Analog 08
Worten zu glauben.
„Die Meldungen sind bestätigt, Sir.“ Mahendra nickte heftig mit dem Kopf. „Er wird durch die äußere solare Chronosphäre fliegen anstatt weiter unten durch die Photosphäre. Wir werden ein paar schöne Protuberanzen sehen und für einige Wochen eine erhöhte Strahlung messen, aber es wird keine Katastrophe geben.“
„Und der Eindringling hat nicht noch einmal versucht, seinen Kurs zu ändern?“ fragte Du Bellay sehr leise.
„Nein, Herr Doktor“, antwortete Mahendra betrübt.
Verwirrt schaute Chandra abwechselnd auf ihren Vater, Mahendra und den Doktor. Alle Gesichter zeigten die gleiche Miene. Sogar Goodes Gesicht wurde ernster … Und plötzlich begriff sie. „Sie meinen … der Zusammenstoß hat sie alle getötet?“
Carey legte ihr den Arm um die Schultern. „Wir hatten keine andere Wahl, Chandra. Es war eine Frage des Überlebens, das verstehst du doch, nicht wahr?“
Sie seufzte und nickte zögernd. Goode ergriff sie am Arm und führte sie zu einem Stuhl. Sie setzte sich und umklammerte seine Hand. Dann beobachtete sie wie alle anderen im Stabsraum den großen Bildschirm, auf dem der Computer den Weg des Eindringlings dicht an der Sonne vorbei und wieder hinaus in den Weltraum nachzeichnete. Wie mögen sie gewesen sein, fragte sie sich benommen … Und wie viele hatte sie umgebracht, damit die Erde leben konnte? Sie wußte, daß sie das niemals erfahren würde.
Hinter der Morgengabe wichen die Sterne zurück in den Bereich negativer Unendlichkeit, ihr Licht machte eine Rotverschiebung bis zur Unsichtbarkeit durch. Mit gemischten Gefühlen beobachtete Orofan das schwindende Bild auf dem Schirm. Neben ihm schaute Pliij vom Steuerstand auf. „Es ist alles in Ordnung, Schiffsmeister. Die Abweichung wurde genau bestimmt, und irgendwann während der nächsten hundert Aarns können wir die Kursänderung vornehmen.“ Er hielt inne und fuhr dann in einem persönlicheren Tonfall fort: „Du hast nur getan, was notwendig war, Orofan. Deine Ehre ist unbefleckt.“
Orofan schwenkte die Tentakel zustimmend, aber es war eine automatische Geste. Er bemerkte, daß er noch immer das Sturmgewehr in einem Tentakel hielt, und er schob es ins Halfter zurück. Ein saugnapfbewehrter Greifarm berührte ihn sanft. „Pliij hat recht“, sagte Lassarr leise. „Was es auch für ein Schiff gewesen sein mag. Wir können sicher sein, daß unser Räumschild bereits die Insassen getötet hatte, bevor wir es überhaupt entdeckten. Du konntest ihnen nicht helfen. Wenn du die Schiffsmasse zu diesem Zeitpunkt zurückgestoßen hättest, wäre das keine ehrenhafte Tat gewesen. Du hast richtig gehandelt.“
„Ich weiß“, seufzte Orofan. Es war die Wahrheit. Das Schicksal war mit Orofans Entscheidung einen Bund eingegangen. Gemeinsam hatten sie das System vor der Vernichtung bewahrt, ohne daß eine beträchtliche Verlängerung für die Reise der Morgengabe eingetreten wäre. Eigentlich sollte er zufrieden sein.
Und doch … Die Analysatoren hatten bedeutende Mengen von Silizium, Kohlenstoff, Sauerstoff, Wasserstoff und Stickstoff angezeigt, gemeinsam mit dem Metall des Schiffes, das die Morgengabe ungewollt in sich aufgesogen hatte. Welche von diesen Atomen hatten einst zu lebenden Wesen gehört …? Und wie viele von ihnen mußten sterben, damit die Sk’cees ihre neue Heimat erreichen konnten?
Er wußte, daß er das niemals erfahren würde.
THE PRICE OF SURVIVAL
Timothy Zahn
© 1981.
Aus dem Amerikanischen von Ulrich Kiesow
Thomas R. Dulski
Der Trelph ist ein Einzelgänger
Irgendwann sieht man sich im Rasierspiegel an und macht sich klar, daß der vierzigste Geburtstag lange vorbei ist. Wenn der Rasierspiegel in einer Erste-Klasse-Kabine eines Sonderbotschafter-Sternenkreuzers hängt, ist dieser Gedanke nicht weniger schockierend.
Ich starrte das unrasierte Gesicht vor mir an und gähnte. Spezialassistent des stellvertretenden Sekretärs für Planetarische Entschädigung. Ich hatte den Scheitelpunkt meiner Karrierekurve erreicht, und mir fehlten die Nerven für die Intrigen und Kämpfe, auf die ich mich einlassen müßte, wenn ich noch weiter aufsteigen wollte. Wenn ich Glück hatte, konnte ich mich bis zur vorgeschriebenen Pensionierung im Alter von fünfundsiebzig Jahren in dieser Höhe halten. Es sei denn, ein junger Löwe sprang mich auf der Suche nach Beförderung an.
Ich kratzte mich am Kinn und griff nach dem Enthaarer. Es war nicht so, daß mir mein Beruf keinen
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