Amore macchiato: Roman (German Edition)
zu mir kommen?«, biete ich ihm an.
Stille.
»Hm.«
»Willst du?«
»Nee«, kommt dann die Antwort, »ich habe morgen eine Besprechung in Nuoro. Da darf ich nicht fehlen.« Langsam setzt er sich auf und reibt sich die Augen. »Ich hatte gerade einen unglaublichen Traum«, sagt er dann. »Ich hatte mit einer blonden Schönheit Sex am Strand. Mehrmals, wenn ich mich recht entsinne«, fügt er hinzu.
Ich muss lachen.
»Bring mich zurück zu meinem Auto«, bitte ich ihn. »Ich verspreche dir, wenn wir uns wiedersehen, geht der Traum weiter.«
Am nächsten Morgen sitze ich neben Paula im Rathaus in Arzachena vor der Verwaltungsfachangestellten Nicolina Spanu. Krampfhaft versuche ich mich in dem trostlosen Büro mit den deckenhohen Aktenregalen auf das Wesentliche zu konzentrieren, falle vor Müdigkeit jedoch gleich vom Stuhl.
Ich spähe auf die Uhr. Erst vor ein paar Stunden bin ich eine gefühlte Ewigkeit von Riccardo und unserer intimen Bucht zurück ins Hotel in Porto Cervo gefahren, habe viel zu kurz geschlafen und wurde im absoluten REM-Koma-Schlaf durch ein Wummern an der Tür geweckt.
»Annika«, raunte Paulas Stimme aufgeregt, »bist du da? Annika, steh auf, wir müssen los!«
Schlaftrunken taumelte ich zur Tür, entriegelte sie wie in Trance und während Paula ins Zimmer schlüpfte, fiel ich schon wieder kopfüber ins Bett.
»Du bist ja allein.« Paulas Stimme klang enttäuscht.
»Hä?«
»Du hattest doch gestern dein großes Date, und jetzt liegst du hier schon wieder allein? « Sie schien mich geradezu zu rügen.
»Hmm«, schnaufte ich erschöpft. »Bist du etwa gekommen, um mein Bett zu kontrollieren?«
»Nein, nur um dich zu wecken. Ich hatte nicht um Einlass gebeten«, antwortete sie schnippisch. »Lieber«, fügte sie dann hinzu, »wäre ich in dem Glauben geblieben, du führtest ein erfülltes … sagen wir, Leben , anstatt dich hier so einsam vorzufinden«, lästerte sie böse. »Jetzt steh endlich auf, wir müssen los. Unsere Verwaltungsfachangestellte erwartet uns. Sogar Enzo ist schon nervös, weil du nicht kommst.«
Ich musste lachen und rappelte mich langsam auf. Auf dem Weg ins Badezimmer zog ich mir das Nachthemd über den Kopf und ließ es auf einen Stuhl neben der Tür fallen.
»Was ist das denn?«, hörte ich Paula aufgeregt.
»Was?«, fragte ich murmelnd, während ich langsam und immer noch todmüde die Badezimmertür hinter mir zuzog und mich zerknautschtes Elend erschöpft im Spiegel betrachtete.
»Dein Rücken! Annika, so was ist mir nicht mehr passiert, seit ich vierzehn war«, tönte es hochgradig amüsiert hinter der Tür hervor.
Ich drehte mich zum Spiegel um und schaute mir über die Schulter. Auf meinem Rücken herrschte ein wahrer Flächenbrand, überall wunde, aufgescheuerte Haut. Bei dem Anblick kamen auf einmal auch die Schmerzen.
Schmerzen, die immer noch anhalten.
Der wunde Rücken, der durch die holprige Autofahrt noch schlimmer geworden ist, macht mir bald mehr zu schaffen als die Müdigkeit.
» Abbiamo fatto davvero in fretta – wir haben uns wirklich beeilt. Deshalb wäre das jetzt der letzte Schritt, den Sie noch zu erledigen hätten«, höre ich Signora Spanus Stimme von ferne und schrecke zurück in die Realität. Die Verwaltungsfachangestellte meines Herzens macht gerade eine Kunstpause und mustert uns erwartungsvoll.
»Eh, grazie«, stammele ich. Mist, was hat sie wohl gerade erzählt?
»Magst du mal kurz gedanklich hochkommen und dich zusammenreißen, bitte?«, zischt mir Paula von der Seite zu. »Du hast heute Nacht schon genug unten gelegen«, fügt sie grinsend hinzu.
Wo sie recht hat, da hat sie recht.
Ich nehme einen Schluck aus meiner Coladose, die ich mit beiden Händen auf den Knien gehalten habe, und wende mich wieder unserer Gesprächspartnerin zu, die irritiert von mir zu Paula und wieder zurück guckt.
» Signora , könnten Sie mir den letzten Sachverhalt bitte noch mal erklären, ich habe das nicht richtig verstanden. Bitte entschuldigen Sie, Italienisch ist eben eine komplexe Sprache«, versuche ich es mit einem entwaffnenden Lächeln.
Signora Spanu nickt. »Ich meinte damit, dass ich Ihnen alle Unterlagen freigebe. Meine Genehmigung legen Sie nun bitte meinen Kollegen in der Abteilung für Handelsfragen ein Stockwerk tiefer vor, aber das ist praktisch nur noch pro forma. Sardinien kann es sich schlicht nicht erlauben, Wirtschaftsaktivitäten von außen ab zulehnen«, fügt sie hinzu und lächelt uns etwas traurig an.
»Gut,
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