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Ana Veloso

Ana Veloso

Titel: Ana Veloso Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Der Duft der Kaffeeblüte
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Es galt als gesichert, dass
Feijão der Vater von drei Kindern im Viertel war, doch keine der Mütter sah je
auch nur einen Vintém von ihm. Zwei der jungen Frauen standen ganz allein auf
der Welt und hatten keine andere Wahl, als ihre Babys der Obhut einer Nachbarin
anzuvertrauen, während sie sich die Finger wund arbeiteten, als Wäscherin die
eine, als Näherin die andere. Obendrein mussten sie sich als Schlampen,
Flittchen oder Huren beschimpfen lassen, während der charakterlose Kindsvater
von vergleichbaren Beleidigungen weitestgehend verschont blieb. Nur die Familie
des dritten Mädchens hatte versucht, Feijão zur Rechenschaft zu ziehen, und ihn
zwingen wollen, das Mädchen zu heiraten. Aber sie war kläglich gescheitert.
Feijão hatte die Leute ausgelacht und ihnen ins Gesicht gesagt, dass ihre
Tochter schon mit der Hälfte der männlichen Bevölkerung unter achtzig
geschlafen habe und praktisch von jedem schwanger sein könne. Das war eine
gemeine Lüge, und jeder wusste es, dennoch war daraufhin der Ruf des Mädchens
ruiniert gewesen.
    Fernanda nahm sich vor, Félix heute Abend beim
Tanz beiseite zu nehmen und ihm zu sagen, was sie von seinem Umgang hielt. In
der entspannten Atmosphäre des Festes, das zu Ehren von São Pedro
beziehungsweise Xangô gefeiert wurde, einer afrikanischen Gottheit, der am
selben Tag gehuldigt wurde wie dem christlichen Heiligen, würde sie ihre
Meinung beiläufiger äußern können, als wenn sie in Félix' Hütte auftauchte und
ihm eine Moralpredigt hielt. Sie kannte Félix gut genug, um zu wissen, dass er
auf gezielte Kritik mit Trotz und Ablehnung reagierte, auf subtile Andeutungen
dagegen mit Nachdenklichkeit. Andererseits: Musste sie ihn unbedingt heute
damit behelligen? Seit Wochen freute Fernanda sich auf die Tanzveranstaltung,
seit Tagen überlegte sie, was sie anziehen, wie sie ihr Haar tragen und ob sie
sich schminken sollte. Mal fand sie, dass sie in dem blauen Kleid die beste
Figur machte, mal bevorzugte sie das gelbe. Mal dachte sie daran, sich richtig
fein herauszuputzen, dann wieder erschien ihr ein ganz natürlicher Auftritt
sinnvoller. Am Nachmittag hatte sie sich schließlich für einen roten Rock mit
einer weißen Bluse entschieden, dazu wollte sie ein rotes Band in ihr Haar
flechten und ein wenig von dem Lippenrot auftragen, das Ana von nebenan von
ihrer Dienstherrin geschenkt bekommen hatte.
    Doch am Abend, kurz vor Beginn des Festes, war
Fernanda plötzlich gar nicht mehr überzeugt von ihrer Wahl. Rote Lippen, sie!
Wie lächerlich das aussehen würde! Außerdem war es viel zu auffällig – da
konnte sie ja gleich laut rufen: »Küss mich!« Nein, sie würde sich dezenter
zurechtmachen. Das blaue Kleid war genau richtig.
    Fernanda traf mit großer Verspätung auf dem Fest
ein. Félix hatte sich bereits gewundert und sich bang gefragt, ob sie überhaupt
noch käme. Weiß der Himmel, was die Weiber immer so lang trieben, bevor sie
ausgingen! An ihrer Aufmachung konnte es jedenfalls nicht gelegen haben. Félix
fand, dass Fernanda aussah wie sonst auch. Schade, denn wenn irgendetwas an
ihrem Aussehen anders gewesen wäre, hätte er ihr gern ein Kompliment gemacht.
So aber wusste er nicht, was er tun sollte. Er konnte ja schlecht zu ihr
hingehen und ihr Kleid loben, das sie jeden zweiten Tag anhatte, oder ihre
Frisur, die sie so wie immer trug.
    Die Kapelle war bereits zur Höchstform
aufgelaufen, animiert von den vielen Paaren, die sich ausgelassen auf dem grob
gezimmerten Tanzboden drehten, sowie den Zuschauern, die am Rand der Tanzfläche
standen und im Takt klatschten oder mit den Füßen wippten. Fernanda sah zu Félix
hinüber. Er war der mit Abstand attraktivste Mann weit und breit, fand sie. Sie
wusste, dass Félix auch anderen Frauen gefiel, doch die meisten davon hatten
ein Problem mit seiner Stummheit. Es gab nur ein Mädchen, das sich trotz dieses
Hindernisses nicht davon abhalten ließ, Félix zu bezirzen, Bel, eine dickliche,
schielende Schwarze, die auch prompt in diesem Moment auf Félix zuging. Félix
tat so, als bemerke er sie nicht, und sah zu Fernanda. Ihre Blicke trafen sich.
Sie lächelten einander zu. Fernanda wackelte mit den Hüften, als sei sie ganz
erpicht darauf, ein Tänzchen zu wagen. Mit ihm?! Félix drehte sich um.
Vielleicht galten ihre auffordernden Bewegungen ja gar nicht ihm, sondern
irgendeinem Kerl, der hinter ihm stand? Aber schräg hinter ihm stand nur Bel,
die sogleich über ihn herfiel.
    Fernanda kochte vor Wut. Wie

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