Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Amors Glücksfall (German Edition)

Amors Glücksfall (German Edition)

Titel: Amors Glücksfall (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johanna Wasser
Vom Netzwerk:
ich ihr. Es ist Thailändisch, ganz nach meinem Geschmack. Ich nähere mich den Töpfen und hoffe, dass Mia keine Tipps von mir erwartet. „Machst du bitte die Flasche auf?“, bittet sie Wolfgang und reicht mir einen sauberen Löffel.
    „Ich kann das doch auch .“
    Wolfgang kommt in die Küche und nimmt Mia die Flasche ab. Gut, dann eben doch Wolfgang.
    „Etwas mehr Chili wäre gut“, sage ich als nächstes und wundere mich selbst. Mein Kopf sagt nämlich höchstens so etwas wie: „Lecker, kann aber auch gerne etwas schärfer sein.“ Meine Augen allerdings haben längst den Chilitopf auf der Fensterbank entdeckt und in meinen Fingern beginnt es zu kribbeln. Fasziniert beobachte ich, wie der Koch in mir sich zu Wort meldet, wie er umhergeht, riecht und schmeckt, wie er eine Chilischote pflückt, sie fein säuberlich auseinandernimmt und klein schnippelt. Es ist nichts Großes, was diesen anderen Menschen in Lorenzos Körper wachrüttelt. Und er fühlt sich nicht wirklich an, wie ein anderer Mensch oder ein Geist oder so.
    Für einen kurzen Moment begreife ich, dass es erschrecken d einfach ist. Einfacher als ich angenommen habe. Und im nächsten Augenblick führt diese Erkenntnis mich beinahe an den Rand meines Verstandes. Sofern ich so etwas wie einen Verstand gerade überhaupt besitze. Und plötzlich ist es wirklich so, als stünde ein Geist hinter mir.
    „Und, schon fertig?“, fragt er. Ich drehe mich um und kippe fast um. „Hier, soll ich dir geben!“, sagt er weiter und reicht mir ein Glas mit Rotwein. So ganz aus der Nähe wirkt Karim noch weniger harmlos auf mich. Er prostet mir zu. Ich lege den Löffel hin und stütze mich an der Arbeitsfläche ab. Was findet er bloß an Lorenzo?
    „Danke“, stottere ich, nehme ihm das Glas ab und beginne allmählich zu verstehen, was allen längst klar ist. „Ich glaube, das Essen ist gut“, schiebe ich eilig nach und flüchte ins Wohnzimmer rüber. Wie auf Befehl springt die Gastgeberin auf und läuft an mir vorbei in die Küche. Mit Karim im Schlepptau kommt sie Minuten später zurück und tischt auf. Da sitze ich bereits zwischen ihrem Freund und Stella, die meine Umständlichkeit - so nennt sie meine Bitte, Plätze zu tauschen, damit Karim sich nicht zu mir setzen kann – mit einem strengen Blick quittiert.
    Ich bin mir sicher, dass sie mir am liebsten die Ohren langziehen will. Ich sehe genau, wie sie immer wieder zu Karim sieht, der jetzt neben Mia auf der anderen Tischseite sitzt und so tut, als wäre ihm nichts aufgefallen.
    „Hat Amor nachgewürzt?“, fragt Jü. Sein „Amor“ klingt etwas sauer.
    „Ja“, antworte ich, obwohl Mia schon genickt hat. „Sag mal, hast du irgendein Problem mit mir?“ Wieder ernte ich einen strengen Blick von Stella. Mit einer Gabel voll Reis und einem Stück Hähnchen in Currysauce direkt vor dem Mund fixiere ich Jü eine Weile. Er sagt nichts, dennoch ist da so etwas wie Feindseligkeit in seinem Blick. Ich nehme an, die Sache gilt weniger mir als seiner depressiven Stimmung wegen des Liebeskummers.
    „Was hat die Frau denn angestellt?“, flöte ich möglichst beiläufig, nachdem ich nun doch das Essen in meinem Mund abgeladen und den nächsten Bissen vorbereitet habe.
    „Schon gut“, sagt Jü. „ Das war keine Absicht von mir.“
    „Mia, kannst du mir Brot geben?“, bittet Stella dazwischen. Ich richte meinen Blick auf Jü und warte auf eine Erklärun g. Ich habe ihn doch nicht etwa mit einer Frau verkuppelt, die ihm davongelaufen ist?
    „Wer ist sie überhaupt ?“, versuche ich weiter. Wenn er jetzt sagt: „Die alte Schlampe, die du mir angedreht hast“, bin ich geliefert.
    „ Anna“, antwortet er stattdessen. Wer ist jetzt Anna? Kenne ich sie?
    „Mag jemand noch Brot?“, fragt Mia. „Dann schneide ich noch ein Baguette .“ Karim springt auf.
    „Ich mache schon. Bleib ‘ sitzen!“ Er ist unruhig, das sehe ich ihm an. Dass seine Nervosität mir gilt, ist keine Frage. Ich allerdings tue so, als interessiere mich was anderes.
    „ Anna?“, frage ich unschuldig. So kann ich später so tun, als hätte ich einen Namen verwechselt. Ach die, kann ich sagen, falls sich herausstellt, dass sie meine Nachbarin ist oder eben irgendeine Frau, die ich sonst kennen müsste. Weil ich sie irgendwann doch zusammengebracht habe.
    „Kennst du nicht!“, winkt Jü ab.
    „Sie ist die Kellnerin im ‚Lottchen‘“, mischt sich Wolfgang ein. „Die kleine Blonde“, schiebt er nach. „Kennst du bestimmt!“

Weitere Kostenlose Bücher