Anastasya (German Edition)
„A-aber das weißt du nicht von mir“.
„Von wem denn sonst?“
Lena schaute zu Boden. Ach ja, schöne Scheiße, nicht wahr?
Mir fiel auf, dass in dem Raum fast alle Kerzen brannten. Es roch immer noch stark nach Erdbeeren und Kiwi. Aber der Geruch störte mich nicht. Der Raum war so groß, dass sich das Bisschen gut verteilte, eine Milde Erdbeer-Kiwi-Brise, sozusagen.
„Willst du mir erzählen, was passiert ist?“
Lena schaute aus dem Fenster. Scheinbar war sie noch nicht bereit dazu. Ich nickte.
Dann schoss mir ein Gedanke ein: Was machst du hier?
Ich wollte doch ganz woanders sein. Ich wollte nichts mit ihr zu tun haben. Wieso war ich ihrer Spur gefolgt? Wieso hatte ich sie hierher gebracht. Wieso hatte sie mir die Probleme ihrer Schwester erzählt…
„Sollte ich ihr sagen, dass eine Einladung erhalten habe?“, fragte ich unsicher.
Lena zuckte die Achseln. „Ich glaube nicht, dass sie so etwas hören will“, murmelte sie und setzte nun endlich das Glas an. Sie trank innerhalb einer Minute den ganzen Krug aus. Das hätte ich ihr nie zugetraut. Ich wusste nicht warum, aber ich sah Lena nicht als Vampir, ich sah sie als Menschen. Sie war so sensibel, so zerbrechlich und ich war mir sicher, dass sie sich sogar dabei schlecht fühlte, wenn sie jemandem das Genick durchbiss.
Mir fiel ein, dass ich Charly daran erinnern musste, mir meine Waffe zurück zu geben. Wo konnte sie die versteckt haben? Sie hatte sicher keinen Waffenschrank.
Ich stand auf und suchte die Knarre. Was ich dabei fand verwunderte mich nur. Ich fand ein Regal, das randvoll mit Alkohol angefüllt war. Whiskey, Wodka, Rum, ALLES! Ich riss den Mund auf und bekam ihn nicht mehr zu. So etwas hatte ich nun wirklich nicht erwartet.
Ich drehte mich um. Plötzlich stand Lena hinter mir.
„Jetzt kennst du den Grund, warum ich nicht trinke“, murmelte sie, stellte sich neben mich und schloss den Schrank wieder. Ich konnte meine Augen nicht davon abwenden. „Ich sehe immer wieder Charly dabei zu wie sie so lange trinkt, bis sie sich übergibt. Und ich habe panische Angst davor, mich zu übergeben“
„Kann ich verstehen“. Eigentlich konnte ich das nicht. Ich hatte noch nie so viel getrunken, dass ich mich übergeben hätte. Scheinbar arbeiteten meine Organe besser als manch andere. Das lag vermutlich an den Genen.
„Außerdem finde ich es dumm, dieselben sinnlosen Fehler wie die Menschen zu machen“ ergänzte sie. Ich zuckte die Schultern. Hierbei fühlte ich mich nicht angesprochen. „Wobei ich ja genau das getan habe. Ich wollte das nicht, was er gemacht hatte, war aber zu feige, den Mund aufzumachen, oder mich zu wehren. Ich hatte Angst vor dem, was er sagen würde. Angst, dass er mir den Kopf abreißen würde oder so. Ich wollte nicht, dass Charly auf sich allein gestellt ist. Sie schafft es nicht ohne mich. Ich weiß, dass sie mich braucht, sie braucht jemanden, den sie bemuttern kann. Deswegen ist Valentina auch in New York. Langsam wurde sie lästig. Aber so ist sie eben und ich will sie nicht allein lassen. Ich will ja meinen eigenen Weg gehen und tun, was gut für mich ist, aber ich schaffe es nicht. Dazu bin ich zu gefühlvoll. Du hast es da viel leichter. Die Gefühle anderer interessieren dich nicht. du tust was du willst, wann du es willst. Ich bewundere dich dafür. Andererseits wünsche ich mir, du wärst manchmal etwas feinfühliger. Ich weiß auch nicht, was mit mir los ist, aber ich bin eben verrückt. Ich bin nicht mit der Situation zufrieden, wie sie ist. Ich will mich ja ändern, aber das ist leichter gesagt, als getan. Er hat mir Befehle gegeben und ich habe sie instinktiv ausgeführt. Auch wenn ich voller Angst und komplett unruhig war, ihm hat es gefallen, vielleicht hat ihm genau das gefallen. Ich will gar nicht wissen, was für kranke Gedanken er hatte, an wen oder was er dachte. Nein wirklich, ich kann auf diese Information verzichten. Ich will es nur ungeschehen machen. Verstehst du mich? Ich wollte meine Unschuld so nicht verlieren. Ich wollte mich für jemanden aufsparen, der mich wirklich liebt. Aber der lässt sich scheinbar echt Zeit“, erzählte sie mir.
„Du musst lernen, deine n eigenen Willen durchzusetzen“, lautete meine Schlussfolgerung.
Sie nickte. „Nur wie?“
„Naja, triff eigene Entscheidungen“, schlug ich vor.
„Dann begleite ich dich zur Gruft der hohen Familie“, entschied sie.
Ich schüttelte den Kopf. „Bitte nicht“
„Okay, dann nenne ich dich von jetzt an
Weitere Kostenlose Bücher