An den Gestaden von Chaldewallchan - Der Atem des Drachen (German Edition)
Hüne drehte sich um und erblickte den Jungen, der ängstlich am Eingang stand.
„Mein Gott! Du hast nicht gelogen!“ Bär lächelte Natas an, aber dieser hatte sichtlich Angst vor der riesigen Gestalt und trat einen Schritt zurück. Noch nie in seinem Leben hatte Natas solch einen großen Me n schen gesehen. Wolf wirkte wie ein heranwachsendes Kind neben dem Giganten, aber er schien deswegen nicht b e sorgt zu sein, geschweige denn Furcht zu haben, also beschloss Natas, sich etwas zu beruh i gen und das Ganze aufmerksam zu verfolgen.
„Ich habe hier in der Gegend eine kleine versteckte Hütte mit Vorräten. Am besten nimmst du den Jungen und folgst mir. Dort können wir reden und ich kann deine Wunde versorgen, auße r dem, denke ich, der Junge braucht etwas Wärmeres zum Anzi e hen!“
Wolf blickte zu dem Jungen und winkte ihn zu sich. „Natas! Pack unsere Sachen zusammen und bring sie zu mir, wir werden die Einladung annehmen!“
„Seltsamer Name für ein Kind?“, raunte Bär und schaute nac h denklich zu seinem Freund, der daraufhin ratlos mit den Achseln zuckte.
„Es stand auf seiner Kleidung und bisher hat er mir keinen and e ren Namen genannt!“
Natas hatte das Bündel gepackt und rannte über die Lic h tung zu Wolf, der ihm die Tasche abnahm und Sturm auf den Rücken band. Dann hob Wolf den überraschten Jungen in die Höhe und setzte ihn auf den Rücken des Pferdes. Das Tier war nicht begei s tert und schnaubte störrisch und unzufrieden.
„Ruhig Sturm! Das geht in Ordnung. Lauf mir einfach hinte r her!“ Er streifte die Zügel über den Kopf des Hengstes, nahm sie in die Hand und lief zusammen mit Bär über die Lichtung.
„Es ist nicht weit. Vielleicht eine Stunde!“ Der riesige Mann strich dem Jungen lächelnd über den Kopf, woraufhin Natas empört seine Hand wegschlug. Bär lachte und schüttelte seine Finger, so als hätte das Kind ihm ernsthaft weh getan. Natas blickte ihn böse an.
Wolf, Sturm und der kleine Reiter folgten dem Giganten. Die verletzte Schulter brannte wie Feuer, denn das Kraut entfalt e te jetzt seine heilende Wirkung und Wolf wusste, dass dieser Vo r gang keine schmerzfreie Angelegenheit war.
Wenige Stunden später hatten sie die versteckte Hütte e r reicht, deren Eingang zwischen zwei gewaltigen Felsen hinter einer Wand von Dornenhecken verborgen war. Bär hob die schwere Barriere mit Leichtigkeit zur Seite, sodass Wolf anerkennend l ä -cheln musste.
„Es gibt zwar hier draußen kaum etwas zu essen, aber es reicht, um nicht schwächlich zu werden!“, brummte Bär mit tiefer Stim-me, als er das Schmunzeln seines Freundes b e merkte.
Natas war auf dem Rücken des Pferdes eingeschlafen und um-armte freundschaftlich seinen Hals, während sein ve r knautschtes Gesicht auf dem Nacken des Tieres ruhte, das sich jedes Mal leise beschwerte und die Ohren verdrehte, wenn der Junge beim E i n-atmen laut schnarchte.
„Ich habe in der Hütte eine gemütliche Schlafstelle und ich bin überzeugt, die wird er deinem Ross vorziehen!“ Bär öf f nete die niedrige Holztür des Verstecks. Die alten Scharniere quietschten empört auf und er musste etwas nachhelfen, um den widerwill i gen Mechanismus aufzudrücken.
Die drei verbrachten den ganzen Tag in dem Versteck. Wä h rend die zwei alten Freunde über vergangene Zeiten sprachen, schlief der Junge, dick eingepackt in Tierfelle, auf einer einfachen Hol z liege. Auf ein Feuer hatten sie verzichtet, denn der Rauch wäre weithin sichtbar gewesen und unter keinen Umständen soll-ten weitere Verfolger diesen Ort au s findig machen können.
Die mit Lehm abgedichteten Holzwände und die zahllosen Tie r häute, mit denen die Hütte ausgelegt war, boten einen ausre i chenden Schutz gegen die klirrende Kälte, die das Land gegen Abend wieder mit eisiger Hand umgriff.
Wolf erzählte seinem alten Freund von der seltsamen Aura des Kindes, die ihn gefangen und ihn dazu gebracht hatte, sein altes Leben hinter sich zu lassen. Bär hörte aufmerksam zu, und sein Gesichtsausdruck wurde sehr nachdenklich, als er die unheiml i che Begegnung mit der alten Hyrone vernahm.
„Unglaublich …!“ Der Hüne hatte es sich auf den Fellen, die auf dem Boden lagen, bequem gemacht und trank einen krä f tigen Schluck von seinem selbstgebrauten Met. „Und die Wunde sieht wirklich aus, wie die Pranke eines Tieres?“
Wolf nickte.
„Ich glaube, ich habe etwas ähnliches schon mal gehört. Es gibt ein kleines Dorf am Rande des grünen
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