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An den Ufern des goldenen Flusses (German Edition)

An den Ufern des goldenen Flusses (German Edition)

Titel: An den Ufern des goldenen Flusses (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Isabel Beto
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schenkelhohen Wasser herum und ließen ihre spitzen Brüste hüpfen.
    Enttäuscht kehrte sie um. Vor diesen wildfremden Frauen konnte sie sich unmöglich entkleiden.
    Sie kam vom Weg ab und fand sich in einem kahlen, hügeligen Gelände wieder. Überall stachen Wurzeln aus dem steil abfallenden Erdreich, das der Fluss ausgewaschen hatte, wie auch die grauen Schmutzlinien an den Bäumen verrieten. Drei Capybaras flüchteten aus einem Schlammloch, in dem sie sich gesuhlt hatten. Janna entdeckte in der Tiefe einen glitzernden Wasserlauf. Indios in kleinen Einbäumen paddelten in Richtung der Mission. In ihren prallgefüllten Netzen glänzten Fischleiber.
    Sie folgte dem Bach bis zu einer kleinen Bucht. Auch hier fielen die von Wurzeln überwucherten Erdwände schräg ab. Ja, nun erinnerte sie sich auch, dass man sie diese aus Wurzeln und Brettern gefertigte Treppe hinaufgetragen hatte. Etliche Einbäume waren ordentlich an einem Steg festgemacht.
    «Aber das ist ja seine Piroge!», rief sie. Ein Mönch, der am Rand der Bucht stand, drehte sich zu ihr um.
    «¿Cómo?»
    «Das ist Arturos Boot», wiederholte sie auf Spanisch und deutete auf den übel zugerichteten schwarzen Rumpf mit der roten Schlange. «Die Maria. »
    «Maria?»
    «Er hat es nach Maria Lionza benannt.»
    «Ach so.» Er verzog das Gesicht, als hätte er in eine saure Frucht gebissen. «Die Sálipure – so heißt das Indianervolk hier – haben es geborgen. Die Ladung allerdings ist verloren. Die Männer fanden ein paar treibende Säcke mit Vorräten, aber die sind verdorben.»
    Also hatte Arturo alles verloren. Und sie? «Mein Koffer! Ich hatte einen kleinen schwarzen Koffer, mit Büchern und … ach, das ist ja nicht so wichtig. Aber was tut denn der Mann dort?»
    Mit einer Hand die Kutte gerafft, die andere in die Höhe gereckt, rannte sie zu einem Indio, der mit der linken Hand den langen Schwanz eines Leguans festhielt und mit der rechten eine Axt hob.
    «Das ist Pizarro! Lassen Sie ihn los!»
    Der Mann ließ die Axt sinken. Grenzenlose Verwirrung machte sich auf seinem Gesicht breit. Andere kamen näher und nahmen Janna in Augenschein. Sie bückte sich nach dem grünen Leguan. Diese Tiere waren zäh und gute Schwimmer. Und sie war sich ganz sicher, dass er es war. Sie hob ihn hoch.
    Wie sollte sie das nur erklären? «Der ist nicht zum Essen. Er darf nicht angerührt werden, verstehen Sie?»
    Ob er wirklich verstand, wusste sie nicht. Aber er ließ den Schwanz los, und sie lief mit ihrer zappelnden Last in Richtung des Missionsdorfes.
    «Wo finde ich Arturo?», fragte sie einen der Mönche, der verwundert das Tier auf ihrem Arm musterte. Er führte sie ans andere Ende des Dorfes und zeigte auf eine Hütte.
    Janna fühlte Beklommenheit, als sie darauf zuging. Mit dem Ellbogen schob sie den Vorhang ein Stück beiseite. Sein Logis sah nicht anders aus als ihres. Er lag in der Hängematte, nackt bis auf seine Kniehosen. Sein Kopf war zur Seite gesackt; seine halb aufgelösten Zöpfe lagen auf seiner Brust. Von seinem primitiven Schmuck, den ledernen Schnüren mit den Schneckenhäuschen, hatte nur eine am Fußgelenk die Reise überstanden. Janna räusperte sich. Beim geringsten ungewohnten Geräusch pflegte er sich wachsam aufzusetzen, doch diesmal nicht. Er schlief wie ein Toter.
    Die Entkräftung war seinem von Bartstoppeln übersäten Gesicht anzusehen. Wie viele Stunden hatte er sie in den Armen gehalten und sich gegen die Strömung gestemmt, selbst nur von einem versunkenen Baum gestützt, von dem er nicht gewusst hatte, ob er nicht jederzeit wegbrach? Zum dritten Mal hatte er ihr Leben gerettet. Dass sie ohne ihn erst gar nicht in diese Lage geraten wäre, mochte sie ihm jetzt nicht vorwerfen. Diese Leistung war unmenschlich gewesen.
    Pizarro zappelte. Janna betrat die Hütte, und endlich hob Arturo die Lider.
    Gemächlich drehte er den Kopf in ihre Richtung. Was in seinen Augen aufblitzte, war Freude. Sie trat zu ihm und ließ das Tier auf seinen Bauch gleiten. Seine Hände umfingen es.
    «Sie wollten ihn schlachten. Ich konnte es gerade noch verhindern.»
    Sein Blick wanderte ihren seltsamen Aufzug hinunter und zurück zu ihrem Gesicht, wo er lange verweilte.
    «Danke», sagte er rau.
    «Ich – ich bedanke mich auch», murmelte sie, machte auf der Ferse kehrt und hastete hinaus.
    ***
    Nach den Wochen des wilden Lebens wirkte das Refektorium mit seinen lehmverputzten Wänden und dem langen Tisch und den Bänken beinahe wie ein Salon. Der

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