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Anbetung

Anbetung

Titel: Anbetung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: D Koontz
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nicht nur um die Toten kümmern, sondern auch noch etwas Lohnenswertes schreiben müsste, dann würde ich entweder
tobsüchtig werden oder mir mit der Pistole, die Sie mir schenken wollen, in den Kopf schießen.«
    Ozzie ließ meine Ausflüchte nicht gelten. »Schreiben verursacht doch keine Schmerzen«, sagte er. »Es ist eine psychische Chemotherapie, die deine geistigen Tumore reduziert und deine Schmerzen lindert .«
    Ich zweifelte nicht daran, dass das in seinem Falle stimmte. Schließlich hatte er genug Schmerzen, um einer lebenslangen psychischen Chemotherapie zu bedürfen.
    Obwohl Big Ozzie noch am Leben ist, sieht Little Ozzie seinen Vater nur ein- oder zweimal im Jahr. Jedes Mal braucht er zwei Wochen, um sein emotionales Gleichgewicht und seine charakteristische gute Laune wiederzugewinnen.
    Auch seine Mutter lebt noch. Mit ihr hat Little Ozzie schon seit zwanzig Jahren nicht mehr gesprochen.
    Big Ozzie wiegt gegenwärtig nur etwa fünfundzwanzig Kilo weniger als sein Sohn. Deshalb nehmen die meisten Leute an, dieser habe die Fettsucht von seinem Vater geerbt.
    Little Ozzie hingegen lehnt es ab, sich als Opfer seiner Gene darzustellen. Er sagt, in seinem Herzen sei eine Willensschwäche, die zu seiner gewaltigen Körperfülle geführt habe.
    Im Lauf der Jahre hat er gelegentlich angedeutet, dass seine Eltern ihm fast das Herz gebrochen haben, was schließlich zu dieser furchtbaren Willensschwäche geführt habe. Konkret hat er mir gegenüber jedoch nie über seine schwierige Kindheit gesprochen und sich geweigert zu erzählen, was er damals erlitten hat. Er schreibt einfach einen Kriminalroman nach dem anderen.
    Über seine Eltern spricht er nicht mit Bitterkeit. Vielmehr spricht er überhaupt kaum über sie, weicht ihnen aus, so gut er kann – und schreibt ein Buch nach dem anderen über Kunst, Musik, Essen und Wein …

    »Schreiben«, sagte ich ihm nun, »kann meinen Schmerz sowieso nicht so wirksam lindern wie der Anblick von Stormy … oder auch der Geschmack von Kokos-Kirsch-Eiskrem mit Schokosplittern. «
    »In meinem Leben gibt es zwar keine Stormy«, antwortete er, »aber das mit der Eiskrem verstehe ich.« Er leerte sein Glas. »Was willst du nun wegen diesem Bob Robertson unternehmen? «
    Ich zuckte die Achseln.
    Ozzie ließ nicht locker. »Du musst doch etwas unternehmen, wenn er weiß, dass du heute Nachmittag in seinem Haus warst, und wenn er dir deshalb schon hinterherspioniert!«
    »Ich kann bloß aufpassen, das ist alles. Und darauf warten, dass Chief Porter etwas gegen ihn in die Hand bekommt. Vielleicht ist er mir ja auch gar nicht auf den Fersen, sondern hat von Ihrer explodierten Kuh gehört und ist vorbeigekommen, um die Trümmer zu begaffen.«
    »Odd, ich wäre unglaublich enttäuscht, wenn du morgen tot sein solltest, ohne deine schriftstellerische Begabung einem nützlichen Zweck zugeführt zu haben.«
    »Ich wär sogar noch aus ganz anderen Gründen enttäuscht.«
    »Na schön. Ich würde mir zwar wünschen, dass du ein bisschen schneller gescheit wirst, dir eine Waffe besorgst und ein Buch schreibst, aber du musst natürlich selbst wissen, was du willst. ›Wie flink sie doch sind, die Füße der Tage der Jahre der Jugend!‹«
    Dieses Zitat konnte ich zuordnen. »Mark Twain«, sagte ich.
    »Ausgezeichnet! Vielleicht bist du ja doch kein vorsätzlich ungebildeter junger Narr.«
    »Sie haben das Zitat schon mal verwendet«, gestand ich. »Deshalb habe ich’s gewusst.«

    »Aber immerhin hast du dich daran erinnert! Ich finde, das lässt auf einen unbewussten Wunsch in dir schließen, das Grillen aufzugeben, um einen Literaten aus dir zu machen.«
    »Ich schätze, zuerst werde ich mal ins Reifengeschäft einsteigen. «
    Little Ozzie seufzte. »Manchmal bist du eine echte Plage.« Er tippte mit dem Fingernagel an sein Weinglas und brachte es zum Klingen. »Ich hätte die Flasche mitbringen sollen.«
    »Bleiben Sie sitzen, die hole ich schon«, sagte ich. Ich konnte die Flasche in derselben Zeit aus der Küche holen, die er gebraucht hätte, um sich von seinem Sessel hochzustemmen.
    Der drei Meter breite Flur diente als Kunstgalerie; zu beiden Seiten gingen Zimmer voller Bücher und weiterer Bilder ab.
    Am Ende des Flurs lag die Küche. Die Flasche stand auf einer Theke aus schwarzem Granit, ohne Korken, damit der Wein atmen konnte.
    Während die vorderen Zimmer angenehm klimatisiert waren, war es in der Küche erstaunlich warm. Als ich durch die Tür kam, dachte ich einen

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