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An den Ufern des goldenen Flusses (German Edition)

An den Ufern des goldenen Flusses (German Edition)

Titel: An den Ufern des goldenen Flusses (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Isabel Beto
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welcher Schatzsucher würde eine Dame mit sich schleppen? Auch noch eine Europäerin?
    Er lehnte sich zurück und verschränkte die Finger. «Etwa fünf Meilen südöstlich, tief im Landesinneren, gibt es Felsen, die solche roten Einschlüsse aufweisen. Frater José Maria kann darüber sicher Genaueres sagen; er war in jungen Jahren voller Forschergeist und ist weit ins Landesinnere vorgedrungen. Aber zu welcher Jahreszeit wurde diese Aussage denn gemacht?»
    Hatte der Schreiber erwähnt, wann er dort gewesen war? Sie konnte sich nur an die Jahreszahl erinnern. Arturo ballte eine Faust; seine Kiefer mahlten. Er reckte den nackten Oberkörper, griff in seine Hose und hielt ihr den Brief hin.
    «Sieh nach!»
    Sie brauchte eine Weile, bis sie begriffen hatte. Es war so anstrengend, sich in Gegenwart des Guardian ständig zu ermahnen, diesen Körper nicht anzusehen. Rasch überflog sie die verblassten Zeilen. «An Romuald», murmelte sie und gab ihn zurück. «Ich weiß nicht, was das für ein Tag ist.»
    «Ah, San Romualdo. Der 19. Juni», half Frater Sebastián freundlich aus. «Dann fällt es ja nicht so sehr ins Gewicht, dass Sie auf Frater José Marias Rückkehr warten müssen. Er weilt derzeit am Amazonas.»

    «¡Carajo!», fluchte Arturo und schlug mit der Faust gegen den Stützpfosten seiner Hütte. «Dass ich daran nicht gedacht habe!»
    «Aber was bedeutet das denn?» Sie stand am Eingang und sah ihm zu, wie er hin- und herlief. Unhöflich, wie er war, war er aus dem Arbeitszimmer des Guardian gestürmt.
    «Verstehst du denn nicht?» Er warf die Hände hoch. «Der Ort ist nur zu finden, wenn der Fluss die gleiche Höhe wie damals hat. Heute liegt das Gebiet wahrscheinlich trocken. Wir hätten keine Ahnung, wo wir suchen sollen. Also müssen wir warten, bis der Fluss steigt und sich ausbreitet.»
    Ihr fiel das Kinn herab. «Das sind noch mehr als vier Monate!»
    «Ja.»
    «Bitte? Wir sollen hier vier Monate leben?»
    «Du hast es verstanden.»
    Nein. Nein, nein! Ihr schwindelte. Sie wankte zu seiner Hängematte und sackte darauf nieder. Pizarro, der dort geschlafen hatte, blinzelte schläfrig neben ihrer Hüfte. Noch vier Monate im Urwald? «Können wir nicht sofort dorthin, wo diese Felsen stehen sollen?»
    Arturo gab ihr mit den Fingerknöcheln eine Kopfnuss gegen die Stirn. «Denk nach. Wir können es nicht.»
    In Wahrheit musste sie nicht nachdenken, denn es war leicht zu begreifen: Wenn sie jetzt aufbrechen würden, müssten sie sich mit der Machete einen Weg durch trockenes, unwegsames Gelände bahnen, ohne das Ziel genau zu kennen. Im Juni jedoch, wenn sich der Fluss ausgebreitet hatte, konnten sie einfach mit einem Kanu zu den Felsen fahren – wahrscheinlich mit der Wegbeschreibung des Fraters José Maria in der Tasche.
    Ihr war, als habe man schwere Steine auf ihre Schultern gelegt. Einen Tag nach dem anderen hinter sich zu bringen, bis sie sich zu Wochen reihten, war eines. Im Voraus zu wissen, dass es Monate sein würden, fühlte sich noch einmal ganz anders an.
    Das schaffst du , ermahnte sie sich mit dem Tonfall Oma Inekes. Du bist doch nicht aus Zucker .
    Vielleicht käme es ja anders: Der Fluss stieg schneller. Oder ein Krokodil kam und schnappte sich Arturo.
    Er rieb sich nachdenklich über die indigoschwarzen Haare. «Wir werden es hier eben aushalten müssen. Genug Zeit jedenfalls, um das Boot zu überholen. Und vielleicht mehr in Erfahrung zu bringen. Etwas anderes bleibt uns nicht übrig.»
    «Sie könnten mich gehen lassen. Ich verzichte auf meinen Anteil.»
    «Auf keinen Fall!», donnerte er, dass sie meinte, die Wände der Hütte müssten wackeln. Wie sollte sie auch ohne ihn zurückkehren? Seit langem hatte sie keine Schiffe gesichtet. Nur indianische Einbäume.
    Er beugte sich herab und legte eine schwere Hand auf ihre Schulter. «Janna, ich traue dir nicht.»
    «Warum sind Sie so versessen auf dieses Gold?»
    «Ich habe meine Gründe.»
    Seine Hand glitt an ihrem Arm hinunter und nahm ihr das Pergament ab. Ihre Haut fühlte sich, da er sie nicht mehr berührte, seltsam kühl an. «Ich wünschte wirklich, Sie würden öfter den Mund auftun.» Zumal es ein so schöner Mund ist , dachte sie. Dass bei diesem Mann das Äußere und das Innere aber auch so weit auseinanderklaffen mussten …
    «Noch öfter? Seit ich dich am Hals habe, komme ich mir vor wie ein alter Indio, der ständig am Lagerfeuer irgendetwas zum Besten geben muss.»
    Sie schwang sich auf die Füße. «Ich bitte Sie!

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