Amors Glücksfall (German Edition)
beschissen wie zwei Wochen Angeln auf hoher See ohne einen einzigen Fisch. Wenn ich gewusst hätte, dass diese Calopea mich heute aufsucht, ich hätte keinen Tropfen angerührt. Aber wer weiß, ob sie mich nüchtern überhaupt heimsucht! Jetzt klopfe ich mir ungläubig auf die Brust. Da soll noch jemand anders drin sein? Nie im Leben! Ich denke daran, wie ich Lorenzo sein Geheimnis entlocken wollte. Und was ist? Kein Wort hat er gesagt, nüschz!
Ganz langsam tauchen Erinnerungen in mir auf, die mit Karim zu tun haben und auch die Sache mit meiner plötzlichen Abneigung gegen Zigaretten und der Panikattacke, die ich neulich im Büro bekommen habe.
„Und w arum sagt er dann nichts?“, frage ich vorsichtig. „Hey du“, tippe ich mir wieder auf die Brust. Das Ergebnis ist mau. Mir wird nur noch schlechter, mehr passiert nicht.
„Keine Ahnung. Laut Amor hat ihm jemand das Herz gebrochen, weswegen er die Freude am Leben verloren und sich allzu bereitwillig auf den Deal eingelassen hat.“
„Was für ein Deal?“ Ich glaube, dass ich jetzt etwas lauter werde. Machen sie diesen Mist hier etwa auch mit anderen Menschen? „Was für ein Deal?“, wiederhole ich.
„Liebe heilt man mit Liebe, verstehst du?“ Calopeas Stimme ist plötzlich wie verwandelt. Keine Spur vom gehässigen Ton, der mich zuvor so geärgert hat. Allerdings sagt mir der Spruch nicht besonders viel. Ich kann mich erinnern, dass es in Lorenzos Leben einen Vassili gab, der ihm wohl ziemlich zugesetzt hat. Aber deswegen sich einfach verziehen und jemand anderes machen lassen? Mein Ding wäre es jedenfalls nicht. Ich sehe zu der Taxifahrerin.
Sie biegt in eine Seitenstraße ein und bleibt stehen. Ich kenne die Gegend nicht. „Es ist so“, redet sie weiter und macht den Motor aus. „Lorenzo wird irgendwann wiederkommen.“ Aha, also ist er jetzt doch nicht im gleichen Kör per wie ich.
„Und ?“, frage ich ungeduldig dazwischen. „Wo ist eigentlich dieser Amor?“, überlege ich. Was sie erzählt, verwirrt mich mit jedem Satz immer mehr.
„Lorenzo schwankt im Grunde zwischen euch beiden und was Amor angeht: Er ist an einem schönen Ort, wo er eigentlich am liebsten bleiben will.“ Sie atmet durch, so als müsse sie mir gleich etwas Wichtiges mitteilen. „Wir wissen jetzt, dass er nicht zwangsläufig vor Ort sein muss, damit seine Aufgabe erfüllt werden kann.“ Ich merke immer mehr, dass mir die Sache hier nicht gefällt. Was heißt denn das schon wieder?
„Ja?“, irgendwie ahne ich, dass jetzt nichts Gutes kommt.
„Es ist so, dass Amor bald weiterziehen wird. Im Grunde hat er sich sowieso viel zu lange bei euch aufgehalten.“ Sie murmelt etwas, was ich nicht verstehe.
„Was?“, frage ich nach.
„Es gab eine Nuss, an der er sich die Zähne ausgebissen hat. Deswegen ist er überhaupt da geblieben.“
„Was für eine Nuss denn?“, überlege ich laut. Sofort fällt mir aber was anderes ein. „Auch egal, ich habe gerade genug eigene Probleme“, entscheide ich und gehe auf ihren letzten Satz gar nicht erst ein. „Und jetzt?“, frage ich stattdessen.
„Na du machst dich doch gut an seiner Stelle“, wagt sie sich langsam aus der Reserve. Ich beginne zu ahnen, auf was sie hinaus will.
„Was soll das heißen?“ Ich denke an meinen Körper im Krankenhaus. Sie schweigt. „Komm schon, Calopea, ich brauche nur noch drei Paare!“, sage ich. Das klingt viel zu unsicher, obwohl ich es ganz im Gegenteil ruhig und souverän aussprechen wollte. Sie weicht meinem Blick aus. „Kann denn Lorenzo das nicht übernehmen? Er hat doch die ganze Zeit zugesehen. Falls er da wirklich drin ist,“ ich tippe mir auf die Brust: „dann weiß er ja jetzt, wie es geht.“ Ich überlege. Bis eben noch dachte ich, ich bin eine Niete in Sachen Verkupplung. „Und vorher hat er ja auch quasi dem Meister selbst zugesehen.“ Ich hoffe, dass dieses Argument stichhaltig ist. „Lorenzo kann das bestimmt.“ Wieder zu unsicher.
„Kann ja sein“, antwortet Calopea endlich. Ich denke an Karim, der Lorenzo mit Sicherheit aus seiner Lethargie herausholen kann. Wenn es üb erhaupt jemand kann, dann bestimmt er! Er ist ein Fan von Lorenzo.
„Das wird er, ich weiß das genau!“ Drei Paare. Mein Kopf platzt beinahe vor lauter Gedanken.
„Im schlimmsten Fall ...“ Sie unterbricht sich, startet den Motor.
„Was für ein schlimmster Fall bitte?“, frage ich, jetzt endgültig panisch. „Calopea? Was meinst du genau?“ Sie sieht mich lange und
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