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anderbookz Short Story Compilation II

anderbookz Short Story Compilation II

Titel: anderbookz Short Story Compilation II Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joyce Carol Oates , Peter Straub , Jewelle Gomez , Thomas M. Disch , Ian Watson , Robert Silverberg
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Bestimmung vorausgeahnt hatte, die das Mädchen für Bird haben sollte - ihr künftig als Nabelschnur zum Leben zu dienen. Nur zu Gilda hatte Bird noch mehr Vertrauen als zu dem Mädchen .
    »Französisch also, ma chère .«
    Gildas fester Blick erregte und beunruhigte das Mädchen gleichermaßen.
    Sie spürte, wie in Gildas Seele eine Frage Antwort fand.
    »Kann ich abräumen, Miss Bird?« Das Mädchen nahm das Tablett, erleichtert, sich davonmachen zu können. Sie mußte jetzt erst einmal nachdenken: Der drohende Krieg, Französisch, und dann dieser Ausdruck von Zufriedenheit in Gildas Augen. Mit geringem Erfolg hatte sie versucht, Gildas Gedanken zu lesen; früher war ihr das gelegentlich geglückt. Nur eine Ahnung teilte sich mit, etwas wie »Erfüllung«, die mit ihr, dem Mädchen , zu tun hatte, aber die Bilder, die ihre Seele malte, wenn sie Fragen hatte, stellten sich nicht ein. Sie ließ das Tablett mit den Gläsern in der Küche stehen und betrat den kleinen Raum, der als Garderobe benutzt wurde. Nur einen Augenblick ruhig dasitzen. Ihr Kopf schmerzte ein wenig vom Schaumwein und von der Aufregung. Sie wartete darauf, daß der Schmerz vergehen möge, damit sie sich zu den anderen Frauen gesellen konnte, wenn Minta sich ans Klavier setzen würde. Sie erhob sich, als ein Herr seinen Mantel holen kam.
    »Kann ich Ihnen helfen, Sir?«
    »O ja, das kannst du, Kleine«, sagte er mit einem höflichen Lächeln. »Ich bin schon oft in New Orleans gewesen, und ich muß sagen, es gibt kein besseres Etablissement westlich von Chicago.«
    Er sprach zwar von Woodard’s, aber seine prüfenden Blicke galten ihr. Konzentriert schaute sie ihm in die wasserhellen Augen, als könne sie sie davon abhalten, über ihren Körper zu wandern.
    »Danke, Sir. Ich werde es Miss Gilda ganz gewiß sagen.« Das Mädchen wartete, daß der Mann ihr seinen Mantel zeigte, aber er schaute sie schweigend an. Das Mädchen kannte den auction block nicht. Sie war nie verkauft worden und hatte auch den auction block der Stadt New Orleans noch nicht gesehen, der im Zentrum lag und regelmäßig benutzt wurde. Die Augen dieses Mannes ließen sie diese Erfahrung nachholen. Sein Blick war wie Säure auf ihrer Haut, aber sie ließ sich nichts anmerken und sagte unbewegt:
    »Ihren Mantel, Sir?«
    »Noch nicht. Wie alt bist wohl, Kleine?« Ihre Augen befanden sich fast auf gleicher Höhe.
    »Ungefähr siebzehn. Miss Gilda hat letztes Jahr für mich eine Geburtstagsfeier veranstaltet. Ihrer Meinung nach bin ich ungefähr siebzehn.«
    »Wieso weißt du nicht, wie alt du bist?« Das Mädchen war auf der Hut vor weißen Männern, die Fragen stellten, auch wenn sie seit Jahren unbehelligt bei Woodard’s lebte. Mit dem Gerede vom Ende der Sklaverei und möglichem Krieg konnte sie wenig anfangen. Jeder einzelne von diesen Männern konnte sie einfangen und zur Plantage zurückbringen.
    »Als ich klein war, war ich lange Zeit schrecklich krank. Meine Herrin, Miss Gildas Schwester, starb, bevor sie Miss Gilda genau Bescheid sagen konnte.«
    »Nun, ich finde, du siehst höchstens wie vierzehn aus.«
    Warum diese idiotische Lüge? »Mag sein, Sir, aber ich glaube nicht.«
    »Komm mal her, daß ich dich besser anschauen kann.« Unsicher, was passieren würde, tat das Mädchen zwei vorsichtige Schritte.
    Er streckte den Arm aus und faßte ihr an die Brust. Erschreckt wich das Mädchen zurück. »Na los, Kleine, schenk mir ein klitzekleines Vergnügen.«
    »Nein, Sir!«
    »Dann in deinem Zimmer. Ich zahle den üblichen Preis.«
    »Nein, Sir! Ich mache nur den Haushalt von Miss Gilda. Ich rufe eines der anderen Mädchen, wenn Sie es wünschen.«
    »Ich will keine andere. Ich bin nur auf dich aus. Komm mit nach oben.«
    Sie erkannte den Blick in seinen Augen, ein Blick aus einer weit entfernten Zeit. Nur selten träumte sie noch davon. Wenn sie es tat, erwachte sie in tiefem Schrecken und tränenüberströmt. Doch jetzt schlief sie nicht, und der Alptraum stand lebendig vor ihr. Indes spürte sie keine Angst, nur eiskalte Wut. Wiederholt ballte sie die Hände, überlegte, wie sie ihn ablenken und sich davonmachen könnte. Nur kein Aufhebens machen und womöglich Minta den Geburtstag verderben. Sie schloß die Augen, und deutlich erkannte sie das Gesicht der Mutter. Wie oft hatte sie Mühe, sich an das Bild der Mutter zu erinnern, aber jetzt war es da, das afrikanische Antlitz, das sie so oft getröstet hatte. Das Mädchen bekam feuchte Augen.
    Die anderen Mädchen

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