anderbookz Short Story Compilation
Seinen leicht nach links neigenden Freunden gegenüber gab er zu, daß er nicht alle Maßnahmen der Regierung billigen könne, wie zum Beispiel die Bombardierung von Buenos Aires, aber solche Entscheidungen sollten besser dem Präsidenten überlassen bleiben, der - und das müßten auch seine Kritiker zugeben - einen bewundernswerten Führungsstil behauptete. Und außerdem habe er, der Präsident, wahrscheinlich recht, wenn er die Argentinien-Expedition in einem seiner Gedichte als einen ›Marsch nach vorn zum Lebensmittelladen‹ bezeichnete.
Alle Gedankenzüge müssen irgendwann einmal in den Bahnhof einlaufen, selbst die etwas langsameren wie dieser. Ormond hob den Blick von den angeschimmelten Magazinseiten und fühlte sich plötzlich beobachtet. Und tatsächlich: Marvin Maloney musterte ihn. Der Junge in den engen, weißen Jeans von der U.S.-Küstenwache war wieder bei der Arbeit und kreuzte durch die Hotelhalle, unterwegs von einem Klo zum anderen, um nach der nächsten Mahlzeit oder Freikarte fürs Kino Ausschau zu halten. Er schien seine Hoffnungen in Ormond gesetzt zu haben, aber bevor Ormond darüber nachdenken konnte, welche möglichen Vorzüge aus dem Interesse Maloneys zu ziehen wären, hatte Mrs. Wassermann den Jungen wiedererkannt. Sie fragte, ob er derjenige sei, den sie auf dem Bildschirm gesehen habe. Er war es.
Unverzüglich kamen sie ins Geschäft. Wie erwartet, brannte Maloney auf die Nummer 1 des ersten Jahrgangs und fand den verlangten Preis dafür durchaus fair. Doch leider, leider, so gestand er, habe er kein Gras, nicht ein Krümelchen. Er wies darauf hin, daß im Dezember nur selten Gras aufzutreiben sei, und versuchte, Ormond statt dessen sieben Gallonen Yoghurt aufzuschwatzen.
Ormond wußte nicht, wo er soviel Yoghurt unterbringen sollte, und blieb bei seiner Forderung von zwei Komma vier Unzen.
»Und«, sagte Mrs. Wassermann, die auf ihren kleinen Zuschlag bestand, »anderthalb Gallonen Yoghurt.«
Maloney versuchte gar nicht erst zu feilschen. Offenbar hatte er sowieso viel zu viel produziert. »Na schön«, stimmte er zu. »Es gibt da eine Adresse, wo ich vielleicht was auftreiben kann.«
Die Suche ging weiter. Während Mrs. Wassermann mit dem antiquierten Magazin in der Halle wartete, zogen Ormond und Maloney zur Ecke 57 th und 5 th , wo sie den Kerl trafen, hinter dem Maloney her war: einen zerlumpten Weihnachtsmann, der mit einem Dutzend identisch ausstaffierter Typen an der Ecke stand und mit einem Glöckchen um Spenden bettelte. Aber im Unterschied zu den Weihnachtsmännern der Vergangenheit, die für irgendeine anonyme, dubiose Sache gesammelt hatten, quollen die Sammelbüchsen dieser Jungs über; denn es war kurz vor Weihnachten, und die Wirtschaft blühte. Unter den vielen verschiedenen Spenden befand sich tatsächlich auch das nötige Quantum, das Mrs. Wassermann zur Reparatur ihres Fernsehers brauchte.
Was für ein Fang! Als Gegenleistung äußerte der Weihnachtsmann den Wunsch auf einen flotten Dreier. Ormond wäre beinahe geplatzt, doch so höflich wie möglich erklärte er, daß er vom anderen Ufer sei und er sich nie im Leben von einem Weihnachtsmann würde ficken lassen. Als der andere nicht locker lassen wollte, wurde Ormond ruppig. Das Geschäft drohte zu platzen. Da aber schaltete sich Maloney ein und betatschte den alten Penner, bis er sich schließlich einverstanden erklärte.
Die beiden verabredeten sich zu einem Schäferstündchen im Dixie, und Maloney bekam das Gras. Er war überglücklich: für die Erstausgabe des Kämpffers würde er von jedem fairen Händler den Gegenwert einer Schachtel Pfefferminz bekommen. Irgendwann einmal, so versprach er sich, würde er seinen eigenen Tauschkatalog aufstellen, was das Leben sehr viel leichter machte. Bis dahin aber mußte er den Handel noch tüchtig studieren.
Als sie ins Dixie zurückkehrten, legte Mrs. Wassermann gerade einem Kollegen von Maloney Tarotkarten aus. Wie sich herausstellte, war das der Beruf der Frau, zu dem auch das Erstellen von Horoskopen und Wahrsagen aus der Hand gehörten (was die Riesenhand in ihrem Wohnzimmer erklärte).
Gras und Magazin wechselten die Hände, und nachdem sie noch ein paar Höflichkeiten ausgetauscht hatten, verabschiedete sich Maloney. Ormond und Mrs. Wassermann machten sich auf den Weg und waren nach knapp einer Stunde zurück.
Zwei Stunden später stand das Bild von Kanal 5, als wäre der Apparat gerade erst aus der Fabrik gekommen. Mrs. Wassermann war so selig, daß
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