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Ana Veloso

Ana Veloso

Titel: Ana Veloso Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Der Duft der Kaffeeblüte
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in Brasilien zum
Synonym für eine Sache geworden, die sich immer mehr Konservative auf ihre
Fahnen geschrieben hatten. Es hatte sich einmal mehr bewahrheitet, dass der
Prophet im eigenen Lande nichts galt, bevor man in der Ferne seine Vorzüge
entdeckte.
    Princesa Isabel höchstpersönlich, die Tochter
des Monarchen, die während dessen Auslandsreisen die Amtsgeschäfte übernahm,
hatte León Castro gebeten, heimzukommen. War er früher ein Paradiesvogel
gewesen, den man als Bereicherung einer Feier betrachtete, dem man aber auf
keinen Fall die Tochter anvertrauen würde, so war er dank dieser Auszeichnung,
die mit einem Wechsel des geistigen Klimas in Brasilien einherging, zu einem
Mann geworden, dessen Freundschaft man sich gern rühmte. Seit sogar schon
einzelne Fazendeiros für die Abschaffung der Sklaverei eintraten, weil sie sich
dieses Beweises für Brasiliens hoffnungslose Rückständigkeit schämten – und
weil inzwischen so viele billige Arbeitskräfte aus Europa zu haben waren –, sah
man in León Castro nur noch jene herausragenden Eigenschaften, die man sich für
ein modernes Land erhoffte: Mut, Intelligenz, Energie, Fortschrittlichkeit.
    Die Droschke hielt vor dem vierstöckigen Haus in
Flamengo, in dem León das ganze Parterre bewohnte. Für seine Bedürfnisse
reichten die sechs Zimmer allemal, und für ihn und die beiden Angestellten
lohnte es sich kaum, ein eigenes Haus zu beziehen.
    »Senhor León! Willkommen daheim!«
    »Bia, Carlos!« León war gerührt über die Freude,
die seine Dienstboten an den Tag legten. »Ach, es ist schön, wieder hier zu
sein.«
    »Hat der Junge also doch Recht behalten! Felix
ist seit Tagen zum Pier gegangen, weil er davon überzeugt war, Sie würden schon
mit einem früheren Schiff eintreffen. Was für ein Glück, dass der Junge so
einen guten Instinkt hat!«
    »Ganz erstaunlich«, sagte León und wunderte
sich, wie Felix ihn so durchschaut haben konnte. »So, und jetzt lasst mich
herein, damit ich endlich die Dusche nehmen kann, von der ich seit einer
Ewigkeit träume.«
    Hinter dem Haus lagen ein Hof und ein kleiner
Garten, die seiner alleinigen Nutzung vorbehalten waren. Es gab dort außerdem
eine primitive Dusche, bei der man das Wasser mit einem Hebel heraufpumpen
musste. Es gehörte zu Leóns größten Vergnügen, an heißen Tagen dort draußen,
inmitten des Duftes von Jasmin und vom dichten Blätterdach eines Mandelbaums
vor den neugierigen Blicken der Bewohner der oberen Etagen geschützt, das
lauwarme Wasser über seine Haut rinnen zu lassen. León warf seinen Morgenrock
auf ein Fenstersims, nahm ein Stück Seife und stellte sich erwartungsvoll unter
den Duschkopf. Carlos pumpte, jeden Augenblick musste das Wasser kommen. Die
ersten Tropfen, von der Sonne aufgeheizt, waren die schönsten!
    León nahm sich ausgiebig Zeit für seine Körperpflege,
die auf dem ungezieferverseuchten Schiff zu kurz gekommen war. Er pfiff die
Melodie der Marseillaise vor sich hin, schäumte sich von Kopf bis Fuß ein und
stand dann lange reglos und mit geschlossenen Augen unter dem Wasserstrahl. Der
Schaum war längst abgespült, und Carlos wunderte sich, was sein Herr nur an
dieser Duscherei finden mochte. Wer stellte sich schon länger als nötig unter
laufendes Wasser? Ganz abgesehen davon, dass ihm allmählich der Arm lahm wurde
vom Pumpen.
    León hätte Stunden unter der Dusche verbringen können.
Erst als er Carlos sah, dem schon der Schweiß von der Stirn rann, zwang er
sich, seine Wäsche zu beenden. Er schlang sich ein Handtuch um die Hüften, ging
tropfend ins Haus und erschreckte mit seinem unschicklichen Anblick Bia, der er
im Flur über den Weg lief. Sie hatte ihm bereits frische Kleider auf dem Bett
zurechtgelegt. Er zog sich eine Hose an, kämmte sein nasses Haar nach hinten
und stellte sich mit nacktem Oberkörper vor den Spiegel. Er schäumte sich mit
dem Rasierpinsel die Hälfte des Gesichts ein und rasierte sich gründlich.
Anschließend benetzte er Gesicht und Körper mit Kölnisch Wasser, zog ein dünnes
Hemd an und begab sich erfrischt und gut gelaunt ins Esszimmer. Er wusste, dass
ihm, ohne dass er es eigens angeordnet hatte, dort ein leichtes Mahl serviert
werden würde.
    Allerdings auch ein sehr frugales. Es gab Hühnersuppe,
Brot, Käse, ein wenig Obst.
    »Senhor León, wir hatten nicht ernsthaft damit
gerechnet, dass Sie schon heute zurückkehren würden. Wir haben deshalb nur das
Nötigste im Haus.«
    »Lass nur, Bia, das reicht für mich.

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