Amors Glücksfall (German Edition)
dieser seltsame Wolfgang“, überlege ich. „Hallo Lorenzo“, höre ich und erkenne die Stimme sofort. Vor Schreck lege ich auf. „Er hat sicher gemerkt, dass ich hingegangen bin und er macht sich bestimmt seinen Reim darauf“, denke ich als nächstes. Kann er ja ruhig, er ist angehender Psychologe. Ich kann eh nicht verhindern, dass er sich in diese Geschichte hineinsteigert.
Ich schließe die Haustür auf und betrete das Treppenhaus. Langsam gehe ich nach oben. Warum ruft er mich überhaupt an? Ich halte an und zwinge mich dazu , endlich abzuschalten. Ich habe ganz andere Sorgen als den kleinen Studenten, der mich anhimmelt.
E ine Weile stochere ich am Schloss herum, gehe in Lorenzos Wohnung hinein und lasse mich im Wohnzimmer vor dem Fernseher auf die Couch sinken. Mit einem Handgriff zur Fernbedienung ist die Kiste eingeschaltet. Sekunden später ist zudem mein Hunger vergessen. Ich greife nach der alten Zeitung, die ich in der Früh unter Lorenzos Papierkram gefunden habe und blättere darin herum. Im Hintergrund läuft der Fernseher. Dies ist die einzige Gewohnheit, die ich aus meinem eigenen Leben hinüberretten konnte, weil sie nichts kostet. Ich sehe nicht einmal hin, dennoch beruhigt mich dieses monotone Geräusch. Wenn ich aufschaue, dann nur um nach dem Telefon zu sehen, das zwischendurch immer wieder vor sich hin klingelt. Meine Mutter hat diese Nummer nicht und wenn es Karim ist, dann habe ich ihm noch immer nichts zu sagen. Es ist Wochenende! Am Montag kann er mir erzählen, was er will, aber nicht jetzt. Nach einer Weile nervt es mich so sehr, dass ich aufstehe, im Bedienungsfeld des Telefons nach der Taste für die Lautstärkeregulation suche und solange darauf herumdrücke, bis ich sicher bin, dass das Gerät mich nicht mehr belästigt. „Blinken kann es so viel es will“, beschließe ich und lese weiter. Offensichtlich funktioniert Lorenzos Magen anders als meiner. Nachdem ich mich beruhigt habe, beginnt es in seinem Körper wieder zu grummeln. Ich habe Hunger, stehe auf, gehe in die Küche, hole eine Tomatenpaste aus dem Kühlschrank und stelle einen Topf Wasser auf den Herd.
„ Die Nudeln brauchen genau acht Minuten, um bissfest zu werden“, lese ich auf der Plastikverpackung. Ich wusste gar nicht, dass Kochen so einfach ist. Es ist kein Döner und schon gar keine Pasta vom Edelitaliener um die Ecke. Doch während das Wasser zu köcheln beginnt und die Nudeln sich in dem Kochtopf ausbreiten, rieche ich das leckerste Gericht der Welt und in meinem Mund läuft es zusammen. Ich drücke die Paste über dem Topf aus, schütte ein wenig Salz und Pfeffer ins Wasser und stelle die Hitze hinunter. Es riecht mit jeder Minute immer besser. Ich komme mir richtig professionell vor, zähle die letzten Sekunden und gieße das Tomatenwasser ab. Im Teller sehen die Nudeln etwas seltsam aus: rosa, bröckelig und alles andere als professionell. Doch der Hunger treibt sie hinunter. Zugegebenermaßen schmeckt mein Essen auch weniger gut, als ich es zuvor gedacht habe. Dennoch esse ich vollständig auf. In meinem Bauch fühlt es sich warm an. Zufrieden und satt trotte ich ins Wohnzimmer zurück und lege mich erneut auf die Couch. Minuten später döse ich fast ein, so gut geht es mir.
Gerade wiege ich mich in Sicherheit, als es an der Tür Sturm klingelt. Im ersten Moment schrecke ich nur hoch. Es ist mir nicht klar, dass es nicht das Telefon ist. Doch als ich eingeordnet habe, von wo das Geräusch kommt, befürchte ich das nächste Problem. Dennoch gehe ich hin und öffne die Tür.
„Hi Lorenzo!“, sagt ein mir völlig unbekannter Mann mit blonden, nach hinten gekämmten Haaren, drückt mir eine Flasche Rotwein in die Hand und geht an mir vorbei ins Innere der Wohnung. Unwillkürlich fasse ich mir an den glattrasierten Kopf. „Wieso legst du auf, wenn ich dich anrufe? Hast du Besuch?“, fragt er gehetzt. „Und auf meine SMS hast du auch nicht reagiert“, setzt er nach. Sein Sprechtempo ist so schnell, dass ich Mühe habe, ihm zu folgen. Langsam vermute ich aber, dass er der Absender der Nachricht ist, die am Nachmittag ohne einen Namen eingegangen war.
„Hast du eine neue Nummer?“, frage ich zurück. Erst jetzt wird mir bewusst, dass es nicht Karim war, der mich angerufen hat. Ich verstehe gar nicht, wie ich das glauben konnte. Die Stimme hier klingt überhaupt nicht nach meiner neuen Aushilfe.
„Ja“, höre ich aus dem Wohnzimmer. Es wäre mir lieber, ich hätte Besuch von den Zeugen
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