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Ana Veloso

Ana Veloso

Titel: Ana Veloso Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Der Duft der Kaffeeblüte
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und Pedro mit einem Handschlag begrüßte und sich zu ihnen an den
Tisch setzte.
    »Der Hund muss sie alle aufgefressen haben!«
Pedro lachte lauthals, doch außer ihm fand niemand seine Bemerkung sehr witzig.
Pedro riss sich zusammen und fragte dann: »León, könnte ich dich mal unter vier
Augen sprechen?«
    León wunderte sich darüber kaum weniger als Vitória
und Joana, die sich fragende Blicke zuwarfen. Doch seine Miene blieb
ausdruckslos. Er führte seinen Schwager in sein Arbeitszimmer, bot ihm dort
etwas zu trinken an und nickte ihm zu. »Na dann mal los.«
    Pedro nahm kein Blatt vor den Mund. Er
berichtete von der nervtötenden Monotonie der Arbeit, gestand ihm seine Scham über
den Klatsch, der über Vitória kursierte, und seine Gefühle Joana gegenüber, die
immer merkwürdiger wurde, erzählte ihm von seinen Launen und schließlich von
Mirandas Besuch. »Diese schreckliche Person wollte einfach nicht gehen, León.
Ich habe sie sogar geschlagen, ich, der ich nie in meinem ganzen Leben
irgendjemandem ein Haar gekrümmt habe. Um sie endlich loszuwerden, habe ich ihr
dann den Goldfranken in die Hand gedrückt, von dem ich wusste, dass Joana ihn
in ihrem Nähkorb verwahrt.«
    »Mein Gott, Pedro, zahlt dir Vita in der Firma
so wenig, dass du schon den Sparstrumpf deiner Frau plündern musst?« León
bereute seine Äußerung augenblicklich. Pedro hatte ihn nicht aufgesucht, damit
er über ihn urteilte, sondern weil er Rat und Hilfe suchte.
    »Was soll das heißen? Was hat Vita mit meiner
Firma zu tun?«
    »Sie gehört ihr. Sie ist die Hauptaktionärin der Embrabarc, von
der wiederum deine Firma eine hundertprozentige Tochter ist. Wusstest
du das etwa nicht?«
    Pedro schüttelte verneinend den Kopf. Alle Farbe
war aus seinem Gesicht gewichen. Er erklärte die Unterredung für beendet und
taumelte nach nebenan ins Esszimmer.
    »Komm, Joana, wir fahren heim.«
    Eduardo hatte beim Klingeln des Telefons breit
gestrahlt. Seit Tagen wartete er auf den Rückruf eines schwedischen Ingenieurs,
der zurzeit in Rio weilte, und um diese Zeit konnte nur er der Anrufer sein.
Doch als Eduardo in den Salon zurückkehrte, wo er, Dona Alma und Vitória in
seltener Eintracht beisammengesessen und der blechern kratzenden Musik aus dem
Grammofon gelauscht hatten, war er ein Bild des Elends.
    »Pedro ... hatte einen schweren Unfall.«
    Mehr war aus ihrem Vater nicht herauszubekommen.
Erst in der Kutsche auf dem Weg nach São Cristóvão gab er das Wenige preis, was
ihm Luiza am Telefon gesagt hatte: Man habe Pedro am Teufelsstrand gefunden,
mehr tot als lebendig, ihn ins Hospital gebracht, wo João Henrique die ganze
Nacht hindurch das Menschenmögliche versucht hätte und von wo ihn Joana vor
zwei Stunden hatte abholen lassen. »Damit er zu Hause sterben kann.«
    Vitória und Dona Alma hielten sich fest an den Händen,
vereint in der lähmenden Angst um Pedro.
    Das Haus lag friedlich da wie eh und je. Nichts
verriet etwas von der Tragödie, die sich im Innern abspielte. Im Vorgarten blühte
es lila, gelb und weiß, die Gardinen flatterten hinter den geöffneten Fenstern
im Erdgeschoss, die roséfarbene Fassade, von der Sonne angestrahlt, wirkte
freundlich und einladend.
    Maria do Céu öffnete ihnen die Tür. Das Mädchen
hatte rote Augen und zog permanent die Nase hoch. Sie sagte nichts, sondern führte
sie schnurstracks ins »Krankenzimmer«, das Schlafzimmer von Joana und Pedro.
Sie klopfte sacht, doch von drinnen kam Joanas barsche Anweisung: »Ihr habt
hier drinnen nichts verloren. Geht nach unten und kümmert euch um eure Arbeit.«
    »Sie lässt uns nicht zu dem armen Sinhô Pedro«,
heulte Maria do Céu. »Sie ist wie von Sinnen!«
    Vitória und ihre Eltern öffneten leise die Tür.
Als Joana sie sah, lief sie sogleich auf sie zu und umarmte erst Vitória, dann
ihre Schwiegereltern. »Endlich!«
    Joana wirkte keineswegs so, als habe der gesunde
Menschenverstand sie verlassen. Wenn nicht ihr Gesicht so bleich gewesen wäre,
hätte man von ihrer Verzweiflung, die sie innerlich zerreißen musste, nichts
bemerkt. Sie wirkte im Gegenteil wie jemand, der das Kommando in einer
schwierigen Situation übernommen hatte. Wahrscheinlich wollte sie nur keine
Heulsusen in der Nähe wissen. Sehr vernünftig.
    Sie traten an das Bett. Pedros Anblick erschütterte
sie. Er war grausig entstellt von Quetschungen, Schnittwunden und großen blaugrünen
Prellungen. Um seinen Kopf war ein Verband gewickelt. Sein Gesicht war kaum
wiederzuerkennen,

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