An hoechster Stelle
ausgezeichnetes Essen und kostenlosen Champagner; die Sitze waren zwar etwas klein, was bei der kürzeren Flugdauer jedoch unerheblich war, und dass es keinen Film an Bord gab, war das Letzte, was ihn kümmerte, denn die Gedanken, die ihm durch den Kopf gingen, beschäftigten ihn mehr als es jeder Spielfilm getan hätte – wenn sie auch ganz und gar nicht unterhaltsam waren. Zweimal hatte er versucht, Barry über Handy anzurufen, ohne ihn zu erreichen. Aber vermutlich war er dauernd in Bewegung und hatte das Handy nicht ständig eingeschaltet.
Diese ganze Entwicklung der Dinge war ein einziger Mist, eine wirklich blöde Sache. Seine amerikanischen Wähler irischer Abstammung waren immer entscheidend für ihn gewesen, und Brady hatte, dank seines Einflusses in der Gewerkschaft der LKW-Fahrer, stets dafür sorgen können, dass ihm ordentlich Spendengelder zuflossen. Er war es auch gewesen, der ihn mit Kelly und Cassidy bekannt gemacht hatte.
Es war ihm ganz natürlich erschienen, dass er irgendwann auch Gelder für die IRA entgegengenommen und weitergeleitet hatte. Das machte schließlich jeder. Die meisten seiner irischamerikanischen Wähler fühlten sich sehr mit Irland verbunden und verfolgten aufmerksam die dortige Entwicklung. In ihren Augen waren die Aktivisten der IRA Helden – verklärte Helden.
Er erinnerte sich an die ersten Treffen in Murphys Bar, wo sie in fröhlicher Runde Rebellenlieder gesungen hatten. Es war aufregend und romantisch gewesen, und dann hatte ihn Brady eines Abends mit Jack Barry bekannt gemacht, der im Auftrag seiner Organisation in New York gewesen war. Ein echter, lebender IRA-Kämpfer!
Barry hatte tolle Geschichten erzählt von Schießereien mit englischen Soldaten und dem Leben auf der Flucht und hatte ihnen erklärt, wie sie helfen könnten. Brady, der für die Gewerkschaft in den Docks von New York arbeitete, war dabei der wichtigste Mann gewesen, da es mit seiner Hilfe möglich war, Waffen nach Irland zu schmuggeln. Cohan und Kelly hatten sich auf das Sammeln von Geld konzentriert und Cassidy auf den Kauf geeigneter Waffen. Cohan erinnerte sich an ihren ersten Coup: fünfzig Armalite-Gewehre, die mit einem portugiesischen Schiff nach Irland verfrachtet worden waren.
Sie nannten sich damals bereits ›Söhne Erins‹, was auf einen Vorschlag Barrys zurückging, hatten den Stammtisch gegründet und trafen sich ganz frei und offen bei Murphy, immer in derselben Nische, an der sie sogar eine Tafel angebracht hatten, denn es gab ja keinen Grund, etwas geheim zu halten. Und dann war Barry wieder einmal im Auftrag der IRA nach New York gekommen und hatte von seinem mysteriösen Mentor erzählt, den er nur als Stimme am Telefon kannte. Er hatte ihn während seines Aufenthalts im vorigen Jahr angerufen und auf Barrys Frage, wer er sei, schlicht erwidert: »Nennen Sie mich den Verbindungsmann, denn genau das bin ich für Sie.«
Erstaunlicherweise konnte er ihn über den Umweg Washington mit internen Informationen des britischen Geheimdienstes versorgen, die entscheidend für den Kampf in Irland waren. Dank Bradys Beziehungen im Hafen hatte man damals Männer der IRA, die auf der Flucht waren, aus Irland herausschmuggeln und nach New York bringen können, und der Waffentransport war ebenfalls weitergegangen.
Wirklich ernst war es dann geworden, als dieser Verbindungsmann ihnen Einzelheiten über Operationen des britischen Geheimdienstes in New York und Boston mitgeteilt hatte, einschließlich der Namen von Agenten, denn der Untergrundkrieg zwischen den Briten und der IRA wurde nicht nur in Irland ausgefochten.
In diesem Stadium hatten Brady, der Gewerkschafter, und Cassidy, der Bauunternehmer, eine entscheidende Rolle spielen können. Beide hatten Kontakte zur Mafia und manch einer war ihnen einen Gefallen schuldig. Es passierten einige Unfälle zur rechten Zeit, die Briten verloren einige Leute, konnten jedoch keinen Wirbel machen, denn schließlich hatten sie in den USA nichts zu suchen, obwohl solche Aktionen in den vergangenen Jahren schon oft gelaufen waren.
Cohan hatte sich immer davor gehütet, mit irgendeiner Gewalttat in Verbindung zu kommen. Er war stets als Vermittler zur Stelle gewesen, wenn man ihn brauchte, und hatte sich bei Reisen nach London auch zweimal mit Tim Pat Ryan getroffen. Alles hatte bestens funktioniert – und jetzt war alles aus. Trotzdem, er stand nach wie vor mit sauberer Weste da, mochte Blake Johnson andeuten,
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