Amsterdam-Cops 04 - Tod eines Strassenhaendlers
Mijnheer.»
«Aha. Und die Leiche, hast du irgendwelche Spuren gefunden?»
«Nur was Cardozo Ihnen sicherlich schon gesagt hat, Mijnheer. Er ist mit einem Messer ermordet worden. Ich denke, er hat versucht, Sie telefonisch zu erreichen, dort drüben von der Zelle aus. Es muß heute sehr früh gewesen sein, etwa um vier, sagte der Arzt. Vielleicht hat er hier den Mörder auf der Straße umhergehen sehen. Vielleicht dachte er, verkleidet als alte Frau sei er sicher. Er ist in die Telefonzelle gegangen und hat ein Messer in den Rücken gekriegt.»
«Ja», sagte der Commissaris. «Sie hat versucht, mich anzurufen, ist aber nicht mehr dazu gekommen. Arme Elisabeth. Sie muß meine Nummer gewählt haben, als der Mörder sie erstach. Elisabeth war eine ‹sie›, de Gier, du solltest von ihr nicht von ‹ihm› sprechen. Sie war eine nette alte Frau und mutig dazu. Ich hätte sie nie bitten sollen, uns zu helfen. Sie hätte in der vergangenen Nacht im Bett liegen sollen mit Tabby, um ihr die alten Füße zu wärmen.»
«Sie war nicht im Bett», sagte de Gier. «Sie war hier und beobachtete, wie der Mörder zum Tatort zurückkehrte. Und ich hätte ebenfalls hier sein sollen. Und Grijpstra. Sie wurde aus der Telefonzelle zum Wasser geschleppt; wir fanden Blutspuren auf dem Kopfsteinpflaster. Der Mörder konnte sich soviel Zeit lassen wie er wollte. Er hat die Leiche nicht einfach hineingeworfen. Wenn er das getan hätte, wäre sie wieder an die Oberfläche gekommen und ziemlich schnell entdeckt worden. Er hat sie mit einem Stück Seil verschnürt. Es ist erstaunlich, daß die Wasserschutzpolizei sie so schnell gefunden hat. Sie war zwischen der Ufermauer und dem Hausboot dort drüben gut versteckt.»
«Dir ist also nichts Besonderes aufgefallen? Abgesehen von den Blutspuren?»
«Doch, Mijnheer. Die Knoten in dem Seil. Das waren fachmännische Knoten eines Seemanns oder eines erfahrenen Fischers. Dabei fällt mir ein, Mijnheer …»
«Ja? »
«Ich glaube, ich weiß ein wenig mehr über die mit Stacheln gespickte Gummikugel, mit der Abe Rogge ermordet wurde.»
«Schieß los.»
«Ich habe mal gesehen, wie ein paar Kinder mit einem Ball spielten, der an einem Gummiband befestigt war. Das Gummiband wurde von einem Gewicht gehalten, das auf der Straße stand. Ich denke, die Kugel, mit der Rogge umgebracht wurde, war ebenfalls an einem Band befestigt. Der Mörder hat sie nachher damit eingeholt, womit erklärt ist, warum wir sie nicht gefunden haben. Und ich glaube, der Mörder stand nicht auf der Straße; er befand sich auf dem Dach des alten Hausboots, das gegenüber Rogges Haus festgemacht ist. Vielleicht hatte er sich hinter dem Schornstein versteckt. Sie können den Schornstein dort drüben sehen, Mijnheer.» De Gier zeigte hinüber zur anderen Seite vom Recht Boomssloot.
«Ja», sagte der Commissaris. «Deshalb hat ihn auch die Bereitschaftspolizei auf der Straße nicht gesehen. Das meinst du doch, nicht wahr? Aber auch auf dieser Seite der Gracht haben Bereitschaftspolizisten patrouilliert. Hätten die ihn nicht sehen müssen?»
«Er muß sehr schnell gewesen sein, Mijnheer. Er hat sich im Hausboot versteckt, ist im richtigen Moment durch eines der Fenster gekrochen, hat die Kugel geworfen, sie wieder eingeholt, ist durch das Fenster zurückgekrochen und später verschwunden, als die Polizisten am anderen Ende der Straße waren. Sie haben ihn einfach passieren lassen. Er sah vermutlich wie ein gewöhnlicher Bürger aus und nicht wie ein Krawallmacher. Ich nehme an, sie hielten ihn für jemand, der in der Straße wohnt und einkaufen gehen will.
«Der Mörder könnte auch eine Frau gewesen sein», sagte der Com missaris. «Abe Rogge hatte viele Freundinnen. Eine eifersüchtige oder gedemütigte Frau. Zwei von ihnen soll ich heute aufsuchen. Du hast mir Namen und Adressen gegeben, erinnerst du dich? Ich bin sicher, beide sind jung und kräftig und fähig, eine Kugel zu werfen.»
De Gier schüttelte den Kopf.
«Du glaubst nicht, daß der Mörder eine Frau gewesen sein könnte, Brigadier?»
«Es könnte sein, Mijnheer. Warum auch nicht? Aber mir ist die tödliche Treffsicherheit der Kugel unbegreiflich. Auch vom Dach des Hausboots dort ist die Entfernung ziemlich groß, und die Kugel traf Rogge mitten ins Gesicht. Wenn die Kugel nun abgeschossen worden wäre – ich glaube, wir haben es mit einer Höllenmaschine zu tun, Mijnheer.»
Der Commissaris verzog das Gesicht.
«Nun, es könnte doch sein, nicht wahr,
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