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Ana Veloso

Ana Veloso

Titel: Ana Veloso Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Der Duft der Kaffeeblüte
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Bekannte behandelnd –
einige Male getroffen und war voller Hochachtung für Dona Doralices unermüdlichen
Einsatz für die Bildung Unterprivilegierter.
    Da ihre Geschäfte ihr zu wenig Zeit ließen, die
Empfänger ihrer Spenden selber zu suchen, verließ Vitória sich meist auf Joanas
Rat. Ihre Schwägerin war neben Aaron die einzige Person, die von dem Umfang von
Vitórias karitativen Ausgaben wusste, und Vitória hatte sie feierlich geloben
lassen, dass sie nicht einmal Pedro davon etwas erzählte, der sonst eine
Verschwörung gewittert hätte: Vitória war an der Firma, in der er arbeitete,
mehrheitlich beteiligt und hatte dafür gesorgt, dass die Arbeitsbedingungen
ihres Bruders sich merklich besserten. Aber das durfte er nie, nie im Leben
erfahren.
    Ende Februar 1890, kurz vor Karneval, waren in
der Stadt nur wenige Menschen mit ganzem Herzen bei ihrer Arbeit. Die meisten
fieberten dem ausgelassenen Treiben derart entgegen, dass sie bereits Tage
vorher keinen klaren Gedanken mehr fassen konnten. Vitória, deren
dreiundzwanzigsten Geburtstag auf den Karnevalsmontag fiel, dachte an etwas
ganz anderes als an Maskenbälle oder Kostüme. Sie hatte sehr viel Geld in
Aktien verschiedener Bergbauunternehmen angelegt, die im Bundesstaat Mato
Grosso Diamanten abbauten. Mit der Entwicklung eines neuen Sprengstoffes, von
der Vitórias Vater ihr berichtet hatte, würden die Minen ihre Produktivität um
ein Vielfaches steigern können – und die Aktien rasant an Wert gewinnen. Dieser
Tage sollten die ersten Versuche mit dem Stoff durchgeführt werden, deren
Resultat einen entscheidenden Einfluss auf Vitórias Vermögen haben würde. Vitória
war so aufgeregt, dass sie, über deren extrem tiefen Schlaf sich immer alle
lustig gemacht hatten, mitten in der Nacht aufwachte und mit Herzklopfen an
ihre riskante Investition dachte.
    Am 25. Februar schließlich kam Aaron, der
telegrafisch mit dem Minendirektor in Verbindung stand, mit der erlösenden
Nachricht bei ihr vorbei: Die Versuche waren erfolgreich verlaufen, ja, ihr
Ergebnis war sogar über alle Erwartungen hinausgegangen! »Aaron! Ist das nicht
fantastisch?« Vitória sprang so abrupt auf, dass dabei ihr Stuhl umfiel, und
umarmte Aaron stürmisch. Beinahe wäre auch er auf den Boden gefallen.
    »Ja, Vita, das ist es.« Im Überschwang der
Begeisterung für den Ausgang dieser bislang riskantesten geschäftlichen
Operation, die sie gemeinsam durchgeführt hatten, legte er die Arme um Vitória,
presste sie an sich und drehte sich mit ihr im Kreis, dass ihr Rock hochflog. Sábado,
der brav auf seinem kleinen durchgescheuerten Teppich gelegen hatte, wurde von
der Begeisterung angesteckt und lief laut bellend um die beiden herum.
    León war an diesem Tag ausnahmsweise zu Hause.
Als er aus Vitórias Schreibzimmer, das gleich neben seinem lag, ein ungewöhnliches
Gepolter und gleich darauf das Hundegebell hörte, vermutete er einen Unfall und
lief besorgt nach nebenan. Doch was er dort sah, erschreckte ihn mehr, als
jeder Unfall es hätte tun können. Vitória und Aaron, eng umschlungen! Vita
stand mit dem Rücken zu ihm, doch ein Blick in Aarons Gesicht, das der Tür
zugewandt war und jetzt in ungläubigem Erstaunen aufsah, sagte León alles. Es
lag darin so viel Zärtlichkeit, dass es schmerzte. Und er, León Castro, der größte
Zyniker der südlichen Hemisphäre, hatte den Gerüchten nie Glauben geschenkt!
Wie hatte er nur so blind sein können? Aaron ließ schlaff seine Arme fallen.
    »León, es ist nicht ...«
    »Was es ist oder was nicht, ist mir egal,
solange ihr mich nicht mit den Geräuschen desselben belästigt.«
    Vitória, die sich mittlerweile ebenfalls zur Tür
gewandt hatte und den blanken Hass in Leóns Augen sah, schwieg. Wenn León
dachte, dass diese Umarmung etwas anderes war als der reine Ausdruck von Freude
und Freundschaft, dann war das seine Angelegenheit. Sie würde sich gewiss nicht
dafür rechtfertigen.
    Vitórias Geburtstag war der ödeste, den sie je
erlebt hatte. Ein Wolkenbruch folgte dem nächsten, und wenn es nicht gerade schüttete
wie aus Eimern, heizten die Sonnenstrahlen, die sich durch die dramatischen
Wolkentürme kämpften, die Stadt auf über fünfunddreißig Grad auf. Alles
dampfte, schwitzte, schmolz und floss. Vitória hatte für die ganze Familie
Eintrittskarten für den großen Ball im Hotel de France besorgt, doch bei dem
Wetter und angesichts ihrer miserablen Stimmung beschloss sie, zu Hause zu
bleiben.
    Ihr Vater versuchte, sie

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