An und für dich
nicht.« Saffy schlug die Augen auf. Sein Atem roch nach Sour Cream & Onion, und ihr wurde schlecht davon.
»Sie ist nur traurig«, sagte Jess.
»Warum ist sie denn traurig?«
»Ich habe dir doch mal erklärt, dass Jungs und Mädchen verschieden sind.« Jess wischte ihm mit dem Ärmel den Mund ab. »Manchmal ist deswegen alles ganz schön kompliziert.«
»Jungs haben einen Penis«, erklärte Luke Saffy. »Mädchen haben eine Seide.«
»Eine Scheide, Luke«, verbesserte Jess ihn. »Genau, das ist leider meistens das Problem.« Sie lächelte Saffy schief an. »Kindermund und so weiter, hm?«
Kindermund tut was ?, hätte Saffy am liebsten gefragt. Was soll da schon rauskommen, außer Spucke und halb gegessenen Pringles ?
»Oh Mann!« Greg schüttelte den Kopf. »Was soll das denn sein?«
»Spagürstchen.« Conor stellte die Pfanne auf den Tisch. »Spaghetti, Würstchen, Ketchup. Ein Löffel Zucker. Lizzies Lieblingsessen.«
Lizzie betrachtete das Essen skeptisch. Ihre Brillengläser beschlugen. »Mag ich nicht. Das bewegt sich ja wie Würmer.«
Conor steckte sich schnell ein Würstchen in den Mund, um sie nicht anzufauchen. Sie war schon den ganzen Tag auf Gregs Seite. Der hatte faul auf der Couch herumgelegen, Zeitung gelesen und sich durch die Kanäle gezappt, und sie war um ihn herumgetanzt und hatte ihm Eierbecher mit Orangensaft und Teller mit unsichtbarem Kuchen serviert und jedem seiner Sätze zugestimmt. Sie war also auch der Meinung, dass Sean Penn überbewertet, die Glyx-Diät völliger Schwachsinn und Elizabeth Hurley für eine alte Schachtel noch ganz gut in Form war.
»Komm, Lizzie, Spagürstchen magst du doch so gerne!«, lockte er.
»Soll ich uns nicht was vom Japaner bestellen?«, fragte Greg. »Was möchtest du, Lizzie, Sushi oder Sashimi?«
Lizzie streichelte ihr Plastikeinhorn und dachte angestrengt nach. »Ich glaube, ich mag beides.«
Als das Essen kam, machte Greg Lizzie zur Herrscherin über das Wasabi und verteilte alles auf Tellern. Sie lauschte geduldig seinen Erklärungen und sagte dann: »Kann ich bitte das mit dem rohen Aal kosten?« Ein Kind, das man bestechen musste, damit es ein ganzes Fischstäbchen aufaß.
Andererseits wusste Conor selbst nicht, wieso er sich so wunderte. Sein bester Freund hatte schon immer diese Wirkung auf Mädchen gehabt. Sonst wären sie wohl nie Freunde geworden.
Conor war schon immer größer als die anderen Kinder gewesen, aber im letzten Jahr der Junior School schlugen seine Fahey-Gene auf einmal richtig durch. Er schoss fast 30 Zentimeter in die Höhe und legte dreizehn Kilo zu. Jungs, mit denen er seit der Grundschule befreundet war, nannten ihn Bigfoot. Immerhin hatte er aber noch Freunde.
In der Secondary School war er von Anfang an ein Außenseiter. Er hatte keine Chance, Freunde zu finden. Er war größer und dicker als alle anderen in seinem Jahrgang, und man musste nicht mal besonders clever sein, um aus »Fahey« »Fatty« zu machen. Er hätte sich verteidigen können, aber er hatte keine Lust, sich zu prügeln. Er ließ das alles an sich abprallen und redete sich ein, eben ein Einzelgänger zu sein. Das wäre er auch geblieben, wenn es Greg nicht gegeben hätte.
Selbst ihm als Außenseiter war klar, dass Greg sogar noch schlimmer dran war als er selbst. Er war der kleinste in seiner Klasse und der bestaussehende Junge der ganzen Schule. In der ersten Woche nannten ihn noch alle »Niete«. Eine Woche später wurde ein Mädchen, das drei Jahre älter war als er, von der Schule suspendiert, weil sie seinen Namen geschlagene einhundertvierzehn Mal an ein Tischbein geschrieben hatte. Von da an hieß er nur noch »Nutte«.
Je mehr die Mädchen ihn mochten, desto mehr hassten ihn die Jungs. Ständig lauerten sie ihm auf, schlugen ihm die Nase blutig oder steckten ihm den Kopf in die Toilette.
Eines Mittags saß Conor allein bei den Fahrradständern und aß sein Pausenbrot. Ein Junge namens Jimmy Kelly jagte Greg, holte ihn dort ein und drückte ihn gegen das Geländer. Kelly sah sich nach einer Waffe um, und ihm am nächsten stand Conor mit seinem Thunfisch-Mais-Baguette. Er riss es ihm aus der Hand und schmierte es Greg ins Gesicht. Ohne nachzudenken, schubste Conor den Jungen zu Boden und setzte sich auf seinen Brustkorb. Sofort waren sie von einer Gruppe jubelnder Schüler umrundet. Conors Empörung hatte zwar zu gleichen Teilen der Gewalt gegen sein Baguette wie der gegen Greg gegolten, aber zwanzig Jahre später waren sie immer noch
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