Anbetung
an?«
»Du Dummerchen, den hab ich doch schon vor einer halben Ewigkeit angenommen.« Ich muss völlig perplex dreingeschaut haben, jedenfalls fügte sie hinzu: »Na schön, nicht mit einem herkömmlichen Ja, Liebling, ich bin dein, sondern mit vielen anderen Worten.«
»Tja, ich hab dein Wir sollten noch ein bisschen drüber nachdenken nicht als Ja interpretiert.«
Sie bürstete mir die letzten Schwertfischkrümel vom T-Shirt. »Du musst lernen, mit mehr zu hören als bloß mit den Ohren.«
»Welche Körperöffnung soll ich denn deiner Meinung nach dazu verwenden?«
»Sei nicht so ordinär, das passt nicht zu dir. Ich meine, manchmal muss man mit dem Herzen lauschen.«
»Ich hab mit meinem Herzen so lange gelauscht, dass ich mir ab und zu schon Ohrenschmalz von der Aortaklappe wischen musste.«
»Churros?«, fragte sie und öffnete eine weiße Gebäcktüte. Sofort war der Wagen von einem köstlich zimtigen Duft erfüllt.
»Wie kannst du in einem solchen Augenblick bloß ans Dessert denken?«, sagte ich.
»Du meinst im Augenblick des Abendessens?«
»Ich meine den Augenblick, in dem es ums Heiraten geht.« Mein Herz raste, als verfolgte ich jemanden oder würde selbst verfolgt, aber mit etwas Glück war dieser Teil des Tags ja vorüber. »Hör mal, Stormy, wenn es dir wirklich ernst ist, dann werde ich etwas unternehmen, um meine finanzielle Lage zu verbessern. Ich gebe den Job im Grill auf, und das nicht bloß, um ins Reifenfach zu wechseln. Das wird was Lukrativeres.«
Ihr amüsiert spekulierender Blick war so schwer, dass sein Gewicht ihren Kopf zur Seite neigte. Sie blinzelte mir zu. »Und was könnte aus deiner Sicht lukrativer sein als Reifen?«
Ich dachte kurz nach. »Schuhe.«
»Was für Schuhe?«
»Jede Sorte. Im Schuhgeschäft.«
Sie schaute zweifelnd drein. »Und das ist lukrativer als Reifen?«
»Klar. Wie oft kauft man Reifen? Nicht mal einmal im Jahr. Außerdem braucht man bloß einen Satz Reifen pro Fahrzeug. Aber die Leute brauchen mehr als ein Paar Schuhe. Sie brauchen ganz verschiedene Schuhe. Braune Halbschuhe, schwarze Halbschuhe, Laufschuhe, Sandalen …«
»Du nicht. Du hast bloß drei Paar gleiche Turnschuhe.«
»Schon, aber ich bin nicht wie andere Leute.«
»Kann man wohl sagen«, stimmte Stormy zu.
»Zu bedenken ist auch«, sagte ich, »dass nicht alle Männer, Frauen und Kinder ein Auto haben, aber alle haben Füße. Jedenfalls
fast alle. Eine fünfköpfige Familie besitzt eventuell zwei Autos, aber sie hat zehn Füße.«
»Es gibt so viele Gründe, dich zu lieben, Oddie, aber das ist vielleicht das, was ich an dir am liebsten mag.«
Stormy hielt den Kopf nicht mehr geneigt und blinzelte mir auch nicht mehr zu. Sie sah mich direkt an. Ihre Augen waren galaktisch – so tief wie die Dunkelheit zwischen zwei Sternen am Himmel. Ihr Gesicht war vor Zuneigung ganz weich geworden. Irgendetwas, was ich gesagt hatte, musste sie wirklich gerührt haben; ein Eindruck, der durch die Tatsache unterstrichen wurde, dass sie noch keinen Churro aus der Tüte genommen hatte.
Leider hatte ich offenbar wieder nur mit den Ohren zugehört, ich hatte nämlich keine Ahnung, was sie meinte. »Das, was du an mir am liebsten magst? Du meinst … meine Analyse des Schuhhandels?«
»Du bist so klug wie die klügsten Leute, die ich kenne … und doch so einfach. Das ist eine wunderbare Kombination. Verstand und Unschuld. Weisheit und Naivität. Scharfsinn und echte Herzlichkeit.«
»Das ist das, was du an mir am liebsten magst?«
»Momentan, ja.«
»Tja, also, da kann ich aber gar nicht dran arbeiten.«
»Dran arbeiten?«
»Die Dinge, die du an mir magst, sollen schließlich noch besser werden. Sag doch stattdessen, du magst meine Körperpflege, meinen modischen Geschmack oder meine Pfannkuchen. Was meine Pfannkuchen betrifft, verbessere ich mich ständig, frag nur Terri – sie sind leicht und locker und doch voll Geschmack. Dagegen weiß ich nicht, wie ich besser gleichzeitig klug und einfach sein kann, als ich es jetzt schon bin. Eigentlich bin ich mir noch nicht mal sicher, ob ich weiß, was du damit sagen willst.«
»Gut. Das ist nichts, worüber du nachdenken solltest. Es ist auch nichts, woran du arbeiten kannst. Es geht bloß darum, wer du bist. Jedenfalls – wenn ich dich heirate, dann nicht des Geldes wegen.«
Sie bot mir einen Churro an.
Angesichts dessen, dass mein Herz raste und mir der Kopf schwirrte, war Zucker das Letzte, was ich jetzt brauchte, aber ich nahm das
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