Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Anbetung

Anbetung

Titel: Anbetung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: D Koontz
Vom Netzwerk:
wartete ein kleines Brevier auf einen knienden Priester.
    Zweifellos wurden in einem der Schränke Flaschen mit Messwein aufbewahrt. Ich hätte jetzt etwas spirituelle Kräftigung gut gebrauchen können.
    Ich lehnte mich mit dem ganzen Gewicht gegen die Tür, um sie zu blockieren. Als ich aufschloss, gab der Riegel ein leises Geräusch von sich, das wie ein über den Streichriemen fahrendes Rasiermesser klang.
    Hätte Robertson bereitgestanden, um sich auf mich zu stürzen, dann hätte er schon reagieren müssen, als der Bolzen sich aus dem Schließblech im Türrahmen zurückzog. Vielleicht war er aber auch weniger hitzköpfig und dafür gerissener, als er mir vorgekommen war, wie er da auf dem Friedhof gestanden und mir den Stinkefinger gezeigt hatte.
    Womöglich ahnte er, dass ich mich mit dem ganzen Körper an die Tür lehnte, um sie sofort wieder schließen zu können, wenn er sich in die Sakristei zu drängen versuchte. So wahnsinnig er auch war, er mochte doch über eine gewisse Intuition verfügen.

    Der Bob Robertson, der in seiner Küche achtlos schmutziges Geschirr, Bananenschalen und Krümel herumliegen ließ, war zu schlampig, um ein kluger Stratege zu sein. Der Robertson jedoch, der in seinem Arbeitszimmer Ordnung hielt und in Aktenschränken gruselige, aber penibel zusammengestellte Mappen archivierte, war jemand ganz anderer als der Typ, dessen Wohnzimmer mit schlüpfrigen Zeitschriften und zerfledderten Kitschromanen gepflastert war.
    Welcher Bob Robertson sich in diesem Augenblick eventuell hinter dieser Tür befand, konnte ich nicht sagen.
    Als ich zu Stormy hinüberblickte, machte sie eine Geste, die entweder »Los, weiter!« oder »Leck mich!« bedeuten konnte.
    Ohne den Druck auf die Tür zu vermindern, drehte ich den Türknauf ganz nach links. Er quietschte. Es hätte mich gewundert, wenn es anders gewesen wäre.
    Ich verlagerte das Gewicht und zog langsam die Tür auf … einen Zentimeter … zwei Zentimeter … dann ganz.
    Falls Robertson tatsächlich an einem der Eingänge zur Sakristei lauerte, dann draußen im Hof. Im rötlichen Schein des letzten Tageslichts sah er wahrscheinlich wie etwas aus, was unter einen Grabstein aus Granit gehörte.
    Stormy verließ ihren Posten. Gemeinsam eilten wir in den Altarraum zurück, aus dem wir erst vor wenigen Minuten geflohen waren.
    Die Motte tanzte durchs Licht, und wieder schien Christus sich an seinem Kreuz zu regen.
    Der in der Luft liegende Weihrauch roch anders als zuvor nicht mehr süß, er hatte eine neue Schärfe angenommen. Die elektrischen Votivkerzen pulsierten mit der Unruhe einer erweiterten Arterie, die kurz vor dem Platzen stand.
    Während wir die Altarstufen hinabeilten, am Chorgitter vorbei und durch das Tor des Altargeländers, erwartete ich, dass
Robertson sich jeden Augenblick aus irgendeinem unwahrscheinlichen Versteck heraus auf uns stürzte. In meiner Vorstellung war er zu einer derart bedrohlichen Gestalt geworden, dass es mich nicht überrascht hätte, wenn ihm unvermittelt Flügel gewachsen wären, mit denen er sich von der gewölbten Decke auf uns herabgeschwungen hätte, ein zorniger dunkler Engel mit tödlichem Atemhauch.
    Wir waren im Mittelgang, als ein lautes Krachen und das Geräusch von zersplitterndem Glas die Stille hinter uns zerriss. Als wir herumfuhren, sahen wir jedoch nicht die geringste Zerstörung.
    Die Sakristei war fensterlos, und auch in der Tür zum Kirchhof war kein Guckloch. Dennoch schien der chaotische Lärm aus dem Raum zu kommen, den wir gerade eben verlassen hatten. Nach einer kurzen Pause ging er wieder los, noch lauter als davor.
    Was wir da hörten, war wohl der an die Schränke krachende Gebetstuhl, waren zerplatzende Weinflaschen, waren der Silberkelch und andere Sakralgeräte, die mit metallischem Klappern von Wänden und Schranktüren abprallten.
    Bei unserer hastigen Flucht hatten wir in der Sakristei das Licht angelassen. Nun sahen wir durch die offene Tür Bewegungen aus zweiter Hand: ein Durcheinander aus hüpfenden Schatten und zuckendem Dämmerlicht.
    Obwohl ich keine Ahnung hatte, was da wirklich vor sich ging, hatte ich keinerlei Bedürfnis, in die Sakristei zurückzukehren, um nachzuschauen. Stattdessen ergriff ich wieder Stormys Hand und rannte mit ihr den Mittelgang entlang durchs Kirchenschiff, durch die Vorhalle und hinaus ins Freie.
    Draußen flohen wir die Treppe hinab in ein Zwielicht, das fast verblutet war. Es trug kaum noch Rot in sich und hatte schon damit begonnen,

Weitere Kostenlose Bücher