Anastasya (German Edition)
vertrauen. Ich musste einfach tun, wie mir gesagt wurde.
Es dauerte nicht lange, bis wir bei der Burg waren. Während des gesamten Weges hatten wir kaum gesprochen. Ich hatte den Kopf gesenkt und darüber nachgedacht, wie ich die Vollmondnacht wohl verbringen müsste.
Tristan öffnete das Tor und wir traten ein. Die Halle war leer und wurde von einigen wenigen Fackeln erleuchtet. Ich mochte das. Kerzenlicht beruhigte mich. Das Flackern einer Kerze wirkte auf mich angenehmer als das Flackern einer Neonlampe. Neonlicht erinnerte mich immer an Folterkammern, oder irgendwelche verruchten Gefängnisse. Neonlampen machten mich unruhig.
Ich sah, dass die Tür zum großen Saal bereits offen war, das bedeutete, ich wurde bereits erwartet. Ich hasste diesen Saal. Es war ein riesiger Saal, der sicher über tausend Personen Platz geboten hätte, aber es gab nur eine Art Altar, auf dem sieben Throne standen.
In der Mitte würde er sitzen, rechts von ihm seine Frau und die anderen würden wahrscheinlich leer sein. Zumindest hoffte ich, dass Marius‘ Brüder und Estefania nicht dazu eingeladen waren. Aber das würden sie schon nicht sein, sie mussten ja so gut wie nie an irgendwelchen Zeremonien teilnehmen. Zumindest Marius musste es nicht – oder er hielt es nicht für nötig, was weiß ich.
Ich atmete einmal langsam ein und aus, dann bewegte ich mich wieder weiter. Marius war neben mir, Jacob und Tristan hinter uns. Sie begleiteten uns bis zur Tür, öffneten auch die zweite Türhälfte und traten hinter uns in den Raum.
Es war, wie ich vermutet hatte: Der König Darius und seine Frau, Ekaterina. Sie saß zu seiner Rechten. Ihr Blick war zwar erhaben, doch gutmütig. Sie sah nicht wütend aus, sie hatte etwas Positives – und das ohne auch nur den Funken eines Lächelns.
König Darius hob seine Hand.
Marius blieb stehen und hielt meine Hand fester.
Ein weiteres kleines Handzeichen gab Tristan und Jacob zu verstehen, dass sie den Raum verlassen sollten. Prompt drehten sie um und schlossen kurz darauf die Tür. Ich schaute ihnen nach.
„Anastasya“, höre ich eine Frauenstimme meinen Namen sagen. Ich drehe meinen Kopf automatisch erneut um. Ekaterina ist aufgestanden und ging auf mich zu.
Sie bewegte sich elegant, viel eleganter als ich. „Es ist schön, dich zu sehen“
Sie kam näher und
Marius drückte meine Hand. Sag was!
Ich starrte ihn an. „Was…“, versuchte ich, ihn zu fragen.
Tu es einfach!
Was soll ich denn tun? Hör auf, meinem Gehirn Befehle zu geben und hilf mir!!
„Das Vergnügen ist ganz meinerseits, meine… äh“, scheiße. Meine Königin? Meine Schwiegermama? Scheiße…
Ekaterina lächelte und hob ihre Hand, um mir damit über die Wange zu streichen. „Nenn mich Ekaterina, Anastasya“
Ich ertappte mich dabei, wie ich zitterte. Ich klammerte mich an Marius‘ Hand.
Das war die Ruhe vor dem Sturm. Die Begutachtung der Haut vor dem Schlag. Ich war noch nie gestreichelt worden und ich konnte mir nicht vorstellen dass diese fremde Frau es tun würde.
Kurz, bevor ich die Augen schließen konnte, hörte ich wieder meinen Namen. In meinem Kopf. Anastasya!
Ich zwang mich, zu nicken, da lächelte die Königin. „Schön. Wie geht es dir, meine Liebe? Behandelt mein Sohn dich angemessen?“, erkundigte sie sich und nahm meine Hand. Sie führte mich von Marius weg, über den Altar zu den Thronen. Sie ließ mich zwei Meter vor dem König stehen und setzte sich wieder neben ihn.
Marius war mir gefolgt. Er stand hinter mir. Gottseidank.
Ich wusste nicht, wohin ich schauen sollte. Ich schaute auf den Boden. Auf das Stück Marmor vor den Füßen meines Königs.
Antworte!
Ich erschrak, als ich das hörte.
„Ja, tut er“, antwortete ich wahrheitsgemäß.
„Immer?“, fragte Ekaterina.
Ich nickte. „Ja“
Danke . Marius lächelte.
„Das hört eine Mutter gern“
„Ekaterina“, rügte Darius sie. „Du bist Königin“, flüsterte er. Er klang streng und bestimmt – dennoch ruhig. Seine Stimme hatte etwas Beruhigendes.
„In erster Linie bin ich seine Mutter“, versicherte sie ihm und griff nach seiner Hand. Ich beobachtete sie genau. Sie hatte ihn im Griff. Hinter jedem starken Mann steht eine starke Frau. Das hatte mir meine Mutter mal erklärt. Wenn ein Mann denkt, er hätte das Sagen, obwohl er eigentlich nur die Befehle der Frau ausführt, dann habe man alles richtig gemacht. Ekaterina hatte es richtig gemacht.
„Na gut“
„Erzähl mir etwas
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