Anastasya (German Edition)
fiel mir auf, dass es schneite. Das bedeutete, dass es gar nicht so schlecht war, wenn sie strickte. Nicht, weil es kalt war, sondern weil es eventuell nicht ganz unauffällig sein würde, wenn ich bei dem Wetter mit diesem Top herum rennen würde.
„Das erklärt einiges…“, murmelte sie. Ich konnte mir das blöde Grinsen nicht verkneifen. Ich schaute mich wieder im Zimmer um. Erst jetzt fiel mir der große Spiegel an der Hinterseite Der Tür auf. Ich musterte das Ding. Natürlich sah ich mich nicht darin.
Ich blieb noch ein paar Tage in der Wohnung. Alles was ich machte war, mit Charly reden. Sie erklärte mir irrwitzigerweise, wie das mit dem beten funktionierte. Von dem hatte ich bisher nichts gehalten, weil ich dazu bestimmt war, in die Hölle zu kommen. Aber ich hatte kein Problem damit. Ich hatte mich damit abgefunden und da ich meine Seele ohnehin nicht mehr retten konnte, hatte ich beschlossen, sie mir aus dem Leib zu reißen und das zu tun, was ich wollte. Jeden Tag tötete ich, jeden Tag verstieß ich gegen irgendwelche Regeln. Ich hatte gerade eine Phase in der ich alles und jeden manipulierte… Es spielte keine Rolle.
Nach vier Tagen wachte Lena auf. Charly und ich standen gerade im Badezimmer und sie war dabei, mir Zöpfe zu flechten. Aber in dem Moment, in dem Lena die Augen aufschlug durchfuhr uns beide ein Zucken. Den Bruchteil einer Sekunde später standen wir neben ihr. Charly verdrängte mich, sodass ich beinahe das Gleichgewicht verlor. Ich machte einen Schritt zur Seite und schaute sie wütend an. „Meine Schwester“, erklärte sie.
Ich verdrehte die Augen. Wie erwachsen
„Du bist noch da?“, fragte Lena überrascht, als sie mich sah. Sie würdigte Charly keines Blickes. Sobald sie bemerkte, dass noch jemand im Raum war, setzte sie sich auf und schaute m ich an. Sie war verwirrt. „Wieso…“, Charly drückte sie wieder runter.
„Bleib liegen ich bringe dir was zu essen“, murmelte sie und verschwand.
„Meine Schwester…“, erklärte Lena. „Die gleichzeitig als meine Mutter fungiert“, fügte sie hinzu.
Ich grinste. „Ja, habe ich auch schon bemerkt“, sagte ich und schaute auf mein T-Shirt.
„Trägst du da meine Sachen?“, fragte sie überrascht.
Ich nickte. „Ich hätte auch nie geglaubt, dass die mir passen würden“
Lena kicherte. Ich sah ihre Fänge aufblitzen.
„Ja, vorher hat sie furchtbar ausgesehen, aber das ist dir sicher nicht aufgefallen, du warst ja in deinem eigenen Nirwana“, antwortete Charly unfreundlich. Irgendetwas an der Situation schien ihr nicht zu passen. Es war ganz offensichtlich, dass sie gereizt war. Aber was hatte sie so plötzlich wütend gemacht?
„Jetzt hast du diesem Zustand schon einen Namen gegeben?“, fragte ich.
Sie nickte. „Schön, dass du das bemerkt hast“ Ich hasste es, wenn andere Sarkastisch waren. Keiner konnte das so gut wie ich.
„Ist Valentina schon aus Amerika zurück?“, fragte Lena.
Valentina?
„Nein“, Charly senkte den Kopf .
„Traurig“
Valentina? ? Wieso beantwortete niemand meine Fragen?
„ Ich habe Hunger“, murmelte Lena.
Charly hielt ihr ein Glas hin, gefüllt mit einer dünnen, roten Flüssigkeit.
„Ich muss jetzt gehen. Ich habe Durst. Ich werde mehr beschaffen. Anni bleibt bei dir“, erklärte Charly bestimmt. Sie Stellte einen Krug voller Blut auf den Tisch neben dem Bett und drehte sich dann um. Sie musste lange nicht mehr getrunken haben, wenn das bisschen sie so aufwühlte. Mich ließ das vollkommen kalt. Ich hatte meinen Durst vor vier Tagen gestillt. Eigentlich konnte ich schon wieder etwas vertragen, aber es war nicht so, dass ich es nötig hatte.
„Wieso darf sie dich Anni nennen und ich nicht?“, fragte Lena enttäuscht. Natürlich war ihr das sofort aufgefallen.
Ich zuckte die Schultern. „Deine Schwester tut es einfach“
Wir schwiegen eine Weile. Dann setzte ich die Konversation fort.
„Wer ist Valentina?“, widerholte ich mich zum dritten Mal.
Lena senkte den Kopf. „Sie ist ihre… Freundin“ Ich hob eine Augenbraue. „Ja, genau das meine ich“ Okay. Von jetzt an war mir klar, wieso es in dieser Wohnung nicht nach Männern roch, wieso Charly so unberührt aussah, und warum ich mir eingebildet hatte, dass es ihr ganz besonders gefallen hatte, meine Haare zu kämmen und zu flechten. Mich störten ihre Vorlieben nicht, das einzige Problem dabei war, dass das gegen das Gesetz verstieß. Denn es gefährdete die Pläne, unsere Rasse zu erhalten.
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