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anderbookz Short Story Compilation II

anderbookz Short Story Compilation II

Titel: anderbookz Short Story Compilation II Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joyce Carol Oates , Peter Straub , Jewelle Gomez , Thomas M. Disch , Ian Watson , Robert Silverberg
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anziehen?«
    »Ich weiß nicht«, sagte Harry. »Ich habe geschlafen.«
    »Verflucht, ich habe den Kontakt mit Klein Eddie ziemlich verloren, aber ich hatte immer den Eindruck, als würde er sich vor seinem eigenen Schatten fürchten. Ich bin überrascht, daß er den Mut aufbrachte, dort hinaufzugehen und sich mit Moms wertvollen Besitztümern abzugeben.«
    »Ja«, sagte Harry. »Ich auch.«
    »Du bist doch nicht mit ihm gegangen, oder?« George nahm die Flasche zum Mund und blinzelte Harry wieder zu.
    Harry sah ihn nur an. Er konnte spüren, wie sein Gesicht heiß wurde.
    »Ich dachte mir nur, vielleicht hast du gesehen, was mit Klein Eddie passiert ist, und hattest zu sehr Angst, es jemandem zu erzählen. Niemand wäre dir böse, Harry. Keiner würde dir die Schuld geben. Du konntest nicht wissen, wie man jemandem helfen kann, der einen epileptischen Anfall hat. Klein Eddie hat seine Zunge verschluckt. Selbst wenn du neben ihm gestanden und die Geistesgegenwart besessen hättest, einen Krankenwagen zu rufen, wäre er gestorben, bevor der hergekommen wäre. Es sei denn, du hättest gewußt, was da passiert, und hättest die Möglichkeit gehabt, es zu ändern. Was keiner von dir erwarten konnte, in einer Million Jahren nicht. Niemand könnte dir die Schuld geben, Harry, nicht einmal Mom.«
    »Ich habe geschlafen«, sagte Harry.
    »Schon gut, schon gut. Ich wollte nur, daß du es weißt.«
    Sie saßen eine Weile schweigend da, dann sprachen sie beide gleichzeitig.
    »Hast du gewußt, daß ...«
    »Wir hatten dieses ...«
    »Tut mir leid«, sagte George. »Sprich weiter.«
    »Hast du gewußt, daß Paps bei der Army war? Im Zweiten Weltkrieg?«
    »Ja, das wußte ich. Natürlich wußte ich das.«
    »Hast du gewußt, daß er einmal einen perfekten Mord begangen hat?«
    »Was?«
    »Paps hat den perfekten Mord begangen. Als er in Dachau war, dem Todeslager.«
    »Himmel, davon sprichst du. Du hast eine komische Art, die Welt zu sehen, Harry. Er hat einen Feind erschossen, der einen Fluchtversuch unternahm. Das ist kein Mord, es ist Krieg. Da besteht ein gewaltiger Unterschied.«
    »Ich würde auch eines Tages gerne den Krieg erleben«, sagte Harry. »Ich wäre gern in der Army, wie du und Paps.«
    »Sachte, sachte«, sagte George, der nun lächelte. »Auch darüber wollte ich mich mit dir unterhalten.« Er stellte die Bierflasche ab, schloß die Hände darum, neigte den Kopf und sah Harry an. Es war offensichtlich eine ernste Sache. »Weißt du, ich war verrückt und dumm, anders kann man es nicht ausdrücken. Ich habe immer Streit gesucht. Ich hatte einen Holzkopf auf den Schultern, so groß wie ein Haus, und einen Klugscheißer ins Koma zu prügeln war meine Vorstellung von einem schönen Abend. Die Army hat mir viel Gutes getan. Ich bin dort erwachsen geworden. Aber ich denke nicht, daß du das brauchst, Harry. Dafür bist du zu klug - wenn du gehen mußt, dann wirst du gehen, aber ich denke, du bist der einzige von uns, der es wirklich auf der Welt zu etwas bringen könnte. Du könntest ein Doktor werden. Oder Rechtsanwalt. Du solltest die beste Ausbildung erhalten, die du bekommen kannst, Harry. Du mußt dich aus allem Ärger raushalten und aufs College gehen.«
    »Oh, College«, sagte Harry.
    »Hör mir gut zu, Harry. Ich verdiene eine Menge Geld und habe keine Gelegenheit, es auszugeben. Ich werde nicht heiraten und Kinder bekommen, das steht fest. Daher möchte ich dir einen Vorschlag machen. Wenn du eine saubere Nase behältst und die High-School schaffst, dann werde ich dir helfen, das College zu besuchen. Vielleicht bekommst du ein Stipendium - ich glaube, du bist klug genug, Harry, und ein Stipendium wäre großartig. Aber wie auch immer, ich werde zusehen, daß du es schaffst.« George leerte die erste Hasche, stellte sie weg und sah Harry rätselhaft an. »Soll wenigstens einer aus dieser Familie auf den rechten Weg kommen. Was meinst du dazu?«
    »Ich denke, ich werde lieber weiterlesen«, sagte Harry.
    »Ich hoffe, du liest dir den Arsch ab, kleiner Bruder«, sagte George und griff nach der zweiten Flasche Bier.

    13

    Am Tag nachdem Sonny gegangen war, stapelte George alle Spielsachen und Kleidungsstücke Eddies in eine Kiste und verstaute diese Kiste im Müllraum; zwei Tage später brach George selbst mit dem Bus nach New York auf, damit er von Idlewild nach München fliegen konnte. Eine Stunde bevor der Bus fuhr, ging George mit Harry zu Big John’s und stopfte ihn mit Hamburgers und Pommes frites voll

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