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Ana Veloso

Ana Veloso

Titel: Ana Veloso Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Der Duft der Kaffeeblüte
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zum Mitkommen zu
bewegen. »Aber Kind, du musst unter Leute gehen! Es ist dein Geburtstag, und so
ein opulenter Ball ist genau das, was dir fehlt. Außerdem: Soll dein großartiges
Kostüm einfach im Schrank bleiben?«
    »Ja, warum nicht? Es ist auch noch im nächsten
Jahr gut.« Aber das wäre es nicht. Sie hatte, ungeachtet der Proteste von Dona
Alma, als »die Republik« gehen wollen, in einem Kleid aus blauer, gelber und grüner
Seide, den Farben der neuen brasilianischen Flagge. Im nächsten Jahr wäre die
Republik schon nicht mehr der Rede wert.
    Beim Mittagessen überreichten ihr alle ihre
Geschenke. Sie bekam ein besticktes Schultertuch von ihrer Mutter, einen
illustrierten Band über die Sehenswürdigkeiten Europas von ihrem Vater und
einen einfachen, gläsernen Parfümzerstäuber von den Dienstboten, für den alle
zusammengelegt hatten und der sie mehr rührte, als das kostbarste Juwel es hätte
tun können. León, der vier Tage nach dem »Vorfall«, der keiner gewesen war,
wieder ganz der Alte war, schenkte ihr ein frivoles Hütchen in grellem Rosa.
    »Oh, wie entzückend!«, rief Dona Alma. »Das
steht dir sicher ausgezeichnet. Setz es doch mal auf.«
    Aber Vitória hatte die Botschaft verstanden:
Diese Art von Hut sah man nur bei losen Frauenzimmern.
    »León, vielen Dank, es ist wirklich ganz
bezaubernd! Dein Umgang mit den aufgeschlossensten Persönlichkeiten dieser
Stadt hat einen unglaublich ... befreienden Einfluss auf deinen Geschmack.« Sie
legte den Hut wieder in die Schachtel zurück und reichte sie Taís. »Hier, bring
das auf den Dachboden, zu den anderen Verkleidungen.«
    Dona Alma und Eduardo waren sprachlos und
konnten nicht begreifen, wie León das unentschuldbare Verhalten ihrer Tochter
auch noch spöttisch lächelnd hinnahm. Peinlich berührt zogen sie sich zu ihrem
Mittagsschlaf zurück, um für das Fest am Abend frisch zu sein.
    »Liebe Sinhazinha, du solltest dich auch ein
wenig hinlegen und dich vor dem Ball ausruhen.«
    »Ich gehe nicht mit. Hatte ich vergessen, das
dir gegenüber zu erwähnen?«
    »0 Schreck, tu mir das nicht an! Ich war so
angetan von der Idee, an deiner Seite als > die Monarchie < einherzuschreiten – mit einem Beerdigungsanzug und einem angeklebten
Dom-Pedro-Bart.«
    »Lass einfach den Bart weg und geh als trauernder Hahnrei.
Vielleicht finden wir sogar noch zwei Hörner für dich auf dem Dachboden. Ich
meine mich zu erinnern, dass Pedro sich vor Jahren einmal als Stier verkleidet
hat.«
    León lachte schallend. »Deine Bosheit,
Sinhazinha, ist das Liebenswerteste an dir.«
    »Während an dir überhaupt nichts Liebenswertes
ist.«
    »Im Gegensatz zu Aaron.«
    »Ganz recht.« Vitória hob ihr Kinn und sah León
durchdringend an. »Ich denke, ich lege mich jetzt doch ein wenig hin. Wenn ihr
alle auf dem Ball seid, kann ich ja endlich einmal ungehemmt meinen eigenen
perversen Gelüsten folgen.«
    »Bitte, Sinhá, tu dir keinen Zwang an. Es ist
immerhin dein Geburtstag.«
    Vitória rauschte an León vorbei zur Tür, lief
die Treppe hinauf und warf sich in ihrem Zimmer laut schluchzend aufs Bett. Die
Spannung der letzten Wochen, die aus ihren widersprüchlichen Empfindungen
erwachsen war, löste sich in einem Weinkrampf, wie sie ihn seit Kindestagen
nicht mehr gehabt hatte. Der angestaute Zorn über Eufrásias Belagerung und Dona
Almas anschließenden Rückzug in die eingebildete Krankheit, der nie richtig
ausgelebte Jubel über den grandiosen geschäftlichen Erfolg, die Scham über
einen Ehebruch, den sie nicht begangen hatte – all das hätte sie ertragen können.
Aber die Grausamkeit Leóns, der sie vor ihren Eltern und noch dazu an ihrem
Geburtstag wie ein Flittchen behandelte, war zu viel. Als die Tränen
versiegten, schlief Vitória ein.
    Am späten Nachmittag weckte Tals sie.
    »Sinhô Eduardo sagt, ich soll Sie wecken und
Ihnen beim Anziehen des Kostüms helfen.«
    »Nein, Tais, ich verkleide mich nicht. Ich komme
nicht mit zu dem Ball.«
    Das Mädchen ging fort, um Vitórias Eltern von
ihrem Misserfolg zu berichten. Im Salon entwickelte sich eine lebhafte
Diskussion darüber, ob man ohne Vitória zu dem Fest gehen solle oder nicht.
Dona Alma war wild entschlossen, sich den Ball auf keinen Fall entgehen zu lassen,
schon gar nicht wegen des »Frauenleidens« ihrer Tochter. Eduardo dagegen fand,
man könne das Kind an seinem Geburtstag nicht einfach allein zu Hause lassen.
Schließlich war es León, der die Gemüter besänftigte und seine Schwiegereltern
zu

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