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Anastasija 05 - Die Stunde des Henkers

Anastasija 05 - Die Stunde des Henkers

Titel: Anastasija 05 - Die Stunde des Henkers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandra Marinina
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betraten. Und das war nicht gegen acht Uhr abends, sondern viel früher. Der Junge hatte zwar keine Armbanduhr, aber er erinnerte sich, dass er gegen fünf Uhr nach oben gegangen war, um sich eine französische Kinderfilmserie im Fernsehen anzuschauen.«
    »Die Frage ist, was sie fast drei Stunden in diesem Haus gemacht haben, wenn sie bei niemandem zu Besuch waren. Oder warum derjenige, bei dem sie waren, es nicht zugeben will. Es gibt natürlich noch eine dritte Möglichkeit. Die zwei waren Einbrecher und haben sich in einer leeren Wohnung aufgehalten. Allerdings kenne ich keine Einbrecher, die sich drei Stunden Zeit lassen, um eine Wohnung auszuräumen.«
    »Ein Einbruch wurde nicht gemeldet. Allerdings gibt es Wohnungen im Haus, deren Bewohner zurzeit verreist sind.«
    »Wenn die beiden aber doch bei Mchitarow waren, dann stellt sich die Frage, warum er seine Frau angelogen hat.«
    »Diese Frage musst du dir selbst beantworten.«
    »Das werde ich auch tun. Die Männer wussten etwas über ihn, das auf keinen Fall bekannt werden durfte, weil es sonst auch das Leben seiner Frau und seiner Kinder in Gefahr gebracht hätte. Nach der Unterhaltung mit den beiden hat Mchitarow beschlossen, sich das Leben zu nehmen, aber die Männer sollten auf keinen Fall gefunden werden, weil nicht herauskommen durfte, was sie über ihn wussten. Es durfte nicht einmal bekannt werden, dass er mit ihnen in Verbindung gestanden hatte. Übrigens, Wlad, mit Jurzew, deinem Bekannten, könnte man doch genauso verfahren sein wie mit Mchitarow. Man fing ihn auf dem Empfang ab und stellte ihn vor die Alternative: Entweder du bringst dich um, oder wir decken alles auf, was wir über dich wissen.«
    »An Phantasie mangelt es dir jedenfalls nicht, Nastja«, lachte Stassow. »Weißt du denn nicht, wer Jurzew war? Einem wie dem kann man keine Angst einjagen. Alle wussten, dass er ein sehr mächtiger Mafioso war, man hat ihn verehrt und gefürchtet. Er brauchte nicht im Geringsten um die Ehre und das Wohlergehen seiner Familie zu bangen. Was kann man über Leute wie diese schon aufdecken? Dass sie Vampire sind und ihnen nachts im Schlaf die Eckzähne wachsen? Man weiß sowieso alles über sie, da gibt es keine Geheimnisse.«
    »Warum hat man dann den einen in Malkows offizielle Anhängerliste aufgenommen und den anderen nicht?«
    »Interessante Frage. Wen hat man denn nicht aufgenommen?«
    »Jurzew. Ich habe angenommen, dass man ihn weggelassen hat, weil man wusste, dass er kein unbeschriebenes Blatt für die Miliz war, und sich deshalb nicht unbedingt mit ihm schmücken wollte. Aber wenn es bei Mchitarow auch nicht anders war. . . Dann verstehe ich überhaupt nichts mehr. Dann hat Jurzew mit dieser ganzen Geschichte wahrscheinlich überhaupt nichts zu tun. Scheinbar handelt es sich um einen Zufall.«
    »Nastja, du weißt, was ich von Zufällen halte. Ich mag sie nicht, und ich glaube nicht an sie. Besonders dann, wenn zwei daseinsfrohe Ganoven sich fast gleichzeitig ohne jeden ersichtlichen Grund das Leben nehmen.«
    »Dann gibt es nur eine einzige Antwort. Der gemeinsame Nenner, unter dem man das alles betrachten muss, ist nicht Malkows Präsidentschaftskandidatur,-sondern etwas ganz anderes. Falls es überhaupt einen gemeinsamen Nenner gibt.«
    Stassow hielt vor Nastjas Haus.
    »Kommst du noch mit nach oben?«, fragte sie. »Ljoscha würde sich freuen.«
    »Nein, Nastjenka, danke. Ein andermal. Viele Grüße an Tschistjakow.«
    »Ich werde es ausrichten.«
    Sie lächelte und winkte dem davonfahrenden Auto nach.
    * * *
    Der Sonntag verlief für Nastja verhältnismäßig ruhig. Sie ging nicht ins Büro, sondern saß den ganzen Tag am Tisch in der Küche und machte irgendwelche Skizzen mit rätselhaften Pfeilen und Häkchen. Die meisten Fragen, die sie sich stellte, blieben natürlich offen, aber immerhin gelang es ihr, sich einen Plan zu erarbeiten, wie sie am besten an nötige Informationen herankommen würde, auf deren Grundlage sie dann versuchen konnte, die gesuchten Antworten zu finden.
    Der Montag hingegen begann sehr turbulent. Nastja fuhr etwas früher als sonst ins Büro und holte sich vom Bereitschaftsdienst den Lagebericht der letzten zwei Tage. Sofort fiel ihr Blick auf einen Eintrag über den Fund einer männlichen Leiche, bei der keine Papiere gefunden wurden. Der Mann war etwa fünfzig Jahre alt, 1,83 Meter groß, graues Haar, dunkle Augen. Die Beschreibung der Leiche gefiel ihr ganz und gar nicht. Ein älterer, hoch gewachsener,

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