Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Anastasija 02 - Der Rest war Schweigen

Titel: Anastasija 02 - Der Rest war Schweigen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandra Marinina
Vom Netzwerk:
als auch für etwaige Zeugen.
    Der Fahrer des weißen Shiguli wollte Igor Jerochin ermorden.
    3
    Viktor Alexejewitsch Gordejew beendete die morgendliche Einsatzbesprechung.
    »Wenn niemand mehr Fragen hat, machen wir für heute Schluß. Anastasija, bleib noch einen Moment.«
    Die Mitarbeiter verließen eilig das Büro des Chefs, um ihren unaufschiebbaren Angelegenheiten nachzugehen. Nastja blieb in einer entfernten Ecke sitzen.
    »Was versteckst du dich?« brummte Knüppelchen. »Komm näher.«
    »Warum?« fragte sie lächelnd. »Wollen Sie mich schlagen?«
    »Ich habe Halsschmerzen, ich kann nicht laut sprechen. Es ist, als hätte man mir Schmirgelpapier in den Hals gestopft. Offenbar habe ich eine Angina.«
    »Es sieht so aus«, sagte Nastja. »Sie müssen mit einer Lösung aus Jod und Salz gurgeln, das desinfiziert, besonders dann, wenn die Mandeln eitrig sind.«
    »Und dieses Mittel. . . wie heißt es gleich. . . das aus der Fernsehreklame? Vielleicht sollte ich es damit mal versuchen?«
    »Sie meinen wahrscheinlich Koldrex oder Panadol. Aber da kann ich Ihnen nicht raten. Ich fürchte mich vor diesen ganzen neuen Medikamenten, weil ich eine Allergie habe.«
    »Schon gut, ein Hausmittel tut’s auch«, seufzte Knüppelchen.
    Es sah so aus, als wäre er wirklich krank. Obwohl es ein kühler Oktobertag war, war seine Glatze von kleinen Schweißperlen bedeckt, die Nase war gerötet, die Augen tränten, die Stimme war im Keller und wurde mit jedem Wort, das er sprach, heiserer.
    »Was ist mit dem Auswertungsbericht?« fragte er, »wie lange dauert es noch?«
    »Ich bin praktisch schon fertig, ich brauche nur noch Ihren Rat. Genauer, ich brauche zwei Ratschläge«, verbesserte sich Nastja.
    »Schieß los«, sagte Viktor Alexejewitsch und machte eine resignierte Handbewegung. »Wenn ich krank bin, sinkt meine Widerstandskraft, und man kann mir sogar zwei Ratschläge kostenlos abknöpfen. Nutze die Gelegenheit!«
    »Ich habe mehrere Mordfälle entdeckt, die ganz offensichtlich Zusammenhängen, die man als Mordserien bezeichnen muß, aber die Fälle wurden alle einzeln untersucht, die Frage nach einem Zusammenhang hat man gar nicht gestellt. In meinem Bericht kann ich auf das Vorhandensein der Zusammenhänge einfach nur hinweisen, ich kann aber auch ins Detail gehen, nur müßte ich dann zwangsläufig die Namen derer nennen, die geschlafen haben. Und es gibt noch eine dritte Möglichkeit: In dem Bericht für oben begnüge ich mich mit dem Hinweis auf die Zusammenhänge, und für uns mache ich eine ausführliche interne Auswertung. Kurz, sagen Sie mir, wie ich mich verhalten soll.«
    »Sagen Sie mir, sagen Sie mir«, knurrte der Oberst mürrisch, während er seinen Hals mit einem grauen Uniformschal umwickelte. »Ich sage gar nichts, ich bin krank. Es ist dein Bericht, mach, was du für richtig hältst.«
    »Viktor Alexejewitsch«, flehte Nastja, »ich will die Jungs doch nicht verpfeifen. Lassen Sie mich die Namen weglassen. Schließlich geht es nicht um personelle Bewertungen, sondern nur darum, typische Fehler und Unterlassungen bei der Ermittlungsarbeit herauszustreichen.«
    »Richtig«, stimmte Knüppelchen zu, er flüsterte nur noch. »Wenn du alles selbst weißt, warum fragst du dann?«
    »Für alle Fälle, Sie sind immerhin der Chef.«
    »Schlecht, Anastasija. Du bist schon ein großes Mädchen, hör auf, dich hinter meinem Rücken zu verstecken, du mußt lernen, selbst Entscheidungen zu treffen. Ich gehe bald in Pension, was machst du dann ohne mich?«
    »Ohne Sie bin ich verloren«, antwortete sie mit Bestimmtheit.
    »Blödsinn«, raunzte der Oberst mit gerunzelter Stirn, »sieh zu, daß du auf die eigenen Beine kommst, werde mutiger, damit ich ruhigen Gewissens abtreten kann. Einen Rat habe ich dir hiermit gegeben. Was willst du noch?«
    »Nun ja, in Anbetracht dessen, was Sie mir eben gesagt haben, erübrigt sich der zweite Rat. Deshalb frage ich Sie nicht, sondern setze Sie in Kenntnis.«
    »Wovon?«
    »Ich habe vor, zur Klärung einiger Umstände eine operative Überprüfung durchzuführen, und ich werde dafür meine eigenen Möglichkeiten nutzen.«
    »Was denn für Möglichkeiten?« Vor Überraschung hatte der Oberst plötzlich seine normale Stimme wiedergefunden. »Du machst seit zehn Jahren Auswertungsarbeit, du hast keinen einzigen Informanten, weder einen bezahlten noch irgendeinen anderen. Was hast du da ausgeheckt? Bekenne Farbe!«
    »Ich bekenne gar nichts«, lachte Nastja. »Sie haben mir selbst

Weitere Kostenlose Bücher