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Anastasija 04 - Tod und ein bisschen Liebe

Anastasija 04 - Tod und ein bisschen Liebe

Titel: Anastasija 04 - Tod und ein bisschen Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandra Marinina
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Einbänden und den wertvollen, von den Künstlern signierten Bildern. Alles das hatte die Mutter verkauft, um ihm, Valerij, etwas zu bieten, um ihn nicht mit Chemie zu füttern, sondern mit gesunden, frischen Naturprodukten vom Markt. Er sollte jedes Jahr Ferien am Meer machen, im Baltikum, und für die Dauer von drei Monaten wurde ein ganzes Haus gemietet, nicht etwa irgendeine winzige Kammer mit zwei schäbigen Liegen. Alles das kostete irrsinniges Geld, aber seine Mutter nahm diese Ausgaben auf sich. Sie wollte die dreimonatigen Sommerferien mit ihrem Sohn nicht in beengten, demütigenden Verhältnissen verbringen, nicht an einem jener Orte, wo man nie wußte, wo man hintreten und wo man sich hinsetzen durfte. Es sollten drei Monate vollwertigen Lebens sein, mit Büchern, die in Koffern mitgenommen wurden, mit einer Staffelei zum Malen, mit Fernseher und Plattenspieler, auf dem die Mutter ihre und Valerijs Lieblingsplatten spielte.
    Inzwischen war er erwachsen geworden, aber er vergaß nie die Opfer, die die Mutter im Namen seiner Gesundheit und seines Wohlergehens gebracht hatte. Daß er jetzt seine eigene Goldader für sich finden mußte, war ihm völlig klar, aber er wußte noch nicht, wie. Es gab dafür zwei Möglichkeiten.
    Er konnte die Soziologie oder die verhaßte Politologie wählen und es in nicht allzu ferner Zeit zu Ansehen, Status und Geld bringen, genügend Geld, um seiner alten Mutter wenigstens noch ein paar gute, sorgenfreie Jahre ohne Demütigungen zu bereiten.
    Die zweite Möglichkeit bestand darin, das zu wählen, was er liebte und gut kannte, nämlich die griechische Antike, in der noch so unendlich viel Unerforschtes war. Doch wen interessierten heute noch die alten Griechen? Wahrhaftig, es gab Wissenschaften, die nur den Reichen gehörten. Wenn ein armer Schlucker sich der griechischen Antike verschrieb, konnte er nur Hungers sterben, denn er würde nicht einmal das Geld für einen Anzug verdienen, mit dem er das Podium betreten konnte, um einen Vortrag zu halten. Ein armer Schlucker mußte Chemiker oder Biologe werden, um in der Textil- oder Nahrungsmittelindustrie zu arbeiten, ein armer Schlucker mußte Jura oder Wirtschaftswissenschaften studieren. Die alten Griechen mußte er der Elite überlassen, den Millionären. Und Valerij Turbin stellte sich die Frage, ob er nicht dennoch seine geliebten Griechen wählen und seinen Lebensunterhalt auf andere Weise verdienen sollte, nämlich mit seinen sexuellen Fähigkeiten.
    Er wählte die Griechen. Und begann, sich unter den Mädchen und Frauen in seiner Umgebung aufmerksam nach der umzusehen, die zu seiner Goldader werden konnte. Im Idealfall stellte er sich eine junge, geschäftstüchtige Frau von etwa fünfunddreißig Jahren vor, die alles hatte und keinen Mann für die Seele brauchte, nicht für die Hausarbeit und nicht für die Durchsetzung ihrer großartigen Projekte, sondern nur fürs Bett. Er würde ihr von Anfang an klare Bedingungen stellen. Er würde sich nicht in ihre Angelegenheiten einmischen, keine Aufmerksamkeit von ihr verlangen, sie brauchte sich nicht um ihn zu kümmern, ihn nicht zu versorgen und das Frühstück ans Bett zu bringen. Er legte keinen Wert darauf, daß sie ihn in ihre Geheimnisse einweihte und ihre Probleme mit ihm besprach. Er verlangte nur einen gewissen, nicht allzu großen Komfort für sich und Geld für den Lebensunterhalt seiner Mutter. Dafür würde er einwandfrei seinen ehelichen Pflichten nachkommen, zu jeder Zeit und an jedem Ort, in jeder Form und mit jeder gewünschten Intensität.
    Aber leider stellte sich heraus, daß die Frauen, die es bereits zu etwas gebracht hatten und mit ihren schlanken, teuer bestrumpften Beinen fest auf dem Boden der Realität standen, keiner männlichen Sexmaschinen bedurften. Sie wünschten sich Nähe, Wärme, Zärtlichkeit, Kinder. Sie wollten sich um jemanden sorgen und selbst umsorgt werden. Für Valerij, den in diesem Leben nur die Philosophie der alten Griechen interessierte, hatten diese Frauen nichts übrig. Diejenigen, die es nach nacktem Sex verlangte, erwiesen sich entweder als zu jung und zu wenig vielversprechend im Sinne der Goldader, oder sie waren solche Xanthippen, daß es Valerij davor graute, mit ihnen ins Bett zu gehen.
    Und plötzlich tauchte Katja Golowanowa auf, eine Studentin, die Valerij so ähnlich war, die die Philosophie liebte, sich hervorragend in der Materie auskannte und großes Gespür dafür hatte. Es war für Valerij interessant und

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