Ancient Blades 2 -Das Grab der Elfen
Nun blieb ihm keine andere Wahl als die Flucht. Wenn Prestwicke ihn erwischte, würde ihn der Hurensohn niemals weiterziehen lassen. »Also gut«, zwang er sich zu sagen. »Ich mache keinen Ärger. Ich will vorher nur noch etwas erledigen.«
»Komm schon, was soll das denn bringen …«
»Das hier.« Blitzschnell zog Malden die Ahle und schleuderte sie dem Vogt ins Gesicht. Sie war kein Wurfmesser – sie besaß keine Schneide, sondern nur eine schlecht geschärfte Spitze –, und ihm war klar, dass sie den Mann nicht verletzen würde. Aber das wusste der Vogt nicht, zuckte wie erwartet zusammen und wich einen Schritt nach hinten aus, als ihm das kleine Messer am Ohr vorbeisauste.
Der Wurf reichte gerade, um den Mann aus dem Gleichgewicht zu bringen. Malden warf sich mit gesenkter Schulter auf ihn, traf ihn genau in der Körpermitte und holte ihn von den Füßen. Er hielt nicht inne, um sein Werk zu bewundern, sondern rannte los, quer über die Straße und in das Weizenfeld hinein. Hinter ihm erhob sich Gebrüll, aber er machte sich nicht die Mühe, genauer hinzuhören – er konnte sich denken, was der Vogt von sich gab.
Die im Mondlicht blass schimmernden Ähren neigten sich zur Seite, als Malden über den Acker stürmte. Er würde ein Stück in das Feld hineinlaufen, umkehren und zum Eingang des Meilenhauses rennen. Mit etwas Glück verirrte sich der Vogt im Weizen. Mit etwas Glück …
Ein scharfer Schmerz schoss durch Maldens Hinterteil. Glücklicherweise lief er geduckt und hielt den gesenkten Kopf unterhalb der Ähren. Hätte ihn der Hammer im Rücken getroffen, wäre ihm möglicherweise das Rückgrat zerschmettert worden. Es war einer der schlimmsten Schläge, die er je eingesteckt hatte, und er stürzte in den Dreck. Keuchend griff er nach den nachgebenden Halmen und versuchte, wieder auf die Füße zu kommen.
Ein Stiefel landete in seinem Rücken und drückte ihn auf die Erde zurück.
»Was soll das Narrenspiel?«, höhnte der Vogt. »Glaubst du ernsthaft, ich hätte noch nie einen Knecht in ein Feld hinein verfolgt?«
Malden fielen einige gewitzte Erwiderungen ein, aber ihm fehlte der nötige Atem, um sie zum Besten zu geben.
»Wie ich sehe, bist du recht lebhaft«, fuhr der Vogt fort. »Nun, dafür habe ich eine Behandlung. Sag, mein Junge, welches Knie willst du behalten? Das rechte oder das linke?«
Malden wehrte sich, aber es gelang ihm lediglich, sich auf den Rücken zu wälzen. Er blickte zu den Sternen auf und gewahrte den großen Schatten des ihn überragenden Grafschaftsvogtes sowie die Silhouette des Hammers in der Hand des Mannes. Das Herz pochte ihm zum Zerspringen in der Brust. »Bitte!«, flehte er. Zeit seines Lebens als Dieb hatte er damit gerechnet, dass man bei ihm Maß für die Henkerschlinge nahm. Er hatte oft darüber nachgedacht, was er seinem Scharfrichter sagen, welche letzten Worte er der Welt zurufen wollte. Aber alles, was sich in diesem Augenblick seinem Mund entrang, war ein Wort. »Bitte!«
Manchmal fanden selbst ausweglose Hoffnungen Erfüllung.
Ein Laut erklang, als schneide eine Sense Ähren auf dem Feld. Einige Tropfen dunklen Regens spritzten auf Maldens Wange. Dann kippte dem Vogt der Kopf vom Hals und landete in Maldens Schoß. Der Körper stand noch einen Augenblick lang aufrecht, dann sackte er zur Seite und zerdrückte den Weizen.
Dahinter kam ein anderer Umriss in Sicht. Ein viel größerer Umriss, der eines Mannes mit einer gewaltigen Axt.
»Der Narr hat mich geweckt«, sagte Mörget, »als er mit seinem kleinen Stock gegen die Wand schlug. Ich genoss meinen Schlaf.«
Das Blut strömte wieder durch Maldens Adern. Allerdings war es noch immer eiskalt.
Nein. O nein. Das konnte nicht sein.
Doch keinen Grafschaftsvogt.
Die kriminelle Gemeinde von Ness befolgte ein ungeschriebenes Gesetz. Gelegentlich kämpften Diebe gegeneinander. Gelegentlich verletzten Straßenräuber einen Menschen, um ihren nächtlichen Lohn einzufordern. Jeder Dieb besaß zumindest ein Messer, oft auch gefährlichere Waffen, und konnte damit umgehen. Aber nicht einmal der härteste Schläger in der Freien Stadt wäre auf den Gedanken gekommen, ein Mitglied der Stadtwache anzugreifen.
Die Gesetzeshüter hatten ihre eigene Gemeinschaft, und sie bestraften jene, die einen der Ihren töteten, ohne jede Gnade. Ermordete man einen Wächter, unterschrieb man das eigene Todesurteil. Die Kameraden würden nicht ruhen, bevor sie den Mörder gestellt hätten.
Und das galt bloß für
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