anderbookz Short Story Compilation II
hielt, was mir aber dann, nach genauerem Hinschauen, doch eher wie eine haarige Banane erschien; und nach einem kurzen Augenblick sprangen die Deckel der Dosen von selbst auf, und der Inhalt leerte sich, dampfend , auf vorbeischwebende Teller - demnach mußte es sich um selbsterhitzende Konservendosen handeln, nur hatte bisher noch niemand selbsterhitzende Konservendosen auf den Markt gebracht. Von ihren haarigen gelben Schalen befreit, wies das Innere der »Früchte« eher eine Ähnlichkeit mit Frankfurter Würstchen auf.
Ein Chor körperloser Stimmen sang fröhlich: »Knack dir ’ne Büchse Kallopies!« Und dann schaukelte ich wieder auf meiner Strickleiter. Der Traum ging weiter ...
»Hast du schon mal was von einer tropischen Frucht mit dem Namen Kallopie gehört?« fragte ich Phyllis, als ich am nächsten Morgen die Schule betrat. Phyllis gab Geographie.
»Im Third World Food Centre bekommt man doch alle möglichen importierten Sachen«, meinte sie. »Okra, Yam, Brotfrucht. Vielleicht findest du das Zeug da - was immer es sein mag.«
»Aber hast du schon mal den Namen gehört?«
»Nein«, gab sie zu. »Was sind das für Dinger? Woher kommen die?«
Nicht aus der Dritten Welt, dachte ich, sondern direkt aus der Welt meiner Träume. Aber seit wann werden in Träume Werbespots eingeblendet?
Ich verfolgte diesen Gedanken weiter. Zufälligerweise waren die kommerziellen Fernsehsender in den vergangenen Wochen durch Streiks lahmgelegt worden, und obgleich ich mich kaum als den Typ von Fernsehsüchtigem einstufte, der unter Entzugserscheinungen leiden könnte, gehörte ich, ohne es zu ahnen, vielleicht doch zu dieser Kategorie. Waren wir nicht alle mehr oder weniger stark durch die Werbung konditioniert? War es denn nicht eine traurige Tatsache, daß Werbespots oft weitaus besser gemacht wurden als die Programmsendung? Wenn nun mein Unterbewußtsein sich bemüßigt gefühlt hatte, mir einen Ersatz anzubieten ...
Zugegeben, eine ziemlich verrückte Hypothese, aber sie führte weiter zu einer wichtigen Frage: Wenn ich, ein recht wählerischer Konsument, in meinen Träumen Werbespots halluzinierte, um wieviel schlimmer mußte es bei den vielen Schulkindern (sie sind alle eindeutig fernsehsüchtig) der Fall sein?
In der zweiten Stunde hatte ich an diesem Tag Gegenwartskunde; daher beschloß ich, über die Rolle der Massenmedien zu sprechen. Wer weiß, vielleicht war ich der erste Erwachsene, der von diesem seltsamen Phänomen geträumter Werbespots Kenntnis bekommen hatte.
Nach einer Weile fragte ich meine Klasse: »Hat jemand von euch irgendwann einmal geträumt, er sähe sich ein Fernsehprogramm an? Zum Beispiel gestern nacht? Denkt mal nach.«
Schade, niemand konnte sich an etwas Derartiges erinnern. Doch das war überhaupt nicht ungewöhnlich. Daher stellte ich meiner Klasse eine simple Aufgabe: Sie sollten Papier und Bleistift neben ihren Betten bereithalten und jeweils den ersten Gedanken aufschreiben, der ihnen nach dem Wachwerden durch den Kopf ging. Denn dies war eine todsichere Methode, sich an seine Träume zu erinnern. Ganz gleich wie absurd oder abwegig oder total unwesentlich dieser erste Gedanke auch sein mag, muß man auf jeden Fall versuchen, ihn irgendwie festzuhalten und aufzuschreiben; und wie eine Kette aus vielfarbigen Seidentüchern, die der Zauberer aus seinem Hut zieht, wird sich Traum auf Traum aus der Amnesie des Schlafs ans Tageslicht drängen. So die Theorie.
Meine eigenen Träume wurden in dieser Nacht erneut unterbrochen. Als ich in meiner kleinen Junggesellenwohnung in meinem Bett lag und mich an einer wunderbaren byzantinischen Spionagegeschichte aus den Archiven meines Unterbewußtseins erfreute, erschien plötzlich ein Werbespot für Koozels - bei welchen es sich offensichtlich um einen knusprigen Snack handelte, auf den die Geschmacksknospen nur gewartet zu haben schienen.
Am nächsten Morgen sollte ich der gleichen Klasse etwas über die Geschichte der Französischen Revolution erzählen; jedoch erkundigte ich mich erst nach dem Stand der Dinge hinsichtlich der von mir gestellten Aufgabe.
Etwa die Hälfte der Schüler hatten gemacht, worum ich gebeten hatte, wahrscheinlich nur, weil es etwas Neues war, daher fragte ich sie: »Hat jemand von euch einen Traum gehabt, der von irgendeiner Werbung unterbrochen wurde - so wie die Werbespots im Fernsehen?«
Und das Luder der Bande, die sexy aussehende fünfzehn Jahre alte Mitzi Hayes reckte die Hand in die Höhe. Sie
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