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Anastasija 05 - Die Stunde des Henkers

Anastasija 05 - Die Stunde des Henkers

Titel: Anastasija 05 - Die Stunde des Henkers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandra Marinina
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Brot auskommen.
    »Was ist, Pawel«, rief sie aus der Küche, »sind Sie eingeschlafen?«
    »Nein. Ich betrachte den luxuriösen Audi, der eben unten vorgefahren ist, und seine Passagiere.«
    Nastja legte das Messer beiseite, mit dem sie das Grünzeug für den Salat geschnitten hatte, und trat ans Küchenfenster. Vom achten Stock aus konnte sie in der Dunkelheit auf der Straße nichts erkennen.
    »Was sehen Sie denn dort unten? Es ist doch dunkel.«
    »Sie waren so unvorsichtig, den Wagen zuerst unter der Straßenlaterne zu parken und sind sogar für einen Moment ausgestiegen. Dann haben sie sich besonnen und das Auto an einer anderen Stelle geparkt. Sie kennen also bereits Ihre Adresse.«
    »Das ist nicht gesagt«, widersprach sie unsicher. »Es könnte auch sein, dass sie Ihr Auto gesucht und gefunden haben.«
    Sie stand nach wie vor am Fenster, mit dem Rücken zur Tür, und zuckte zusammen, als sie Pawels Stimme ganz dicht neben sich vernahm. Er besaß die Fähigkeit, sich völlig lautlos zu bewegen.
    »Machen Sie sich keine Illusionen«, sagte er. »Innerhalb von zwei Stunden ist es in einer so riesigen Stadt wie Moskau ohne Hilfe der Miliz unmöglich, ein bestimmtes Auto zu finden. Und selbst mit Hilfe der Miliz gelingt es nicht immer.«
    Nastja löste sich vom Fenster und wandte sich erneut dem Salat zu. Pawel hatte sich mit dem Rücken an die Wand gelehnt und beobachtete sie.
    »Sie machen das nicht besonders geschickt«, bemerkte er. »Sind Sie nervös?«
    »Nein, ich habe wenig Übung in solchen Dingen«, erwiderte sie kurz, während sie die gehackte Petersilie und den Dill zum Salat gab.
    »Haben Sie lange bei Ihrer Mutter gewohnt, die für Sie gekocht hat?«
    Er löste sich von der Wand, setzte sich auf einen Hocker und verschränkte die Arme über der Brust.
    »Nein, ich habe lange allein gelebt und bin mit einfacheren Gerichten ausgekommen.«
    »Und was ist mit Ihrem Mann? Kochen Sie nicht für ihn?«
    »Nein, im Gegenteil, er kocht für mich. Hören Sie, irgendetwas stimmt hier nicht. Wenn sie meine Adresse kennen, dann haben sie mich nicht erst heute ausfindig gemacht, sondern schon früher. Sie sind mir mit Sicherheit bis zu meiner Dienststelle gefolgt und wissen, wer ich bin. Sie sind nicht hinter mir her, sondern hinter Ihnen. Sie haben mich nur in der Hoffnung verfolgt, dass ich mich mit Ihnen treffen werde. Meinen Sie nicht auch, dass es so ist?«
    »Durchaus möglich.«
    »Dann besteht keinerlei Grund für Sie, mich zu bewachen.«
    »Möchten Sie, dass ich gehe?«
    Nastja hob den Kopf und sah ihm ins Gesicht, aber wieder wich er ihrem Blick aus.
    »Ja, das möchte ich«, sagte sie ruhig. »Das bedeutet natürlich nicht, dass ich Sie vor die Tür setze. Wir werden zu Abend essen, und danach fahren Sie nach Hause.«
    »Wenn ich Ihr Haus verlasse, laufe ich den beiden direkt in die Arme.«
    »Sie können Ihren Verfolgern sehr gut entkommen, das haben Sie vorhin bewiesen.«
    »Fürchten Sie nicht, dass Sie sich getäuscht haben könnten? Was wird geschehen, wenn ich wegfahre und die beiden hier bleiben? Denken Sie an Uralsk. Sie haben mir dort gedroht, dass Sie Weggehen und mich allein und ohne Waffe im Hotelzimmer zurücklassen werden. Damals hat mich nur Ihre Anwesenheit geschützt. Und jetzt schützt meine Anwesenheit Sie. Solange ich hier bin, werden sie es nicht wagen, hier einzudringen. Aber sobald ich weg bin, werden sie an Ihrer Tür läuten. Was werden Sie dann tun?«
    Nastja hatte den Salat gewürzt und setzte sich nun ebenfalls an den Tisch, Pawel gegenüber. Er hat Recht, dachte sie. Ich weiß nicht genau, was vor sich geht, aber ich fühle, dass er Recht hat. Warum werden sie mir nichts tun, solange Pawel hier ist? Ich weiß es nicht, aber Pawel scheint davon überzeugt zu sein. Darüber muss ich nachdenken. Und wenn sie tatsächlich nicht hinter mir, sondern hinter ihm her sind, dann wäre es unverantwortlich, ihn auf die Straße hinauszuschicken, die Beute dem Jäger direkt vor die Füße zu werfen. Aber Gott allein weiß, wie sehr ich mir wünsche, dass er nicht hier wäre! Seine Anwesenheit ist qualvoll für mich, sie enerviert mich wie das Geräusch, das beim Kratzen von Glas auf Metall entsteht. Wie ist das nur möglich? Auf dem Weg von Samara nach Moskau habe ich drei Tage mit ihm verbracht und nichts dergleichen empfunden. Wahrscheinlich lag es daran, dass es den Auftrag gab, den ich ohne Rücksicht auf eigene Wünsche, Gefühle und Wahrnehmungen zu erfüllen hatte. Ich musste es

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