Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Amors Glücksfall (German Edition)

Amors Glücksfall (German Edition)

Titel: Amors Glücksfall (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johanna Wasser
Vom Netzwerk:
werden könnte und dass ich das alles gerade nicht träume. Die Tatsache, dass ich in weiße Mul lbinden eingewickelt auf der Intensivstation liege, ist wie ein beschissener Comic über das, was sich hier abspielt. Ich stecke im Körper von einem dicken schwulen Typen, den ich nicht einmal wirklich ausstehen kann. Vielleicht für immer – oder kann ich etwa dem Versprechen trauen, wieder in meinen eigenen Körper zurückzukehren?
    J e länger das alles dauert, desto sicherer bin ich mir außerdem, dass wir zwei uns auf Dauer nicht vertragen werden. Trotz des Unfallschadens, scheint mir das Ganze nun doch ein ziemlich schlechter Tausch zu sein.
    Die Erinnerung an den Hustenanfall meldet sich wie ein Alarmsignal und der Würgreflex steigt sofort wieder die Luftröhre hinauf. „Das werden vier anstrengende Wochen“, stelle ich fest, steige aus der Tram und gehe über die Straße.
    An Lorenzos Haus angekommen nehme ich absichtlich nicht den Aufzug in den fünften Stock, sondern jage seine Pfunde die kleinen Stufen hinauf. Auch wenn ich immer wieder stehen bleiben muss, um durchzuatmen. „Es geschieht ihm ganz recht, dass er so aus der Puste ist“, denke ich, während ich oben ankomme. Ich sperre die Tür auf und gehe Richtung Wohnzimmer, ziehe unterwegs den zerknüllten Überweisungsschein aus der Hosentasche und streiche ihn glatt, bevor ich ihn feierlich auf dem Schreibtisch drapiere. Zur Strafe für die vielen Kilos, die ich mit mir herumschleppen muss. Und für den Hustenanfall.
     

6  Dahoam ist dahoam
     
     
    Der schlaue Lorenzo hat ein extrem ausgeklügeltes System, um seine PIN zu verschlüsseln. Auf der Rückseite der EC-Karte stehen vier Zahlen, jede einzeln in ihrer eigenen Ecke. Fünf-Sieben-Eins-Acht oder auch in jeder anderen Kombination zu lesen. Neben der Fünf hat er allerdings auf der linken Seite einen Punkt aufgemalt. Seltsamer Typ! Ich zweifle keine Sekunde, dass die Zahlenreihe so richtig ist. Allerdings wundert es mich auch nicht besonders, dass sein Konto bis zum Anschlag leer ist. Ganze zehn Euro kann ich noch abheben, bevor ich mich auf den Weg in die Arbeit mache. Diesmal aber wenigstens nicht als Schwarzfahrer.
     
    An diesem Morgen bin ich früh im Büro, nur die schwangere Ruth ist schon da.
    „ Was ist denn mit dir los?“, fragt sie und sieht mir dabei zu, wie ich Lorenzos Arbeitsstation ansteuere und mich in seinen Stuhl quetsche. Ein Blick zu der Plastikpalme, die den Doppelarbeitsplatz von Mia und Lorenzo trennt und in deren Zweigen ein dicker, Buddha-ähnlicher Amor sitzt und ich bilde mir ein, Ruths Kopf sieht aus wie eine langgezogene Honigmelone oder eine übergroße und aufgequollene Gurke. Ist mir noch nie so aufgefallen.
    „Konnte nicht schlafen“, murmle ich und werfe Lorenzos Tasche unter den Tisch. Sie nickt und kauft es mir offenbar ab.
    „Sag mal, kannst du nicht ... ?“, fragt sie nach einer Weile, ohne sich umzudrehen, während ich Lorenzos Computer hochfahren lasse.
    „Was denn?“ , frage ich zurück. Bevor sie allerdings antworten kann, entsteht an der Tür ein Tumult. „Die Auswärtigen“, denke ich und sehe dabei zu, wie die vier pendelnden Nichtmünchner bestens gelaunt das Büro stürmen.
    „Na toll!“ Ruth sieht von ihrer Arbeit auf. „Für die nächste halbe Stunde kann ich den Job ja eh vergessen“, scheint sie zu denken, steht auf und geht in die Küche. Früher hätte sie sich einen Kaffee gekocht. Jetzt stellt sie sicher Wasser für einen Tee auf. Jan, das Adlerauge, auch der Chef der Auswährtigen genannt, kommt an meinen Tisch.
    „Hallo Amor! Gut geschlafen?“ , fragt er und lacht. „Dir wird das Lachen auch noch vergehen!“, denke ich und tue so, als arbeite ich. „Der Chef der Auswärtigen“, grinse ich in mich hinein. Er dreht sich um und guckt Richtung meines Büros, so als ahne er, was ich mit ihm vorhabe. Solange Mark Hübner verhindert ist, wird mir Jan nämlich als sein Vertreter aushelfen.
    Apropos aushelfen. Ich habe für heute eine neue Aushilfe eingeladen, die die schwangere Ruth künftig vertreten wird. Langsam weiß ich daher, was Ruth mich vorhin fragen wollte.
    „Weiß jemand, wo Mark ist?“, fragt Jan außerdem bald. „Hier!“, denke ich, schweige aber vorsichtshalber. Hinterher weisen sie mich noch in die Klapse ein und das war es dann mit den zehn Paaren. Ich kriege nicht mit, was sich gerade in meinem Büro abspielt, weil ich noch immer mit der Anmeldung kämpfe. Mehrfach lasse ich mich von Mike, unserem

Weitere Kostenlose Bücher