An hoechster Stelle
genoss die friedliche Stimmung und atmete tief durch, als eine ruhige Stimme sagte: »Dürfte ich fragen, ob Sie mir wohl Feuer geben könnten?«
Er wandte sich um. Unten an der Treppe stand Helen Lang.
Lady Helen war durch den Garten geschlendert und hatte das merkwürdige Gefühl gehabt, an einem Endpunkt angelangt zu sein. Ein Anfall von Atemnot hatte sie gezwungen, sich auf eine bequeme Bank zu setzen. Sie hatte zwei Tabletten geschluckt und gewartet, bis sie sich besser fühlte.
Dabei hatte sie über Cazalet nachgedacht. Sie musste jetzt handeln, denn später am Abend hatte sie vielleicht keine Gelegenheit mehr, doch irgendwie fühlte sie sich plötzlich unsicher. Cazalet war ein guter Mann, ein Kriegsteilnehmer aus reicher und mächtiger Familie, der sich ohne weiteres vor der Einberufung hätte drücken können; trotzdem hatte er sich für den Dienst in Vietnam entschieden und war etliche Male ausgezeichnet worden. Er war ein besonnener, fortschrittlicher Präsident geworden und nicht der Arroganz der Macht erlegen. Jahrelang hatte er seiner Frau beigestanden, die an Leukämie gelitten hatte. Ein guter Mensch war er sicher, aber das war auch Peter gewesen. Und die Zeit war so knapp.
Helen stand auf und ging einen Pfad entlang zurück zum Haus. Dabei sah sie, wie die Terrassentür geöffnet wurde und Cazalet heraustrat. Nach einem kurzen Zögern öffnete sie ihre Handtasche, um ihr silbernes Zigarettenetui zu suchen, wobei ihre Finger die Pistole streiften.
»Dürfte ich fragen, ob Sie mir wohl Feuer geben könnten?«
»Aber natürlich.« Cazalet kam die Treppe herunter.
Sie umfasste sein Handgelenk, während er sein Feuerzeug
aufflammen ließ. »Das ist aber wirklich ungewöhnlich. Eine alte Lee-Enfield-Patrone.«
»Ein Souvenir aus Vietnam, aber warum kennen Sie sich damit aus?«
»Mein Mann war Oberst in der englischen Armee; er hatte ein ganz ähnliches. Sie werden sich nicht an mich erinnern. Wir sind uns nur einmal flüchtig bei einer Veranstaltung in Boston begegnet. Ich bin Lady Helen Lang.«
Cazalet lächelte herzlich. »Aber natürlich. Mein Vater und Ihr Vater haben damals in den alten Tagen in Boston Geschäfte miteinander gemacht. Soviel ich weiß, haben Sie einen englischen Baronet geheiratet.«
»Sir Roger Lang.«
»Ist er ebenfalls hier?«
»O nein, er ist vor zwei Jahren gestorben. Unser Sohn wurde getötet, als er in Nordirland Dienst tat, und mein Mann war alt und gebrechlich. Der Schock war zu groß für ihn.«
»Das tut mir aufrichtig Leid.«
»Ja, das glaube ich.«
Impulsiv griff er nach ihrer Hand, doch ehe sie weiterreden konnte, klopfte es an der Tür des Arbeitszimmers. »Entschuldigen Sie mich«, sagte Cazalet und eilte die Treppe hinauf. Auf der Terrasse zögerte er und schaute sich noch einmal um, aber sie war spurlos verschwunden.
Dillon und Blake standen in einer Ecke des überfüllten Ballsaals, als Blakes Handy anschlug. Es war Alice Quarmby.
»Ich habe Thorntons Umfeld überprüft, Chef, und was glauben Sie, was ich entdeckt habe! Hören Sie sich das mal an…«
Blake lauschte einige Minuten lang mit ausdruckslosem Gesicht. »Danke, Alice«, sagte er schließlich, »Sie sind ein Engel.«
»Irgendwas Wichtiges?«, fragte Dillon.
»Das kann man wohl sagen. Thornton ist unser Mann, so viel
steht fest, und jetzt weiß ich auch, warum. Ich erkläre es dir später. Jetzt suchen wir besser erst mal nach dem Präsidenten.«
»Er scheint nicht hier zu sein.«
»Dort drüben ist Luther. Er weiß sicher, wo er steckt.«
Im Näherkommen sahen sie, dass Luther sich angeregt mit Henry Thornton unterhielt. Beide hatten ein Glas Champagner in der Hand und schienen bester Laune. »Na, Sie trinken ja gar nichts«, tadelte Luther, an Blake gewandt.
»Die Pflicht ruft, Chad. Das ist Mr. Dillon, ein Kollege von mir aus London. Der Präsident wollte ihn sprechen, wenn er ankommt.«
»Er ruht sich gerade aus.«
Der Stabschef reichte ihm die Hand. »Mr. Dillon, ist mir ein Vergnügen. Ihr Ruf eilt Ihnen voraus, Sir.«
»Das ist gut zu wissen.«
Thornton stellte sein Glas ab. »Ich weiß, wo der Präsident ist, und bringe Sie hin. Kommen Sie mit, meine Herren.«
Clancy Smith saß im Flur auf einem Stuhl neben der Tür.
»Alles okay, Clancy?«
»Bestens, Mr. Thornton.«
Der Stabschef klopfte, öffnete die Tür und ging
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