An den Gestaden von Chaldewallchan - Der Atem des Drachen (German Edition)
Weiten seiner verlorenen Heimat Elloria gleitete und er seinem Unterbewusstsein gestattete, längst vergangene Erinn e rungen aus seiner idyllischen Kindheit freizugeben, bevor die schwarzen Schwestern den Verstand seines stolzen Volkes vergi f teten und ihr Schicksal auf ewig mit dem der seinen ve r schmolz. Kasim existierte seit mehr als tausend Jahren auf der emotionsl o sen Ebene eines Kriegers und nur im Traum war es ihm und seinen beiden Brüdern erlaubt, die Grenzen zu übe r schreiten und ihr anderes, vergangenes Ich zu beobachten, ohne aber den Reiz zu begreifen, der sie immer wieder hier herführte oder zu ergrü n den, warum diese Träume ihnen Ruhe und Frieden gönnten.
Außerhalb des makaberen Schlupfwinkels wurden Stimmen laut, als der verletzte Anführer das heruntergekommene Wirtshaus in Begleitung Geralds verließ und im Schutze der kleinen Veranda stehen blieb.
„Euer Proviant wurde aufgefüllt und alle Tiere versorgt, Herr! So wie ihr es befohlen habt!“ Bei diesen Worten schaute er misstra u isch um sich, um vie l leicht eine Spur seiner beiden speziellen Gäste zu entdecken, die so schnell und unverhofft aufgebrochen waren.
„Danke!“, erwiderte der Hauptmann leise und nickte, „Elde r wall steht in eurer Schuld!“
„Aufbruch!“, befahl er den Soldaten und vollführte mit erhob e ner Hand eine kreisförmige Bewegung.
Die berittenen Landser zogen an den Zügeln ihrer aufge b rachten Pferde und begaben sich augenblicklich in Formation. Zwei So l daten halfen ihrem verletzten Anführer beim Aufsi t zen.
„Wenn ihr an eurem Leben hängt, solltet ihr bald verschwi n den!“, rief er Gerald noch zu, als er sein Pferd in Richtung der Hauptstrasse lenkte und der Tross sich langsam in Bewegung setzte.
„Macht euch um mich keine Sorgen, ich komme schon klar!“, entgegnete der dicke Wirt und hob zum Abschied zögerlich die Hand.
Der einfache Totenwagen, mit seiner aufgeregt schellenden Gl o cke, wendete, und die großen beschlagenen Speichenräder scha b ten unter dem Gewicht der unheilvollen Ladung, tiefe Furchen in den Boden.
Lange blieb Gerald auf der kleinen, sturmumpeitschten V e randa stehen und schaute ihnen hinterher, wie sie allmählich im Dunkel der Nacht verschwanden, als sich unvermutet die Plane des Ka r rens leicht anhob und ihm ein wohlbekanntes Gesicht entgegen- g rinste.
„Teufel noch mal“, erschrak er, „dieser Wicht hat wirklich vor nichts Respekt!“ Lächelnd holte er seinen Pfeife aus der Hosent a sche, steckte sie in den Mund, entzündete sie mit vorgehaltener Hand, nahm einen kräftigen Zug und blies den dichten Rauch in den gierigen Sturm, dann drehte er sich um und kehrte kop f schüttelnd in sein Wirt s haus zurück.
Als sie die Hauptstraße erreichten und sich in den nicht e n den wollenden Flüchtlingsstrom einreihten, machten die Menschen ehrfürchtig Platz beim Klang der Gefallenenglocke und lichteten ihre Reihen, um den stolzen Kriegern und ihren toten Kamer a den das Weiterkommen zu erleichtern.
Der Morgen dämmerte und die ersten wärmenden Strahlen der aufgehenden Sonne vertrieben die dunklen Wolken des nächtl i chen Sturms. Die Vorboten des Frühlings entfalteten sich triu m phierend auf den weitreichenden Wiesen, die den breiten Pfad auf beiden Seiten säumten, und die schweren Herzen der Schut z suchenden erfüllten sich mit einem Funken Hoffnung, als sie die wehrhaften Mauern der alterwürdigen Stadt in der Ferne erkan n ten.
IV. Aufbruch
Trotz seines schmerzenden Auges hatte Adler schnell in einen tiefen Schlaf gefunden und selbst das laute Schnarchen seines Freundes, der im Traum krampfhaft seinen Hammer umkla m merte, konnte den Bogenschützen nicht aus dem Reich der Träu-me reißen. Sein erschöpfter Körper war durch das Gift der Schlange zu geschwächt, um das Geschenk der e r holsamen Pause abzulehnen. Auch Gals Rückkehr bemerkte er nicht und wie sie leise versuchte, Stier zu wecken. „Ich bin sterbensmüde, Stier!“, flüsterte sie ihm zu und tippte ihm dabei auf die Schulter, w o raufhin der schlummernde Krieger erschrocken aufsprang, seine Waffe mit beiden Hä n den packte und wild entschlossen seine Umgebung absuchte.
„Beruhige dich, mein Freund! Es ist niemand hier“, besänfti g te sie ihn.
„Entschuldige Gal!“, murmelte Stier schlaftrunken und krat z te sich beschämt am Hinterkopf, „ruh dich aus. Ich werde Wache halten!“ Er schwang seinen Hammer auf die Schulter und stapfte schwe i gend
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