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Ana Veloso

Ana Veloso

Titel: Ana Veloso Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Der Duft der Kaffeeblüte
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als
er, wenig später, ihr verheultes Gesicht in beide Hände nahm und sie küssen
wollte, wandte sie sich ab und stand auf.
    »Du gehst ja doch nicht, ohne dass ich dir erzähle,
was heute alles passiert ist. Also gut, hier das Wichtigste: Ich werde heiraten.«
Diesmal war es an Felix, mit den Tränen zu kämpfen. Das, dachte er, war einfach
zu viel für einen Tag!

XXVI
    João Henrique de Barros wählte diesmal einen
anderen Weg, um zum Campo de Santana zu gelangen. Die Rua da Alfândega war
einfach zu belebt. Er hatte keine Lust, um diese Zeit von irgendjemandem in
dieser Gegend gesehen zu werden, nicht einmal von den früheren Sklaven seiner
Freunde. Bei Tage war der Campo de Santana ein hübscher kleiner Park, in dem
sich die Politiker aus dem angrenzenden Senatsgebäude mittags die Beine
vertraten, in dem junge Mütter mit Ammen und Kindern die Enten auf dem Teich fütterten,
in dem Matronen in viel zu warmen Kleidern im Schatten der Feigenbäume saßen
und die künstlich angelegte Grotte bewunderten. Doch bei Einbruch der Dämmerung
veränderte sich das Publikum. Die braven Leute setzten dann keinen Fuß mehr in
den Park, es sei denn, sie waren auf der Suche nach einem verbotenen Abenteuer:
Das Militärhauptquartier lag direkt gegenüber des Campo de Santana, und alle
erdenklichen Bedürfnisse der Soldaten wurden in dem Park befriedigt, von Männern
wie Frauen, von Weißen wie Schwarzen.
    Als João Henrique eine Stunde später zu seiner
Verabredung im Café Francisco erschien, war er in aufgeräumter Stimmung. Wie
immer war seine Erscheinung tadellos. Nicht eine einzige Falte in seinem Anzug
oder ein einziges abstehendes Haar in seiner korrekt gekämmten Frisur verriet etwas
von seiner Schwäche, der er sich kurz zuvor noch hingegeben hatte. João
Henrique lächelte in sich hinein. Wenn seine Freunde davon wüssten, hätten sie
ihn auf der Stelle aus ihrem Kreis ausgeschlossen.
    »Na, João Henrique, was ist dir Schönes widerfahren,
dass du so ein zufriedenes Gesicht machst?«
    Pedro war an den Tisch herangetreten, an dem
sein Freund bei einem Glas Sherry saß. Er legte seine Aktentasche auf der
Marmorplatte des Tisches ab, knöpfte seine Anzugjacke auf und ließ sich ächzend
auf einem Holzstuhl nieder. »Mein Gott, es ist einfach zu heiß für die
Jahreszeit«, fuhr er fort, ohne eine Antwort abzuwarten. »Kellner, ein großes
Glas Limonade bitte!« Pedro zog ein Taschentuch hervor und wischte sich die
Schweißperlen von der Stirn.
    »Es ist nicht zu heiß. Es kommt dir nur so vor,
weil du an diesem schrecklichen Ort arbeitest, an dem nie die Fenster geöffnet
werden und wo ihr alle dem Erstickungstod nah seid.«
    »Falsch, João Henrique, falsch. Wir würden
ersticken, wenn wir die Fenster öffneten. Du kannst dir den Gestank nicht
vorstellen, der von draußen hereindringt. Dieser Fischmarkt ist so ekelhaft,
dass ich schon gar keinen Fisch mehr essen mag. Die Vorstellung, dass er von
dort stammen könnte, und die Wahrscheinlichkeit ist ja ziemlich groß, ist
einfach widerwärtig. Selbst den getrockneten Stockfisch an Ostern bekomme ich
nur noch mit Not herunter, und das auch nur, um Dona Alma und Luiza nicht zu
verletzen, die so stolz auf das Rezept sind.«
    »Ich verstehe nicht, warum du dir das antust.
Deine Schwester ist schwerreich, und du sollst diese Sklavenarbeit machen? Ich
selber ziehe Vorteile aus der Großzügigkeit Vitórias, und sogar dieser Rogério
ist sich nicht zu fein, ihr Geld anzunehmen. Nur du, ihr eigener Bruder, musst
in einem stinkenden Kabuff sitzen und dich für einen Hungerlohn in dieser
Stauerei ausnutzen lassen.«
    »Hör auf damit, bitte. Ich habe dir schon oft
genug erklärt, warum ich nicht noch mehr von Vitas Geld annehmen will. Sie erhält
Boavista – für mich, der ich es eines Tages erben werde. Sie hat unsere Eltern
aufgenommen, ein Opfer, das ich selber nicht hätte bringen wollen. Sie bezahlt
mein Personal, damit Joana und ich weiterhin so leben können, wie wir es
gewohnt sind. Für all das bin ich ihr sehr dankbar. Aber ein bisschen Stolz
habe ich mir doch bewahrt, und solange ich zwei gesunde Hände und einen
funktionstüchtigen Kopf habe, werde ich nicht tatenlos dasitzen und mich
aushalten lassen. Ich muss ja froh sein, dass ich diese Arbeit habe, nachdem
Ferreira Bankrott gegangen ist. Die einzige Alternative wäre, nach Santos zu
gehen, wo der Kaffee aus der Provinz São Paulo verschifft wird. Aber ehrlich
gesagt bleibe ich lieber in Rio – wo all meine

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