An hoechster Stelle
spürte plötzlich einen Schmerz in der Brust. Rasch kramte sie nach ihren Tabletten, schluckte zwei mit etwas Champagner hinunter und ging zum Eingang des Ballsaals.
»Vielleicht ist er hinauf in seine Suite«, meinte Dillon, nachdem sie den ganzen Saal durchsucht hatten. Von draußen hörte man plötzlich das lautstarke Hupen mehrerer Fahrzeuge.
»Ich schaue mal nach, was los ist«, sagte Hannah.
Der Verkehr war beinah ganz ins Stocken geraten. Sie sah, dass Passanten sich um einen leblosen Körper auf dem Bürgersteig drängten. Ein Polizist stand neben seinem Motorrad und gab eine Meldung durch. Hannah zeigte ihren Ausweis
vor.
»Chief Inspector Bernstein, Special Branch. Was ist passiert?«
»Ich kam zufällig gerade vorbei. Er ist von oben runtergefallen, fast auf ein Paar drauf, das hier durchging. Die Frau steht da drüben, hat einen Schock. Ich habe einen Krankenwagen und Unterstützung angefordert.«
Hannah beugte sich vor und warf einen Blick auf Cohan. »Ich kenne den Mann, Constable, er ist Gast in diesem Hotel. Sie geben keinerlei Auskünfte, keine Antworten auf irgendwelche Fragen, weder der Presse noch sonst jemandem gegenüber. Ist das klar?«
»Selbstverständlich, Chief.«
»Ich muss noch mal rein, aber ich komme nachher wieder.«
Ein sichtlich erschütterter Geschäftsführer begleitete Hannah, Dillon und Ferguson hinauf in Cohans Suite, die sie gründlich durchsuchten. »Nichts, keinerlei Anzeichen für einen Kampf«, sagte Hannah.
»Stimmt schon, Chief Inspector«, nickte Ferguson. »Aber die entscheidende Frage lautet – ist er gefallen oder wurde er gestoßen? Was meinen Sie, Dillon?«
»Na, kommen Sie, Brigadier, wer glaubt in unserem Gewerbe denn an solche Zufälle?«
»Ja, da haben Sie Recht. Es muss sich um eine unglaubliche Frau handeln.«
»Und ob.«
»Sorgen Sie dafür, dass niemand diese Suite betritt«, befahl Ferguson dem Geschäftsführer. »Die Spurensicherung kommt gleich.«
»Natürlich, Brigadier.«
»Dillon, Sie informieren Blake, und durch ihn wird es ja auch der Präsident erfahren. Ich erstatte dem Premierminister Bericht.«
»Wirklich ein Jammer, dass es Euer Gnaden nun an den Kragen geht«, grinste Dillon.
Ferguson lächelte. »Ich weiß Ihre Anteilnahme zu schätzen, Dillon.«
Obwohl das Haus in der South Audley Street ganz in der Nähe lag, hatte Lady Helen dafür gesorgt, dass Hedley in der Park Lane mit dem Mercedes auf sie wartete. Sie drängte sich durch die neugierigen Zuschauer, die bei der Leiche von Senator Michael Cohan standen. Hedley sah sie kommen, sprang heraus und öffnete ihr die Tür. Sie stieg ein, er setzte sich rasch hinters Steuer und fuhr los.
»Fahren Sie einfach ein bisschen herum, Hedley; es war ein anstrengender Abend.« Sie zündete sich eine Zigarette an.
»Was ist passiert?«
Helen erzählte ihm alles. »Tja, Cohan ist also tot, und ich habe jetzt tatsächlich eine Verbindung zu Jack Barry.« Sie griff nach dem Handy. »Ich versuche es noch mal, soll ich?«
Barry meldete sich sofort. »Wer ist da?«
»Ich wollte Ihnen nur die interessante Neuigkeit mitteilen, dass Senator Michael Cohan aus dem siebenten Stock des Dorchester hinunter auf die Park Lane gestürzt ist. Ich benutze gerade sein Handy.«
Jack Barry war starr vor Entsetzen. »Was sagen Sie da?«
»Dass Senator Michael Cohan gerade auf dem Bürgersteig in der Park Lane vor dem Dorchester Hotel liegt. Es geht dort momentan fast so zu wie in einer bösen Samstagnacht in Belfast – Polizei, Krankenwagen, Gaffer… aber wie das so ist, wissen Sie ja am besten.«
Merkwürdigerweise empfand Barry weder Wut noch Verbitterung; dagegen stieg tatsächlich so etwas wie Furcht in ihm auf. »Wer zur Hölle sind Sie?«
»Brady, Kelly und Cassidy in New York; Tim Pat Ryan in London, und jetzt Senator Michael Cohan – das bin ich.« Helen lachte. »Damit bleiben nur noch Sie und der Verbindungsmann.«
Barry holte tief Atem. »Okay, wer sind Sie? Eine loyalistische Freiheitskämpferin? Red Hand of Ulster? Protestantischer Abschaum?«
»Es überrascht Sie vielleicht, wenn ich Ihnen sage, dass ich Katholikin bin, Mr. Barry, aber meine Religionszugehörigkeit hat damit gar nichts zu tun. Außerdem bin ich recht erstaunt, dass Sie von protestantischem Abschaum reden. Sie sind doch selbst Protestant – wie ja übrigens auch Wolfe Tone, der die
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