit einem reden.«
    Riccardo nickt. »Ja, sie sind herzensgute Leute. Die Familie meines Großonkels übrigens auch«, fügt er hinzu. »Daher war es mir auch so wichtig, diese Einladung anzunehmen und hinzufahren, seit meine Großeltern die weite Strecke nicht mehr auf sich nehmen möchten.«
    »Weite Strecke?«, frage ich nach. »Wie lange fahren wir denn?«
    »So zwei bis drei Stunden.«
    »Und das finden deine Großeltern weit?«
    »Annika, du wirst dich noch wundern. Du wirst heute Menschen kennenlernen, die in den achtzig Jahren ihres Lebens auf Sardinien noch nie das Meer gesehen haben.«
    Mit einem Trip in die Berge hat Riccardo nicht zu viel versprochen. Schon nach wenigen Kilometern fühlt es sich an, als hätten wir jegliche Zivilisation hinter uns gelassen. Über geschwungene Serpentinenstraßen geht es samt der angehängten Wohnzelle gefährlich wankend steil bergauf, was Riccardo kaum wahrzunehmen scheint. Er lenkt den Wagen gemütlich pfeifend bergan, während ich weniger entspannt die Hände in Sitz und Türgriffe verkrampfe. Wir stoßen, wie er mir erklärt, in Sardiniens höchste Region bei den Monti del Gennargentu vor. Kein Dorf, kein Haus weit und breit, nur knorrige Bäume, Wälder und Berge. Und der Wind, der mit Wucht gegen unser Gefährt bläst.
    Mehrfach machen wir am Straßenrand halt, um einfach nur die Aussicht zu genießen oder um uns auf Riccardos Campingkocher einen Espresso aufzubrühen. Mein Alltag erscheint Lichtjahre weit weg, und ich habe das Gefühl, nach Tagen zum ersten Mal wieder richtig durchzuatmen.
    Irgendwann verlassen wir die Hauptstraße und biegen auf einen holprigen Feldweg ein. Nach einigen Hundert Metern halten wir vor einem alten Bauernhof, der dem von Riccardos Großeltern sehr ähnlich ist. Als wir aussteigen, sind wir sofort von einem Dutzend Kindern umringt, die aufgeregt um meinen Begleiter herumtanzen. Er kniet sich auf den Boden und umarmt ein Kind nach dem nächsten.
    »Dies hier ist Giorgino, der Sohn meiner Schwester«, stellt er mir einen Jungen mit dunklen Locken vor, der bereits wie eine Klette an ihm hängt. Es folgen unzählige Namen weiterer Kinder, die in meinen Augen alle gleich aussehen und alle gemein haben, dass sie barfuß und vom Spielen auf dem Hof fröhlich

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