Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ana Veloso

Ana Veloso

Titel: Ana Veloso Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Der Duft der Kaffeeblüte
Vom Netzwerk:
schön, ich werde es mit dir versuchen. Wie
heißt du überhaupt?«
    »Miranda.«
    Wunderbar, dachte Lili. Einen besseren Namen gab
es kaum für eine Hure. Zumindest in der Wahl seines Künstlernamens hatte das Mädchen
einen sicheren Instinkt fürs Geschäft bewiesen. Vielleicht taugte sie ja doch
zu etwas, diese Miranda.
    Die Rua da Alfândega, eine der wichtigsten
Einkaufsstraßen für preiswerte Haushaltsartikel, lag nur zwei Blocks vom
Goldenen Schmetterling entfernt. Immer wenn Anschaffungen größerer Mengen an Gläsern,
Bettlaken oder Putzutensilien zu tätigen waren, kam Félix hierher. Die Händler
kannten den stummen Mann schon, und keiner beging mehr den Fehler, ihn zu
unterschätzen. Félix rechnete so flink und verhandelte so gewieft, dass sogar
die Libanesen und die Juden, die sich hier angesiedelt hatten, beeindruckt
waren. Und da der Goldene Schmetterling ein wichtiger Kunde war, wurde Félix in
allen Geschäften hofiert wie der Kaiser höchstpersönlich.
    Heute war Félix in der Rua da Alfândega, um
Girlanden, Luftschlangen und Konfetti für ein Fest zu beschaffen, das anlässlich
des dreijährigen Bestehens von Lilis Bordell gefeiert werden sollte.
    Félix hatte vergeblich versucht, Lili von dieser
karnevalesken Veranstaltung abzuraten und sie dazu zu bringen, ein eleganteres
Fest zu geben. Doch Lili, die in ihrem früheren Leben Sklavin bei einem armen
Schweinezüchter gewesen war, hielt bunten Tand für das A und 0 eines gelungenen
Festes und war durch nichts vom Gegenteil zu überzeugen. Und da Lili nun einmal
die Chefin war und er nur der Prokurist, wie er sich hochtrabend nannte, sollte
sie ihren Willen haben.
    Im Schreibwarenladen von Seu Gustavo wurde Félix
fündig. Obwohl es außerhalb des Hochsommers, wenn Silvester und Karneval längst
vorbei waren, kaum Nachfrage an solchen Artikeln gab, hatte der alte Gustavo
alles vorrätig. Nach langem Gefeilsche erhielt Félix einen Preisnachlass von
dreißig Prozent und das Angebot, in das Geschäft von Seu Gustavo einzusteigen. »Du
gefällst mir, Junge. Einen schlauen Burschen wie dich könnte ich hier gut
gebrauchen. Wenn du wirklich so tüchtig bist, wie ich glaube, dann könntest du
sogar irgendwann mein Nachfolger werden, vorausgesetzt natürlich, dass du das
entsprechende Kapital aufbringen kannst. Aber im Goldenen Schmetterling wirst
du bestimmt gut bezahlt und kannst etwas zurücklegen. Weißt du, Félix, meine Töchter
und ihre Männer wollen von dem Geschäft nichts wissen, und ich werde nächstes
Jahr immerhin schon sechzig. Komm doch demnächst mal zu Geschäftsschluss
vorbei, dann besprechen wir das in Ruhe bei einem Schoppen.«
    Félix fühlte sich außerordentlich geschmeichelt und
versprach dem Alten, sich noch im Laufe der Woche mit ihm zu treffen. Auf dem
Weg zurück zum Goldenen Schmetterling dachte er an nichts anderes als an diese
neue Zukunftsperspektive. Ein eigener Laden, noch dazu ein seriöses Unternehmen
und kein halbseidenes Etablissement! Fernanda würde endlich aufhören, ihn als
Zuhälter zu beschimpfen, und vielleicht würde sie dann sogar seine Frau werden.
Mit einem Schreibwarenladen stünde er jedenfalls hundertmal besser da als Zeca
mit seiner Schusterei.
    Ein lautes Fluchen holte Félix in die Gegenwart
zurück. In seiner Euphorie hatte er gar nicht auf die anderen Passanten
geachtet, und auf dem engen Bürgersteig war ein Mann, der ihm hatte ausweichen
müssen, gestolpert und in eine Pfütze gefallen. Félix half dem Mann wieder auf
die Beine. Er erkannte ihn sofort, obwohl
    ihre Begegnung schon Jahre zurücklag: Das war
eindeutig João Henrique de Barros, einer der Freunde, die Pedro da Silva damals
nach Boavista eingeladen hatte. João Henrique dagegen schien Félix nicht zu
erkennen. Er fluchte weiter wie ein Feldsklave und schrie Félix an: »Was ist?
Bist du stumm?! Du könntest dich wenigstens entschuldigen, du dummer Kerl!«
    Félix gestikulierte wie verrückt, um genau das
zu tun. Es tat ihm zwar aufrichtig Leid, dass der Mann so unglücklich
gestolpert war, doch er musste an sich halten, um nicht in sein befremdliches
Gelächter auszubrechen, das die Leute immer so irritierte: João Henrique war in
der einzigen großen Pfütze weit und breit gelandet. »Ich kenne dich von irgendwo.«
João Henrique sah Felix forschend an. »Du bist tatsächlich stumm, nicht wahr?«
    Félix nickte. Er holte seine Tafel hervor und
schrieb darauf: »Félix. Früher Sklave auf Boavista.« Das einzig Gute an Leuten
vom

Weitere Kostenlose Bücher